Wunderschöne Schwarzwald-Landschaft mit schneebedecktem Feldberg
Puuh. Das war ein hartes Stück Arbeit (am Samstag). Und der pure Spaß (am Sonntag).
Mein erster Ultra (länger als die klassische Marathon-Distanz) stand an diesem Wochenende im Mai an und natürlich wollte ich das langweilige Geschlurfe auf flachem Asphalt nicht noch länger als irgendwie nötig hinauszögern. Ergo kamen ein paar Höhenmeter dazu.
Das Ganze in Zahlen:
- Am Samstag waren’s 57,8 km mit 2400 Höhenmetern.
- Am Sonntag waren’s 27,1 km mit 1140 Höhenmetern.
Wie (hier) erwähnt hatte ich das Rennen aus verschiedenen strategischen Überlegungen ausgwählt. Und aus dieser Sicht heraus sollte ich alle meine Ziele erreichen – insbesondere was meine Lernkurve zum Thema Ultratrails angeht (aber dazu später mehr). Auf der einen Seite hatte ich gehörigen Respekt vor der langen Distanz, auf der anderen Seite war ich mir auch bewusst, dass es letztlich immer nur eine Frage des Tempos ist. Gemütlich wandern kann man schließlich praktisch jede Distanz (was ja viele Tausende mit 5-Stunden-plus-Marathons beweisen).
Am Freitag-Nachmittag fuhr ich gemütlich die “scenic route” durch den Schwarzwald in mein kleines, gemütliches Hotel direkt auf dem Gipfel des 1150 m.ü.M. gelegenen Brend. Da die dortige Webcam schon anzeigte, dass der Gipfel und die gesamten Höhenlagen des Schwarzwalds zuvor jede Menge Neuschnee und nun jede Menge Regen abbekommen hatten, zockelte ich erst so spät dorthin, dass es zu einem frühen Abendessen reichte.
Am Samstag-Morgen stand die super-nette Wirtin extra für mich sehr früh auf, um mir mein Frühstück zu machen. Dann ging’s hinunter ins Simonswälder Tal, auf das man nun auch schon bei klarem Himmel hinabschauen konnte.
Dort frühzeitig angekommen, lag das Dörfchen und das “Wettkampfzentrum” noch ruhig und friedlich da. Da es sich um einen Ultra-Lauf handelte, sollte sich diese Attribute aufgrund der familiären Atmosphäre und der wenigen Starter nicht ändern. Also Startnummer abgeholt (97), an mein Laufshirt gepinnt und mit ein paar Bekannten ausgetauscht.
Pünktlich dann um 08:00 Uhr der Start. Das Tal hinauf ging’s wie in einem gemütlichen, aber flotten Trainingslauf. Hier und da an den kürzeren Anstiegen dachte ich mir aber da schon, dass es möglicherweise schon diesen Tick zu hart war. Aber ich hatte in Lars aus dem Rheinland einen netten Mitläufer gefunden. Als die siebenköpfige Spitzengruppe im ersten langen Anstieg des Tages hinauf zum Verpflegungsposten 1 am Hintereckhaus zerfiel, blieben wir zusammen und so ging die Zeit doch mit lockerer Plauderei schneller vorbei. Gerade de Singletrail-Passagen hatten es in sich und waren einer der Hauptgründe für die extrem langsamen Zeiten. Viele der Höhenmeter wurden auch gerade im Downhill auf so technisch schwierigen Trails “verbraten”, dass man es selbst bergab selten “rollen lassen” konnte. Leider waren die ersten vier “Aid Stations” auf jeweils ca. 11 km verteilt (km 11, 22, 33 und 44) – das war mir bei der nach der Hälfte aufkommenden schwülen, drückenden Wärme deutlich zu weit. Einer der kleinen Minuspunkte! Bei km 22 kamen wir dann an meinem Hotel auf dem Brend vorbei. Hier oben ging ein kühler, erfrischender Wind. Lars und ich verpflegten uns nun ausgiebiger und konnten so frisch gestärkt die nächsten 10 km auf der Höhe rollen lassen. Im steilen, technischen Downhill zum VP3 “verlor” ich ihn dann (Rheinland!) und sah ich erst im Ziel wieder. Als er mir zuvor erzählte, dass er eigentlich von den 5000 m kommt und im Training höchstens 30 km gelaufen war, dachte ich mir schon “Mann, der ist echt mutig!”. Ich sollte recht behalten, denn selbst auf mich verlor er dann bis ins Ziel noch fast eine Stunde. Er trat dann auch tags darauf gar nicht mehr an. Schade.
