- Screenshot evangelisch.de
KÖLN. (hpd) Ein publizistisch erfahrener Mitarbeiter der Evangelischen Kirche in Deutschland, der auch einige Jahre für die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) gearbeitet hat, greift auf dem EKD-Internetportal evangelisch.de die Giordano Bruno Stiftung frontal an: „Bizarre Ideen, derbe Polemik: Kirchenkritiker machen mobil“. Ein Offener Brief als Antwort auf den Artikel.
Von Burkhard Wepner
Sehr geehrter Herr Fincke,
als ein Vertreter der Institutionen, die in besonderem Maße als bizarr zu bezeichnende “Wahrheiten” (und das ist sehr zuvorkommend ausgedrückt) verbreiten helfen und damit einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung auf Basis humanistischer Ethik und verantwortungsbewusstem Denken (!) und Handeln (!) bremsend bis kontraproduktiv im Wege stehen, möchte ich mir erlauben Ihnen zu empfehlen, in der steinernen Kirche, in der Sie sitzen, nicht mit (sinnentleerten) Gläsern um sich zu werfen.
Eigentlich könnten Sie doch froh sein, wenn solch ein auch schon für den halbwegs aufgeklärten Christen als intellektuelle Zumutung kaum noch zu ertragendes und psychologisch leicht zu durchschauendes Fantasiegebilde wie „Christi Himmelfahrt“ – aller apologetischer Weichzeichnung zum Trotz – klammheimlich verschwinden würde. Schließlich ist dies Ihrer Ideologie fortwährende Aufgabe, mit einigen Jahrhunderten Verspätung Ihre grotesken Irrtümer einzuräumen. Allerdings haben vor noch nicht allzu langer Zeit bis zu solch einem Eingeständnis bzgl. diverser Abenteuerlichkeiten viele Menschen ihr Leben dafür gelassen oder dafür lassen müssen, aufgehetzt von religiösen Eiferern. Dies gibt es bekanntlich immer noch, wenn auch Teile des Christentums durch die Schule der Aufklärung gezwungen wurden, sich einen gemäßigten Stil zulegen zu müssen.
Ihnen und vielen anderen Personen des kirchlichen Lebens hier unterstelle ich dies Eifertum keineswegs! Aber diese unsägliche Tradition bleibt dennoch virulent. Diesen Feiertag mit der in der Tat bizarren Idee „Chr. Himmelfahrt“ – wie allgemein bekannt: als Fakt frei erfunden – durch „Evolutionstag“ zu ersetzen, stünde gerade auch der sich gern „fortschrittlich“ gebenden protestantischen Kirche nicht schlecht. (Übrigens: mit diesem Schritt nach vorn könnte nebenbei wieder dem nur sich am Rande mit solch skeptischer Haltung befassenden Zeitgenossen suggeriert werden, wie „offen“ man sei und vernebeln, dass letztlich doch komplett nur auf flüchtigen Sand gebaut wurde.)
Das Motto “Glaubst du noch oder denkst du schon?” als derb zu qualifizieren, mögen Sie so sehen – allein, eine Erwähnung bzw. Distanzierung von den Hasstiraden gegenüber Andersdenkenden sowohl im Alten Testament als auch im Neuen Testament!!! stände Ihnen an dieser Stelle Ihrer Glaubwürdigkeit willen gut zu Gesicht. Da gelobe ich mir doch so eine (vermeintliche) „Derbheit“.
Direkt komisch, aber auch subjektiv verständlich mutet Ihre Sorge um politische Einflussnahme freidenkerischer Persönlichkeiten und Institutionen an. Komisch, weil gerade in Deutschland den beiden christlichen Kirchen immer noch unglaublich überhöhte Einflussmöglichkeiten zugestanden werden – man kann diese hier gar nicht alle aufzählen: Zumutungen sonder Maßen! Und verständlich, weil es Ihnen offensichtlich gewahr wird, dass es augenscheinlich nur einiger weniger redlich Denkender braucht, um Ihre aller geschraubter Apologetik und Verneblungsstrategien zum Trotz letztlich dem Geist, ethischem Niveau und wissenschaftlichem Kenntnisstand der Bronzezeit verhafteten Ideologie als solche nicht nur zu entlarven – das ist ja schon ungezählte Male geschehen – sondern dies endlich als „möglichen Erkenntnisgewinn“ in größerem Umfang zu verbreiten (im Gegensatz zum Missionieren!). Es trauen sich langsam immer mehr Leute das auszusprechen, wofür man seinerzeit verfolgt, gefoltert und verbrannt wurde. Heute hat man eher noch mit gesellschaftlichen, vor allem aber mit beruflichen Nachteilen zu rechnen.
Dass die Giordano Bruno Stiftung das Gründen von Regionalgruppen forcieren würde, muss Ihnen wohl der „Heilige Geist“ eingeflüstert haben. Oder anders ausgedrückt: es entspricht eben nicht den Tatsachen! So sehr diese Neugründungen zu begrüßen sind, so schwierig ist es – wie ich es Gesprächen diesbezüglich entnehmen konnte – diese Flut zu bewältigen. Allerdings auch: Immer mehr Menschen sind begeistert und sagen: „Endlich, das hat gefehlt – da engagiere ich mich“ (ehrenamtlich!). Wenn man aber bedenkt, dass in jedem Dorf mindestens eine Kirche steht…, so zeigt diese vorgetragene „Sorge“ doch, dass kirchlicherseits wohl wahrgenommen wird, dass es bei dieser von säkularer Seite aus angestoßenen Entwicklung um Substanz geht. Da wird man dann offensichtlich schnell nervös!
Erlauben Sie mir noch eine Bemerkung zur Giordano Bruno Stiftung: wie Sie den umfangreichen Verlautbarungen der diversen z. T. hochrangigen Mitgliedern entnehmen können, ist – kurz gesagt – das Anliegen dieser Stiftung das Forschen nach und das Verbreiten von Erkenntnissen auf der Basis des evolutionären Humanismus. Insofern ergibt sich naturgemäß eine religionskritische Einstellung. Erst daraus ergibt sich an dritter Stelle, sozusagen als „Abfallprodukt“ auch einen kirchenkritische Haltung. D.h., die Kirche wird notgedrungen nur deshalb (und nur insoweit) ernst genommen, weil sie leider immer noch einen so unverhältnismäßig großen – wenn auch wohlweislich zunehmend im Verborgenen gehaltenen – Einfluss hat.
Mein Vorschlag wäre daher: Setzen Sie sich doch einmal inhaltlich mit dem Anliegen, den diversen Publikationen auseinander. Darauf warten viele Interessierte gespannt und dies seit inzwischen geraumer Zeit. Aber weder ein Herr Huber, noch ein Herr Küng oder andere waren bisher dazu in der Lage. Man darf gespannt sein!