Nach den Landesverbandsmeisterschaften stehen im Juli drei Turniere für mich an:
- 03.07.: Clauen – Ranglisten-Sternturnier auf 2x 70m
- 10.07.: Celle – Internationales Arrowhead-Feldbogenturnier (Heideturnier)
- 17.07.: Delmenhorst – Internationales Sternturnier (Große FITA)
Während dieser Zeit stabilisiere ich meinen Schießstil weiter. Ich optimiere den Handgrriff durch Nachschleifen des mit Powerknete geformten Griffstücks und erarbeite mir weiter den halboffener Stand, sowohl mit etwas engerer Fußstellung für Feldbogen und 3D als auch mit breiterer Fußstellung für „normales“ Bogenschießen. Um den Ankerzug weiter zu verbessern, kehre ich zu einer etwas höheren Ankerplatte zurück, lege den rechten Daumen wieder unter die Ankerplatte, achte aber darauf, dass die Wurzel des rechten Zeigefingers einen deutlichen Kontakt zum Kieferknochen behält.
In Clauen zahlen sich diese Bemühungen zwar in der Platzierung, nicht aber in den Ringzahlen aus. Zwar erreiche ich den zweiten Platz in der Altersklasse, aber das Ergebnis fällt mit schlappen 533 Ringen doch etwas mau aus. Sicher, es ist schlechtes Wetter, zu Beginn ein starker Regenschauer, zwischendrin ein paar Mal etwas Niesel und dabei ein starker Seitenwind mit Böen, aber neben mir schießt sich Axel mit 80 Ringen mehr auf Platz eins. Ich denke: Es geht doch, trotz Regen und Wind, ich muss nur herausbekommen, wie!
Eine Woche später, in Celle, stabilisiert sich mein Leistungsvermögen weiter. Der gefestigte Schießstil zeigt erste Ergebnisse. Zusätzlich habe ich jetzt das kürzlich erworbene Auslegervisier InBowTec PVR-A1 montiert. Ich habe jetzt einen Innenradius des Visierrings von 0,98 cm und eine Entfernung des Visiers vom zielenden Auge von ca. 98 cm. Somit deckt das Visier auf der Auflage in cm genau ab, was der Entfernung zum Ziel in m entspricht. Ich komme gut in und durch den Parcour, der in 2012 der Schauplatz der Dt. Meisterschaft im Feldbogen sein wird. Ab und zu gibt es noch kleinere Verrisse, aber mit 291 Ringen komme ich endlich wieder in die Nähe der 300 Ringe. Diese Ringzahl reicht exakt für einen schwarzen Arrowhead und für Platz eins bei den Recurve Men, der internationalen Schützenklasse.
In der Woche nach Celle dann entsteht im Bogensportforum (BSF) ein höchst interessanter Thread über einen im Bogensportmagazin von G. Gabriel im Newsbereich online veröffentlichten Artikel. Ich bin zunächst hellauf begeistert und poste auch so im BSF. Etwas später jedoch wird ein Grundsatz von G. Gabriel, die Centerstellung des Pfeils, dort stark kritisiert. Ich selbst habe (mit Gabriel) immer Center eingestellt oder bin (mit Berger) immer in Centerstellung gelandet. Warum soll dies nun falsch sein? – Ich brauche etwas Zeit, um den Grund zu verstehen, beschließe aber, dies im Training auszuprobieren. Es passt sich gut, da ich ohnehin gerade einen neuen Pfeilsatz gebaut habe und den Bogen damit einschießen will. Mit leicht links ausgestelltem Pfeil gehe ich also bei starken Winden auf den Bogenplatz. Ich taste mich von nahen zu weiteren Entfernungen vor. Zu Beginn (unter 18m) habe ich leicht nach links versetzte Trefferlagen, darüber hinaus liegen die Treffer aber im Streubereich der Trefferlagen zuvor. Eine genauere Aussage ist hier noch nicht möglich, da der Wind viel zu stark ist. – Was aber erstaunlich ist: Die Güte der Gruppierungen ist auf einmal deutlich besser! Auf 70m schieße ich plötzlich drei Gruppierungen mit deutlich über 50 Ringen; und trotz Wind habe ich keine unerklärlichen Ausreißer mehr! – Ich beschließe, die Große FITA in Delmenhorst mit dieser Einstellung zu schießen.
In Delmenhorst dann droht wieder Regenwetter. Und tatsächlich regnet es morgens recht kräftig, während des Aufbauens ziehen drei Schauer durch. Aber genau um 9.30 Uhr zu den Trainingspfeilen lichten sich die Wolken! Für den Rest des Tages bleibt es heiter bis wolkig und regenfrei. Dabei gibt es einige Böen, die aber aufgrund des von Bäumen umgebenen Platzes kaum negative Auswirkungen zeitigen.
