EUR 16,99
Autor: Gabrielle Zevin
Originaltitel: Birthright 1: All these things that I’ve done
Übersetzer: Andrea Fischer
Erscheinungsdatum: 25. April 2013
ISBN-13: 978-3841421302
Verlag: FISCHER FJB
Gebundene Ausgabe:
Klappentext:
Ein Mädchen zwischen High School und Verbrechen, zwischen Liebe und VerantwortungNew York 2083: Wasser und Papier sind knapp, Kaffee und Schokolade sind illegal. Smartphones sind für Minderjährige verboten und um 24 Uhr ist Sperrstunde. Die Balanchine Familie ist das Zentrum des illegalen Schokoladenhandels in New York. Doch die Eltern von Anya Balanchine sind bereits tot, und Anya ist mit 16 Jahren das Familienoberhaupt. Sie kümmert sich um ihre Geschwister und die kranke Großmutter, und versucht, sie alle möglichst aus dem illegalen Familiengeschäft rauszuhalten.
Von ihrer ersten großen Liebe Win kann sie sich allerdings nur sehr schwer fernhalten, dabei ist er ausgerechnet der Sohn des Oberstaatsanwaltes – ihres schlimmsten Feindes…
Ein wunderschönes Cover. Eines von der Art., die man als Poster an die Wand hängen möchte. Als ich dann im Klappentext was von Schokoladenverbot und Familiengeschäften las, war mir sofort klar dieses Buch lesen zu müssen.
Anya versucht ihr Leben so normal wie möglich zu gestalten, was mit halbtoter Großmutter, etwas zurückgebliebenem großen Bruder und kleiner Schwester natürlich kein Kinderspiel ist. Eh sie sich’s versieht steckt sie in den Machenschaften des Familienclans drin. Erst landet sie unschuldig in einer Erziehungsanstalt, weil sie angeblich mit vergifteter Schokolade an ihrem Exfreund einen Racheakt verübt hat, dann verliert ihr Bruder den Job und soll ins Familiengeschäft einsteigen. Hochzeiten, Cousins und andere Mafiaoberhäupte interessieren sich für die junge, aber gewiefte Tochter des toten Clanchefs. Und ganz nebenbei ist sie auch noch Teenager und verliebt sich in Win, den Sohn des Staatsanwaltes. Fordert Anya ihr Geburtsrecht ein und schafft sie es mit Win eine Möglichkeit zu finde, ihre Liebe zu leben?
Erster Satz: Am Abend bevor ich in die elfte Klasse kam – ich war gerade sechzehn –, sagte Gable Arsley, er wolle mit mir schlafen.
Idee: Ganz klar eine Thematik für mich. Wie kann man Schokolade verbieten? Und dann gibt es darum Mafiakartelle? Eine wirklich gute Idee.
Plot: Als Auftakt einer Serie finde ich den Plot nicht zu langsam, aber auch nicht dynamisch genug. Es gibt immer wieder Höhepunkte und den recht langsamen Einstieg finde ich in Anbetracht einer Serie nicht schlimm, aber den Showdown hätte ich mir etwas fulminanter gewünscht. Auch ist der Klappentext etwas irreführend in meinen Augen. Man erwartet eine Liebesgeschichte, die es auch gibt, aber aus meiner Sicht ist es nicht die Geschichte von Anya und Win die im Vordergrund steht, sondern eher die Geschichte um Anya selbst. Ihr Erwachsenwerden in dieser merkwürdigen Welt. Viele Dinge sind aus dem Fortgang der Geschichte vorhersehbar (ich wusste von Anfang an, wer die Schokolade vergiftet hat), manche überraschten. Für meinen Geschmack hätte etwas mehr Spannung und Brisanz dem Plot gut getan, andererseits war es auch mal wieder schön, ein Buch mit gemächlichem Tempo zu lesen. Und da es eine Serie wird, kann ich diese Kritikpunkte verschmerzen.
Schreibstil: Es wird aus Anyas Sicht als Ich-Erzähler im Präteritum erzählt. Das ist schon mal Pluspunkt. Was mich besonders angesprochen hat und meiner Meinung nach getrost öfter hätte kommen können, waren die Textstellen, in denen Anya den Leser direkt anspricht. Das lockert auf. Alles in allem mochte ich den Stil, obwohl ich andere Erwartungen hatte. Die Infos zur Autorin bei denen Literatur und Harvard in einem Satz kamen, steigern automatisch der Anspruch. Ich habe versucht mich davon frei zu machen. Es liest sich recht locker und leicht und lebt durch Dialoge. Ich bin kein Fan von langen Umgebungsbeschreibungen, aber in diesem Falle, hätte ich mir mehr gewünscht. Am Anfang gab es hier und da Stellen die mich begeistert haben, aber ich hatte das Gefühl, das mit Fortgang der Story dies nachließ. Für die Stimmung wäre das präsentere Einbinden der dystopischen Elemente von Vorteil gewesen. Da hat die Autorin so tolle Idee und kehrt sie zu wenig hervor. Aber es gibt ja Fortsetzungen und vielleicht kommen Gutscheine, Wertmarken, Wasserrationalisierungen und Co noch mehr zum Vorschein.
