Das Verwenden von Lebensmitteln für Biosprit muss nicht sein. Das acib (Austrian Centre of Industrial Biotechnology) entwickelt gemeinsam mit einem Industriepartner Methoden, bei denen landwirtschaftliche Abfälle und Stroh die Basis für neue Biotreibstoffe sind.
„Treibstoff statt Essen?“, ist eine derzeit häufig gestellte Frage – die sich eigentlich nicht stellen müsste. Denn Biotreibstoffe der 1. Generation, die aus Getreide oder Zuckerrohr gemacht werden, sind nicht mehr der Weisheit letzter Schluss. Biotreibstoffe der 2. Generation macht man aus landwirtschaftlichen Abfällen, aus Spänen, Holzschnitzeln, Stroh oder spezielle dafür angebauten „Energiepflanzen“. Das österreichische Kompetenzzentrum acib (Austrian Centre of Industrial Biotechnology) hat Wege gefunden, diese erneuerbaren Zuckerressourcen für die Industrie und für die Produktion von Biosprit zugänglich zu machen.
Zum Einsatz kommen dabei Enzyme namens Cellulasen. Die können die Cellulose und Hemicellulose, aus der Holz (neben Lignin) besteht, zu kleinen Zuckermolekülen umsetzen, erklärt Professor Christian Kubicek von der TU Wien, der zusammen mit ForscherInnen in Graz und bei einem Industriepartner im Kompetenzzentrum acib am Zugang zu neuen Industriezuckern aus erneuerbaren Rohstoffen arbeitet. Die Enzyme funktionieren ähnlich einem Häcksler, weiß Professor Anton Glieder, wissenschaftlicher Leiter des acib: „Die langen Celluloseketten werden durch die Enzyme transportiert. Dabei spaltet das Enzym kleine Zuckermoleküle von der vergleichsweise riesigen Cellulosekette ab, bis die ganze Cellulose zu Zucker gespalten wurde.“ Die besten Enzyme für den Prozess stellen die Biotechnologen zum Beispiel mit Hilfe des Pilzes Trichoderma reesei her, auf verfaulenden Holzresten wächst. Im steirischen Projekt „Macrofun“ an der TU Graz werden die Pilzenzyme mit Hilfe der Hefe Pichia pastoris weiter verbessert, um die „molekularen Häcksler“ noch robuster zu machen, erklärt Glieder.
Das gesamt Verfahren ist freilich noch umfangreicher, weiß Kubicek. Die Pflanzenreste müssen zuerst „aufgeschlossen“ werden, um das Lignin abzutrennen und die Cellulosen zugänglich zu machen. Dann kommen die Cellulasen ins Spiel und machen aus den langen Cellulosen Zuckermoleküle. Diese wiederum werden – ähnlich der alkoholischen Gärung beim Wein – von Hefen zu Bioethanol umgesetzt, aus dem zuletzt Biosprit gemacht werden kann. Der große Vorteil dieses Verfahrens: Lebensmittel bleiben gänzlich unberührt und die Klimabilanz schaut wesentlich besser aus.
Wie vielversprechend diese Art der Zucker- und in weiterer Folge Biosprit-Produktion ist, zeigt die Tatsache, dass allein in Europa 400 Millionen Tonnen Weizenstroh pro Jahr anfallen. Für eine möglichst nachhaltige Nutzung sollen 30 % davon am Feld bleiben, um den Boden zu regenerieren, aber die gewaltige Restmenge lässt sich weiter verarbeiten.