Der 90m-Durchgang läuft für mich noch nicht so befriedigend. Ich hatte vorher gerade mal Zeit, die Entfernungsmarke auszuschießen, aber trainieren konnte ich diese Entfernung nicht. Ich stehe zu Beginn nicht gut im Anschlag, bekomme das „T“ in den Schultern nicht gut hin und komme daher nicht gut durch den Klicker. Dies führt zu einigen unsauberen Schüssen und zu einem Fehlschuss. Am Ende 239 Ringe.
Ab der 70m-Entfernung läuft es dann aber bestens. Ich stehe sauber, komme gut in und durch den Anker und (und das ist das Entscheidende) ich kann jeden Schuss im Nachhalten sauber analysieren, also keine unerklärkichen Verrisse mehr! Auf 70m erreiche ich mit 303 erstmals wieder über 300 Ringe. Die 50 und die 30 Meter werden in Sechserpassen auf Spots geschossen. Trotz eines M auf 50m erreiche ich dort 306 und auf 30m 336 Ringe. – Zum Schluss stehe ich mit 1184 Ringen auf Platz zwei in der int. Schützenklasse.
Psychologisch ist für mich wichtig: Auf 70, 50 und 30 Meter ist an diesem Tage kein Recurver besser als ich. – Ich bin wieder da! Im BSF schreibe ich dazu: „Ich habe die Kontrolle über meinen Bogen zurück gewonnen. Kein Schuss, bei dem ich hinterher nicht wusste, welchen Fehler ich gemacht habe! Ein gutes Stück davon rechne ich der Herausstellung aus dem Center zu.“
Ich werde also nun meinen Bogen niemals mehr auf Center stellen, sondern immer mit leichter Linksausstellung. – Hier dazu die entsprechenden Überlegungen bzw. Befunde:
Fall 1 – Centerstellung (bei sauberer Nockpunktüberhöhung, passender Tillereinstellung usw.)
Die Ausrichtung der Primärbiegung der Pfeile aufgrund der immensen Primärbeschleunigung im Lösemoment (bei mir ca. 940x Erdbeschleunigung) ist weitgehend unbestimmt und wird ganz stark durch Zufälligkeiten beim Lösen bestimmt. Daher die Verrisse, die ich mir vorher nicht erklären konnte.
Fall 2 – (geringe) Ausstellung nach links aus den Bogenfenster heraus (RH)
Die Primärbiegung wird durch den Beschleunigungsvorgang auf den leicht nach links ausgestellten Pfeil (bei mir ca. 0,2°) so ausgerichtet, dass die Nocke nach links ausweicht (Pfeilbauch nach rechts). Denn die Massenträgheit des Pfeils wirkt der Beschleunigung entgegen, der Pfeil muss sich dabei biegen und gerät dadurch in eine Eigenschwingung. Das aber sieht bei menschlicher Betrachtung so aus, als ob primär der Fingerablass die Linksbewegung der Nocke und Sehne bewirkt, was aber nicht zutrifft. Dabei haben im günstigsten Falle die Finger der Zughand (gutes Lösen, bewegliche Finger vorausgesetzt) nahezu keinen Einfluss auf die Primärbiegung mehr – Die leichte Ausstellung des Pfeils vermindert also die systematische Streuung des Bogen-Pfeil-Schütze-Systems gegenüber der Centerstellung. Daher meine zuletzt positiveren Ergebnisse.
Wie weiter?
Als nächstes werde ich meinen Bogen weiter tunen. Die Linksausstellung bleibt, aber mit dem Rücklauftest und dem Rohschafttest aus verschiedenen Entfernungen werde ich den Bogen noch feiner einstellen.
In Folge aus diesen Überlegungen entsteht dann aber ein weiteres, jedoch altbekanntes Problem: Never change a running system! – Soll heißen: Wenn ich das Mittelteil (W&W TF Apecs) auf meine ACE-520-Pfeile eingestellt habe (Button, Tillerschrauben), darf und will ich das Setup nicht nehr ändern. Das aber bedeutet, dass ich in der Halle dieses Setup schießen muss oder ein zweites Mittelteil für einen anderen Pfeilsatz (z.B. 2114er X7) nehmen muss. Ggf. wäre sogar zu überlegen, ein drittes Mittelstück zum 3D-Schießen abzustimmen, um die teuren ACE-Pfeile zu schonen. Das aber muss ich mir noch genau überlegen.
Nun aber stehen die Vorbereitungen auf die Dt. Meisterschaft FITA im Freien an. Mit 582 Ringen aus der LM bin ich sicher qualifiziert. Man könnte fast sagen:
Die Saison kann beginnen!
