Bin ich ein geduldiger Mensch?

Was für eine Geduldsprobe! Jetzt ist es schon sage und schreibe drei Wochen her, seit ein Artikel zu meiner kleinen Serie „Was zeichnet liebevolle Menschen aus?“ erschien. Allerhöchste Zeit für eine Fortsetzung. in Geduld zu üben – Geduld mit Dir selbst, mit den anderen und mit dem Leben. schicke ein Stoßgebet in den Himmel: „Herr, bitte gib mir Geduld – ABER SCHNELL!!!“

Teil 3: Die Liebe ist geduldig.

Engel - Foto: Jürgen Tesch - leben-lernen-lieben.de - Standort: Emmendingen - August 2008

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Eine der vielleicht wichtigsten Zutaten für ein selbstbestimmtes Leben ist die Geduld mit Dir selbst und anderen. Zu diesem Thema habe ich Dir eine kleine Geschichte aufgeschrieben:

Die Apfelbauern

Es war einmal ein Dorf, dessen Bewohner noch nie einen Apfelbaum gesehen oder einen Apfel gegessen hatten. Eines Tages erschien ein Fremder in ihrem Dorf und schenkte ihnen ihre ersten Äpfel. Sie probierten die Früchte und waren durch den fremdartigen, aber wundervollen und köstlichen Geschmack von Ehrfurcht ergriffen und beflügelt. „Wie können wir an so etwas kommen?“ fragten sie voll Verlangen und Begeisterung. „Was können wir tun, um diese Frucht zu bekommen?“ Der Fremde entgegnete: „Ob ihr es glaubt oder nicht, mit diesen winzig kleinen Kernen könnt ihr diese Frucht anbauen.“

Der Fremde zeigte ihnen winzige Kerne, die sich von den Früchten, die sie gerade gegessen hatten, gänzlich unterschieden, und forderte die Dorfbewohner auf, sie einzupflanzen. Sieben aufgeregte Möchtegern-Apfelbauern traten vor, nahmen die Kerne und pflanzten sie ein. Sie gaben sich große Mühe, alle Ratschläge, die ihnen der Fremde über das Pflanzen gegeben hatte, zu befolgen, weil jeder von ihnen wirklich diese köstlichen roten Äpfel ernten wollte. Alle träumten von dem Tag, an dem sie die Äpfel genießen würden.

Die Tage vergingen, und nichts passierte. Ein Möchtegern-Apfelbauer fühlte Entmutigung in sich aufsteigen. Es war bereits eine Woche verstrichen, und noch immer waren keine Äpfel zu sehen. Doch eines Tages schob sich ein winziger grüner Sämling durch die Erde empor. Der Bauer war wütend. „Dieser Sämling hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Apfelbaum“, schimpfte er. Er dachte an die harte Arbeit, die er in die Pflege des Feldes investiert hatte, und zertrat die Pflanze. Dann wandte er sich verärgert, entmutigt und ernüchtert ab.

Es vergingen weitere Wochen, und die Bäume der anderen Bauern trieben Zweige und wurden schnell größer. Aber ein Bauer wurde der Routine, jeden Tag früh aufzustehen, um zu gießen und Unkraut zu jäten, allmählich überdrüssig – jeden Tag war so viel Arbeit zu erledigen. Nach einer Weile war er von anderen Tätigkeiten so in Anspruch genommen, dass er das Gießen und Jäten vergaß. Als er sich eines Tages schließlich an seinen Baum erinnerte und nach ihm sah, musste er feststellen, dass dieser eingegangen war, weil ihm Wasser und die nötige Pflege gefehlt hatten. Zuerst war er untröstlich, aber bald wurde er wieder von allen anderen Tätigkeiten in Anspruch genommen, die ihn so beschäftigt gehalten hatten.

Monate verstrichen, und die kleinen Bäume wuchsen weiter. Jetzt waren sie schon so groß wie die Bauern selbst und wurden immer voller. Das Wachstum schien so lange zu dauern, dass ein Bauer sich zu ärgern begann. Für diesen Baum hatte er so viel aufgegeben, dachte er. Er konnte nicht mehr all das tun, was er früher getan hatte. Seine Freunde kamen vorbei und wollten ausgehen, aber oft konnte er nicht mitgehen, weil er sich um seinen Baum kümmern musste. Viele Freunde hatten ihn ausgelacht und gefragt, warum er sein Leben für den langweiligen Baum einschränkte. Jetzt stellte er sich immer häufiger dieselbe Frage: Warum tue ich das eigentlich? Schließlich kam er zu dem Schluss, dass der Baum für ihn ein Gefängnis geworden war. Er hackte ihn um und ging zu seinen Freunden. Er fühlte sich frei, empfand aber gleichzeitig eine seltsame innere Leere.