Am VP3 versorgte ich mich nochmals sehr ausgiebig mit Iso, Wasser, Erdnüssen und Bananen und kühlte so gut es ging meinen Körper runter. Wenig später gesellte sich Janosch zu mir, erzählte mir, dass er aus Leonberg kommt, in Karlsruhe studiert und die ganzen Triathlon-Kanonen kennt (Heuchelberg lässt grüßen). Am langen Anstieg hoch zum VP4 auf wieder 1150 m.ü.M. startete er seinen Turbo, holte die vor mir liegenden Läufer locker ein und holte selbst auf den Nachfolgenden noch satte 9 Minuten raus. Auf mich wurden’s dann schon 25 – genau so viel wie übrige Kilometer. Zu diesem Zeitpunkt spürte ich schon deutlich die Hitze und Dehydration. Im unteren Teil verlief die Strecke durch ein wunderschönes, enges Tal mit einem spektakulären Wildbach (in dem ich mich kurz abkühlen konnte). Im oberen Teil dagegen ging’s über zwar schöne Almwiesen aber eben direkt in der Sonne – was mir den Rest gab. Bei VP4 angekommen musste ich mich auf dem Tisch abstützen, sonst wäre ich glatt umgekippt. Mir war schwindelig und insgesamt ging’s mir richtig dreckig zu diesem Zeitpunkt. Ich nahm mir die Zeit für eine ordentliche Versorgung, ließ zwei Mitläufer vorbei und bereitete mich mental auf weitere 15 km Leiden vor. Wenigstens waren wir auf der Höhe und es ging tentenziell bergab. Ich ließ es rollen, so gut es eben ging (und es ging nicht gut), aber den anderen ging es offenbar auch nicht viel besser. Spät im Rennen kam nur noch der sympathische Petru Muntenasu vorbei, konnte sich aber auch nicht so richtig entscheidend absetzen. Der letzte längere Anstieg bei km 55 hätte dann nicht mehr sein müssen – später haben alle gejammert.
Nach 6:08:13 hatte das Leiden ein Ende. Naja, im Grunde nicht wirklich. Denn nun fingen diverse Muskeln an zu krampfen, was sie schon hier und da im Rennen angedeutet hatten. Ich schmiss Salztabletten ein, trank was hinein ging und legte mich auf ein schattiges Bänkchen. An den langen Abständen und meinem sechsten Platz overall konnte ich ablesen, dass es offenbar nicht nur mir schlecht ergangen war.
Praktischerweise hatte Uli Heim “seinen eigenen” Physiotherapeuten mitgebracht, der auch mir auf seiner mobilen Liege half, die Schmerzen zu lindern und den Regenerationsprozess zu beschleunigen. Denn wir wollten ja morgen wieder laufen (was in diesem Moment gänzlich unvorstellbar war).
Dann so schnell wie möglich zurück zum Hotel, geduscht und ins Bettchen gelegt. Alles schmerzte. Der FuelBelt hatte obendrein noch meinen Rücken wundgescheuert. Kein gutes Liegen auf dem Rücken. An Schlaf war auch nicht zu denken und so zockelte ich früh zum Abendessen, das wieder sehr schmack- und nahrhaft war.
Nach verhältnismäßig gutem Schlaf packte ich meine Siebensachen zusammen, frühstückte ausgiebig (Mann, hatte ich plötzlich einen Hunger – warum wohl?) und fuhr hinunter nach Simonswald.
