AUF DVD UND BLU-RAY! ©Concorde
„Self/less“ ist eine Tragödie. Nicht auf seine dramaturgischen Qualitäten bezogen und auch nicht auf das Gütesiegel einer griechischen Tragödie. Nein. „Self/less“ ist die gesamte Laufzeit ambitionsloses Genrekino, das routiniert die Plotpfade bestreitet, die ein Hollywoodactionfilmchen vorgibt. Die Story rund um einen todkranken Ben Kingsley, der zur Rettung seines Lebens sein Ich in einen jüngeren Körper verpflanzt, bleibt in seinen Kinderschuhen. Ryan Reynolds als Kingsleys junger Ego, der mit „The Voices“ oder „Buried“ seine Kritiker überraschte, bleibt blass. Doch viel, viel schlimmer ist die Entwicklung desjenigen, der diesen Durchschnitt hauptsächlich zu verantworten hat: Tarsem Singh.Regisseur Singh ist ein Künstler der Bilder. Seine Filme leben von einer kraftvollen Bildsprache, die dem Zuschauer den Atem rauben. Seine Geschichten mögen drehbuchtechnisch nicht völlig ausgereift sein, doch erzählt er sowieso mehr über die Leinwand. „The Fall“ beispielsweise schwelgt in unfassbaren Panoramen, „The Cell“ führt mitten hinein in den menschlichen Wahnsinn. Selbst „Kreig der Götter“ – storytechnisch ganz schwach – berauscht durch seine Optik. Selbst das durchschnittlichste Drehbuch wird in seinen Händen zu einem Freudenfeuer für die Augen und Ohren.
Ben Kingsley fühlt sich schon vor der OP nicht wie er selbst...©Concorde
Umso überraschender ist es, wie lieblos „Self/less“ heruntergespult ist. Natürlich sieht das Geschehen solide aus, doch fehlt Singhs Handschrift völlig. Weder wird der Moment der Körpertransformation ansprechend bebildert, noch die Actionszenen zur Kunst stilisiert. Der Film riecht durch und durch nach Auftragsarbeit, die der Regisseur ohne Liebe zusammengebastelt hat. Die Story greift die hochinteressante Thematik des Körpertausches und der Frage nach dem „Wie weit würdest du für dein Leben gehen?“ nicht auf. Reynolds Kampf mit sich selbst und seinem Gewissen bleibt oberflächlich. Dabei hätte das ständige Zerren zweier Bewusstsein in einem Körper von Singh in berauschenden Bildern festgehalten werden können. Aber Pustekuchen.Immerhin unterhält „Self/less“ ganz ordentlich. Die Geschichte mag zwar vorhersehbar sein, doch dank der Darsteller kommt der Witz nicht zu kurz. Die größte Überraschung ist allerdings Jaynee-Lynne Kinchen. In der Rolle des Kindes Anna spielt sie Reynolds – eigentlich sämtliche Beteiligten – an die Wand. Ihr dürfte eine aufstrebende Karriere gewiss sein. Sonst ist „Self/less“ Durchschnitt für einen verregneten Samstagnachmittag, wenn der Lieblingsfilm gerade verliehen ist.
©Concorde
BEWERTUNG: 5,5/10Titel: Self/less
FSK: ab 12 freigegeben
Laufzeit: 116 Minuten
Genre: Action, Thriller, Science Fiction
Erscheinungsjahr: 2015
Autoren: David und Alex Pastor
Regisseur: Tarsem Singh
Darsteller: Sir Ben Kingsley, Ryan Reynolds, Jaynee-Lynne Kinchen, Matthew Goode, Victor Garber, Natalie Martinze, Derek Luke