Charaktere: Da bin ich zwiegespalten. Einerseits fand ich sie schön altersgerecht, andererseits zu abgeklärt. Ich habe mich entscheiden Anya zu mögen und daran ist vor allem eher der letztere Teil des Buches schuld. Sie entwickelt sich vom recht verantwortungsbewussten Teenie zu einer abgeklärten jungen Frau, die sich endlich ihrer familiär bedingten Pflichten stellt. Ihr innerer Antrieb ist klar und verständlich, ihre Erlebnisse als Kind erschütternd. Ihr festhalten an ihren Daddy konnte nerven, aber ich finde es durchaus nachvollziehbar, dass sie diesen Strohhalm oft erwähnt. Alles in allem hat mir der Spagat zwischen Teenie und Erwachsen werden mit dem Hintergrund der Mafiaverhältnisse gut gefallen.
Win. Ich mag Win, aber er ist mir zu perfekt, zu glatt. Wo sind die Ecken und Kanten? Ich hoffe wirklich sehr, dass dieser Charakter sehr viel mehr Farbe bekommt. Denn in Anbetracht einer Liebesgeschichte ist er mir zu wenig präsent. Sehe ich das Buch als Erzählung Anyas Lebens, wirkt er als größere Nebenrolle. Schade.
Natty, Anyas kleine Schwester und Scarlet, die beste Freundin sind diese süßen Mädels, die Anya immer wieder zum Mädchen machen. Es gibt noch einige andere Nebenrollen, die interessant sind. Vor allem bin ich gespannt, was aus dem Japaner Yuji wird, der ebenfalls Familienboss ist.
Frau Zevin hätte den Mafiosi der Geschichte allgemein mehr Biss geben könne. Mehr Abgebrühtheit. Die Anwälte hätten in meinen Augen etwas bestimmter herüberkommen können. Allerdings hat Frau Zevin bei der Familienaufstellung an alles gedacht, was super ist.
Hintergrund: Jetzt kommt ein großer Kritikpunkt. Auf mich wirkte es so, dass die Autorin Ideen hatte, wirklich gute Ideen, die aber viel zu wenig recherchiert und hinterfragt hat. Beispiel: Das Wasser ist knapp, aber es wird trotzdem Bier gebraut? Papier ist knapp, aber überall liegen Stifte herum um Nachrichten zu schreiben (okay, es wird auch mal Verbandsmull benutzt, aber trotzdem)? Es gibt Ausgangsperren, Kleidung ist rar und dennoch gibt es Krankenhäuser und Orte wohin man ausgehen kann? Mir war der dystopische Hintergrund zu unstimmig, obwohl mich die Ideen begeistert haben. Ich behaupte mal, dass es dieses Setting nicht mal gebraucht hätte. Die Geschichte kann man ohne Weiteres in andere Zeiten und andere Orte transportieren, ohne viel ändern zu müssen. Ich finde es gar nicht schlimm, dass es keine offensichtliche Dystopie ist, aber etwas mehr logischen Hintergrund hätte ich mir persönlich gewünscht.
Fazit: Trotz dem Ärger über den Hintergrund muss ich sagen, dass ich die Geschichte mochte. Nicht Brisantes, aber tolle Ideen, die in den Fortsetzungen hoffentlich ausgereifter werde. Für mich war diese Mischung aus Teenieleben und Mafia wunderbar und ich freue mich sehr auf “Edelherb”, was schon bald erscheint.
Wer literarische Höchstleistungen will, sollte es nicht lesen, wer eine Dystopie erwartet oder eine reine Liebesgeschichte sollte sich von diesen Gedanken freimachen. Ein Buch für alle, die die Geschichte Anyas lesen wollen, die ihr Leben zwischen Rechtsmedizinunterricht und großen Mafiabossen meistert. Ein Mädchen, das in dieser Männerdomäne bestehen muss. Wen das interessiert, der kann an Bitterzart viel Spaß haben.
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