Bisschen bissig: Wie weiblich ist Fotografie?

Bisschen bissig: Wie weiblich ist Fotografie?

Vielleicht mache ich ja alles falsch... Zum Beispiel fasse ich meine Kamera stets ohne Handschuhe an. Das Heft „Foto-Lady“ des veritablen Versandhauses Brenner weiß es da aber besser. Es will „die Frau hinter der Kamera“ mit Produkten und Tipps versorgen, verspricht sogar einen Fotokurs. Macht sich da endlich mal jemand über den weiblichen Blick Gedanken, ist die Zukunft der Fotografie gar weiblich?

Kann ich also meine Bilder optimieren, wenn ich beim Fotografieren Handschuhe trage? Oder geht es vielmehr darum keine Fingerabdrücke auf dem Gehäuse zu hinterlassen, damit man später die Täterin der Fotos nicht so leicht identifizieren kann? Nein, ich hab’s: Den Fotoapparat nicht nur auf Händen zu tragen, sondern auf Handschuhen, hilft – beim Weiterverkaufen.
Denn schlägt frau das Heft auf, wartet der schon auf dem Titel angekündigte „Fotokurs Produktfotografie“, Untertitel „Internetverkauf ist weiblich“.Am Beispiel roter High-Heels wird ein Lichtwürfel vorgestellt, den man für bessere Verkaufserfolge in Internet-Auktionshäusern tunlichst erwerben sollte. Ob es auch mit anderen Schuhen funktioniert? Die abgebildeten sollte frau allerdings in der Tat schleunigst loswerden, wenn sie das Fotografieren ernsthaft betreiben möchte. Als Arbeitskleidung für eine Tätigkeit mit immer wieder nicht zu unterschätzendem körperlichem Einsatz (wie zum Beispiel Objektivstemmen) taugen sie null.

Die im Heft ausgestreuten Zitate von Oscar Wilde erwecken immerhin mein Vertrauen, der wusste doch was Frauen wünschen - oder hab ich da was falsch verstanden... Wow, die kleine Kompakte gibt es auch mit Brilli! Und das „x-tra einfach in der Bedienung“ – da hat sich jemand echt über die Bedürfnisse von Frauen Gedanken gemacht. Denn das Doofe am Fotografieren ist ja die viele Technik. Wo doch jeder, zumindest jeder Mann, weiß, dass Frauen und Technik... Was ja offenbar kein Vorurteil ist, wenn es sich so hartnäckig hält. Muss was dran sein.

Auf der nächsten Seite: unentbehrliches Zubehör. Fototaschen als Handtaschen verkleidet. Klar, zeigen sollte frau dann vielleicht doch nicht so offensichtlich, dass sie sich der männlichen Domäne Fotografie bemächtigt hat. Der nicht-ganz-Louis-Vuitton-Preis für so ein Teil rechtfertigt sich bestimmt durch die 3 (?) Handy-Taschen. Auch an Schlaufen für Lippenstift wurde nicht gespart. Doch das „lange Band mit Karabinerhaken“, ist da etwa eine Outdoor-Version gleich eingearbeitet? Why not, so outdoor im Cabrio macht sich die Tasche bestimmt klasse. Aber auch nur, wenn sie zur Lederfarbe der Sitze passt. Die vamp-mäßig in Fell gekleidete Schöne auf der nächsten Doppelseite – also in einem Heft für die weibliche Klientel hätte ich ein entsprechend leicht bekleidetes männliches Model verführerischer gefunden – schielt begehrlich auf weitere Taschen.
Allmählich drängt sich mir der Gedanke auf, dass sich das Heft gar nicht an die weibliche Klientel richtet. Sondern an die Ehemänner, die mal noch eben ein Geschenk suchen für ihre dekorativere Hälfte.

Also mache ich ja vielleicht doch gar nichts falsch, wenn ich bei meiner Ausrüstung bleibe und weiterhin munter und drauflos mit Fingerabdrücken fotografiere. Allerdings: Jemand der mir besagte Ausrüstung trägt, könnte ich schon gebrauchen. Analog zur „Frau hinter der Kamera“ wäre das dann „der Mann unter der Kamera“.

Bewerbungen bitte an mich;-)



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