Nun kannte man sich ja schon und flachste ausgelassen vor dem Start. Ich hatte mich ja mental schon auf “schnelles Wandern” eingestellt, aber nachdem ich die ersten 4 bis 5 Kilometer extrem locker angegangen war (und selbst hinter Uli lag), spürte ich dann recht schnell, wie gut es im Grunde schon wieder ging. Bei Kilometer 8 überholte ich dann geschwind ein Dreier-Grüppchen mit Petru und Simon (1. und 2. der M40), zündete dann richtig den Turbo und holte dann bei km 16 den Salomon-Läufer Christian Alles ein. Auf meine Frage, wie viele Läufer denn noch vor ihm seien, antwortete dieser “Zwei” – das hörte sich gut an. Er erholte sich wohl schnell wieder und verlor bis ins Ziel nur noch 1:20 auf mich. Am Ende stand eine solide 2:08:17 h auf der Uhr. Da war ich sehr zufrieden. Als Gesamt-Dritter und Sieger der M40 lief ich auf die Anderen noch richtig Zeit raus – am Ende sollte es in der Gesamtwertung allerdings trotzdem nur um eine Verbesserung von Platz 6 auf 5 overall und Platz 3 auf 2 in der M40 reichen.
Diesmal war ich überhaupt nicht fertig. Die Beine waren gut, die Thermoregulation in Ordnung, der Spirit glänzend. Die Welt war in Ordnung.
Leider gab es dann keine ordentliche Zielverpflegung mehr – man wollte wohl, dass sich alle entsprechend Kaffee, Kuchen, Pasta und Getränke kaufen. Hmm? Okay, anderes Geschäftsmodell. Finde ich jetzt nicht so toll – kann man aber machen. Nach einer ordentlichen Dusche folgte der dritte Minuspunkt dieser Veranstaltung auf den Fuß: Einmal mehr dauerte es “ewig”, bis die Siegerehrung endlich stattfand. Bis dahin waren schon alle Siegerehrungen des gleichzeitig am Sonntag stattfindenden Halbmarathos gelaufen und wir Ultras mussten warten, warten, warten. Um 15:00 Uhr war’s dann endlich so weit. Aber bis dahin – so schien es – waren wohl auch alle guten Preise schon verteilt. Andreas Thumm (aus der Nachbargemeinde Altdorf) bekam noch einen großen Nudelsack vom Sponsor als 2. der M20, während Uli und ich (jeweils 2. der M40 und M50) weitgehend leer ausgingen. Und dann wundern sich die Leut’, wenn niemand mehr zur Siegerehrung bleibt. Insgesamt war die Siegerehrung wieder mal völlig unprofessionell, langatmig, langweilig – einfach nur schlecht. Hätte man sich echt sparen können.
Anekdote am Rande: Uli schaffte es doch glatt, über beide Tage und fast 86 Kilometer, den ersten Platz in seiner Altersklasse um sage und schreibe 5 Sekunden zu verfehlen. Das nenne ich Pech.
Fazit: Ein schöner, familiärer Lauf in einer traumhaft schönen Kulisse. Bis auf ein paar kleine Schwächen weitgehend perfekt organisiert. Ich dachte immer, es wäre auch eine Frage des Anstands und Respekts den Sportkameraden gegenüber, aber ich werde mir in Zukunft wohl auch überlegen, ob ich noch zu Siegerehrungen bleibe. Verpfelgung zu dünn. Strecke abwechslungsreich und gut markiert. Helfer sehr freundlich und hilfsbereit. Auf der anderen Seite muss ich konstatieren, dass unser Albtrauf hier mindestens ebenbürtige Möglichkeiten bietet.
Race Stats:
- Strecke: 58,7 km + 27,1 km = 85,8 km mit 2400 Hm + 1140 Hm = 3540 Hm
- Zeiten: 6:08:13 + 2:08:17 = 8:16:30
- Platzierung: 6. Platz overall (3. M40) + 3. Platz overall (1. M40) = 5. Platz overall (2. M40)
- Wetter: Kühl und windig bis schwülwarm-stickig von 10°C bis 27°C
- Ausrüstung: Pearl Izumi-Klamotten und Salomon SpeedCross (Sa) und Saucony Peregrine (So).
- Ergebnisse gibt’s hier!