Kurz zuvor hatte die höchste Würdenträgerin der Evangelischen Kirche in Deutschland mit ihrem Dienstwagen eine rote Ampel überfahren, daraufhin hatte ein Streifenwagen sie gestoppt. Kaum vier Tage und rund 4000 Schlagzeilen nach dem Vorfall, der durch einen Polizisten unter der hand öffentlich gemacht worden war, zog Käßmann mit unfassbarer Tapferkeit die Konsequenzen. Sie sagte alle Termine ab (Bild oben). Später legte dann auch noch den Ratsvorsitz und ihr Amt als Landesbischöfin nieder.
Die Auszeichnung, die Anfang März in der Frankfurter Paulskirche verliehen wird, gebühre ihr, weil sie sich mangels anderer Alternativen "zu ihrer persönlichen Verantwortung bekannt" habe, loben die Preisverleiher, die alljährlich mehrere Dutzend Preise für alles und nichts in Umlauf bringen und damit nach eigener Aussage "europäische Kultur motivieren". Mit ihrer Sauffahrt habe Käßmann erheblichen Mut bewiesen, heißt es bei Pro Europa, sie sei zum Vorbild für andere Personen des öffentlichen Lebens geworden.
Das war nicht zu übersehen: Kurz nach Käßmann traten Bundespräsident Horst Köhler, der hessische Ministerpräsident Roland Koch, Tunesiens Präsident Ben Ali, der ägyptische Präsident Mubarak und der entertainer Michael Gottschalk von ihren Ämtern zurück. Käßmann, die sich ein Leben lang für eine sofortige weltweite Auflösung aller Armeen eingesetzt hatte und dabei stets forderte, man solle damit nicht bis zur Zustimmung der Taliban warten, hatte zuvor schon mehrfach den Preis für die beste Predigt gewonnen, dafür war sie dann mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Derzeit lehrt Margot Käßmann an der Ruhr-Universität Bochum Sozialethik, einen Teilbereich der Ethik, der sich vorwiegend mit den gesellschaftlichen Bedingungen des richtig guten Lebens befasst.