Noch ein letztes Mal ist Osama Bin Laden gelungen, die Welt zu verändern. Statt weiter in seinem Quasi-Gefängnis in Pakistan zu sitzen, eingesperrt zwischen hohen Mauern, ohne Internet und Telefon, ging der Al-Kaida-Gründer auf eine letzte Reise - und er nahm noch einmal alle mit: Seine Fans beklagen, der Scheich sei ermordet worden. Verschwörungstheoretiker kritisieren, dass man ihnen die Leiche nicht lebendig gezeigt habe. In der CDU murrt es, weil die USA vorher nicht Bescheid gesagt haben. Hochrangige Mullahs protestieren, weil eine Seebestattung für Muslime ist wie der Klimatod für Deutsche. Darf nicht sein. Gegen jede Regel. Muss die Regierung vermeiden, wenn sie im Amt bleiben will.
Mit dieser Maßnahme habe einerseits die Entstehung einer Kultstätte für Bin-Laden-Fans verhindert werden sollen. "Unser Alptraum war eine Art Graceland für Nachwuchsbomber", hieß es in Washington. Deshalb habe man Bin Ladens Überreste so schnell wie möglich loswerden wollen. "Eine Seebestattung macht es seinen Anhängern unmöglich, eine Kultstätte zu schaffen."
Wissenschaftler allerdings warnen inzwischen vor einer ungebremsten Verbreitung des hingerichteten Terroristenführers. Mit der Verklappung des Bauarbeitersohnes ins Meer gehe Bin Laden zweifellos schneller in die Nahrungskette ein als etwa im Falle einer Erdbestattung im Zinksarg. Zwar verdünne sich der Terrorfürst auf seinem Weg durch Kleinstlebewesen, Fisch, Fischer und Fischkäufer, doch sei die Gefahr real, dass schon in kürzester Zeit jeder lebende Mensch mit Bin-Laden-Molekülen infiziert sei. Bekannt ist, dass derzeit jeder einzelne Atemzug jedes Menschen auf der Erde durchschnittlich zwei Moleküle des letzten Atems von Julius Cäsar enthält, rund fünf Milliarden Moleküle pro Atemzug sind durchschnittlich bereits einmal von Goethe eingeatmet worden, aus Napoleons Leib stammen knapp 200 Jahre nach seinem Tod gar mehr als zehn Milliarden Moleküle in jedem Mitbürger.
Bin Ladens Siegeszug könnte mit seinem Tod erst begonnen haben, frohlocken die verbliebenen Anhänger des Scheichs bereits. Für die Terrorbekämpfer in Berlin, Bielefeld und New York ein Alptraum. "Ein Graceland wäre überschaubar gewesen", stöhnt ein mit den Vorgängen vertrauter BKA-Beamter angesichts der Ansteckungsgefahr. "So aber gleitet uns die Sache vielleicht aus den Händen."