Eine Frau rechnet ab
Sara hat die Nase voll.
Ihr steht der Alltag mit einem Kleinkind bis zum Hals, genauso wie die Schwierigkeiten, die man als berufstätige Mutter hat und der Januar in Stockholm ist einfach die Hölle. Also bucht sie kurzerhand eine Woche Teneriffa – ohne Mann, ohne Kind, dafür 7 Tage lang Nichtstun und Ausschlafen. Denn wenn sie eines nicht werden will, dann ist es eine Bitterfotze: eine frustrierte, resignierte Frau, die alles andere um sie herum nur noch missbilligt.
Da hält sie es lieber mit ihrem Vorbild, der Schriftstellerin Erica Jong und ihrem Buch „Angst vorm Fliegen“, welches zu ihrer Urlaubslektüre wird.
Maria Sveland
Maria Sveland, Jahrgang 1974, arbeitet als Autorin und Journalistin in Schweden. Laut ihren eigenen Angaben ist der vorliegende Roman (ihr erster) zu 37,2 Prozent autobiografisch.
Erica Jong – Angst vorm Fliegen
Dieser bei seiner Erstveröffentlichung 1973 als Skandalbuch titulierte Roman der USamerikanischen Schriftstellerin wird in dem vorleigenden Buch immer wieder zitiert. Deswegen hier ein Auszug aus dem Klappentext:
„Die Schriftstellerin Isadora Wing reist trotz ihrer Flugangst mit ihrem Mann Bennett, einem Psychoanalytiker, nach Wien. Dort lernt sie seinen Kollegen Adrian kennen, mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre beginnt. Hin und her gerissen zwischen diesen beiden Männern, erkennt Isadora am Ende ihres Abenteuers, dass auch das Ausleben ihrer erotischen Phantasien sie noch nicht zu einem freien Menschen macht.“
Bitterfotze – meine Meinung
Bislang war mir der Begriff Bitterfotze völlig unbekannt – hat von euch ihn schon einmal gehört? Womöglich handelt es sich hier auch um die wörtliche Übersetzung des schwedischen Originaltitels Bitterfittan.
Man könnte ihn vielleicht mit „weiblicher Missgunst“ umschreiben. Ihre erste Bitterfotze auf dieser Reise trifft Sara in ihrer Sitznachbarin. Diese ausgerechnet unter Flugangst leidenden jungen Frau kann nur den Kopf schütteln, dass Sara ihr Kind „mutterseelenallein“ zu Hause lässt. Natürlich ist das Kind keinesfalls „papaseelenallein“ – aber das zählt nicht so.
Sie beobachtet Bitterfotzigkeit im Sinne von Frustration am Nachbartisch im Hotelrestaurant bei einem älteren Ehepaar: die Gattin immer leicht angetrunken, der Ehemann abweisend. Sie wird selbst bitterfotzig, als sie auf der Strandpromenade von zwei Ehemännern ziemlich schamlos angemacht wird, als deren Ehefrauen nicht hinschauen.
Es sind die Ungerechtigkeiten im täglichen Umgang zwischen Ehepartnern, die sie ärgern. Wenn sich die Last des Haushalts wie selbstverständlich auf die Frau überträgt. Es ist die ungerechte Behandlung, die man als Frau im Job erfährt. Dazu kommt die erste Zeit nach der Entbindung, die sehr schwer für sie gewesen ist. Aber eine Frau sollte all dies Ungemach klaglos ertragen, oder?
Ich persönlich habe all die kleinen Bissigkeiten, Missbillingungen und maßlosen Selbstheroisierungen, die gerade unter jungen Müttern grassieren, auch beobachtet und wurde dabei selbst so ein bisschen zur … Bitterfotze. Auf jeden Fall war es manchmal frustrierend.
Was mich bei diesem Buch sehr schockiert hat war die Tatsache, dass es solche gesellschaftlichen Unterschiede im vermeindlichen Gleichberechtigungs-Wunderland Schweden immer noch gibt. Aber auch im hohen Norden ist Gleichberechtigung wohl immer noch ein Mythos, genauso wie Sache mit dem Mutterglück ganz unverschämt übertrieben und mystifizert ist.
Schön finde ich aber ihre Schlussfolgerungen, die sie für sich selbst trifft. Sie liebt nämlich ihren Mann, genauso wie sie ihren Sohn liebt und freut sich darauf, beide wieder in die Arme schließen zu können. Aber sie nimmt sich vor, weiter zu streiten und zu kämpfen.
Aus Liebe.
Bibliografisches
- Titel: Bitterfotze
- Autor: Maria Sveland
- Originaltitel: Bitterfittan
- Taschenbuch: 272 Seiten
- Verlag: KiWi-Taschenbuch; Auflage: 1. Auflage (24. Februar 2009)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3462040839
- Preis: 8,49 € (Kindle und Taschenbuch), 7,49 € (Audio-CD)
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Mit dieser Rezension beteilige ich mich an Daggis Buch-Challenge, Aufgabe 53: Lese ein Buch mit weniger als 300 Seiten