Nach einem Jahr blühten die Bäume. Überall an den Zweigen wuchsen Blüten, und die Bäume boten wirklich einen schönen Anblick. Als ein Bauer die schönen Blüten sah, hielt er sie für die Früchte. Er biss in eine hinein und spuckte sie aus. Es schmeckte fürchterlich! Das war doch nicht die köstliche Frucht, die der Fremde ins Dorf gebracht hatte. Er konnte es nicht fassen, dass er so lange gearbeitet hatte, nur um festzustellen, dass er die falsche Pflanze angebaut hatte. Keinen Apfelbaum, sondern einen Blütenbaum hatte er gepflanzt. Er fühlte sich betrogen, erschöpft und unversöhnlich. Nachdem er alle Blüten abgerissen hatte, trat er gegen den Baum und ging für immer fort.

Die Jahre vergingen, und drei Bauern waren standhaft geblieben. Sie hatten allen Schwierigkeiten getrotzt, und jetzt trugen ihre Bäume Früchte. Hoch oben an den Zweigen konnten sie die schönen roten Äpfel sehen, so wie sie es sich erträumt hatten. Aber das Problem war, dass sie nicht an sie herankamen.

Ein Bauer griff nach einem Stock in der Nähe und beschloss, seine Äpfel vom Baum herunterzuschlagen. Er schlug nach den Zweigen, so dass alle Äpfel vom Baum herabfielen. Aber als er sie später auflas, musste er feststellen, dass sie Druckstellen aufwiesen und beschädigt waren. Und als er in sie hineinbiss, konnte er ihre Süße vor Erde und grobem Sand kaum schmecken. Er fühlte sich enttäuscht und betrogen angesichts dieser unerfreulichen Früchte.

Ein anderer Bauer sah zu seinen roten Äpfeln hinauf und begann sich all der harten Arbeit, die er in sie investiert hatte, zu erfreuen. Er gratulierte sich zu allen Opfern, die er auf sich genommen hatte – dem Schweiß und der Plackerei. Er beschloss, sich mit offenem Mund unter den Baum zu legen und darauf zu warten, dass diese süßen Äpfel in seinen Mund fallen würden. Er wartete und wartete und wartete … und schließlich fiel ein großer dunkelroter Apfel in seinen Mund. Schnell biss er hinein, aber zu seiner Überraschung war er innen weich und faul, und als er in näher betrachtete, kroch ein langer Wurm hervor. Er bedauerte es, seine Zeit vergeudet zu haben, und fühlte sich betrogen, dass er trotz seiner ganzen Mühe nichts als faule Äpfel vorweisen konnte.

Der letzte Bauer war sehr klein. Er sah zu seinem Baum hinauf und betrachtete all die schönen Früchte. Sein Herz klopfte vor Glück und großer Vorfreude, als er den Sieg in Reichweite sah. Endlich war die Zeit der Ernte gekommen. Aber er wusste nicht, wie er die Früchte vom Baum holen sollte. Er ging um den Baum herum und hoffte auf eine Idee. Dann versuchte er, auf den Baum zu klettern. Er zog sich am Baumstamm hoch, aber etwas weiter oben rutschte er ab und fiel herunter. So dicht am Ziel! Er spürte Angst in sich aufkommen. Würde er jetzt versagen? Sollte er jetzt, wo er so kurz vor seinem Sieg stand, doch noch versagen? Aber er hörte nicht auf diese Angst. Er stand auf und versuchte es noch einmal. Immer wieder versuchte er, auf den Baum zu klettern, und jedes Mal fiel er herunter. Er begann sich zu fragen, ob er sein Ziel vielleicht nicht erreichen könnte. Vielleicht ist es unmöglich, dachte er. Vielleicht war der erhoffte Sieg nur eine Illusion – vielleicht sollte er einfach aufgeben. Ihn verließ der Mut.

Aber der Gedanke an die Äpfel, die fast in seiner Reichweite waren, trieb ihn an. Er versuchte es wieder und immer wieder. Und dann! Als er sich auf dem höchsten Ast ausstreckte, sich noch etwas länger machte und dabei jeden Muskel in seinem Körper anspannte, konnte er schließlich gerade noch die Schale der Frucht fühlen. Aber konnte er noch weiter reichen? Eine Sekunde später lag der Apfel in seiner Hand.

Was für ein Augenblick! Nach all den Jahren, all seiner Arbeit, all seiner Geduld hielt er schließlich die Frucht, den größten, dunkelsten und schönsten Apfel, den er je gesehen hatte, in seiner Hand! Mit einem enormen Gefühl des Stolzes, sein Ziel erreicht zu haben, biss er hinein und war erfüllt von Frieden, Harmonie und Freude. In diesem Augenblick hatten sich alle Entbehrungen, die er erduldet hatte, alle Stunden der Arbeit und Mühe mehr als millionenfach gelohnt. Die ruhige Liebe und Freude, die er verspürte, die Glückseligkeit, der Frieden und die Gelassenheit, die er in sich fand, waren unbezahlbar.

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Dietrich Bonhoeffer sagte zum Thema Geduld: „Jedes Werden in der Natur, im Menschen, in der Liebe muss abwarten, geduldig sein, bis seine Zeit zu Blühen kommt.“ In diesem Sinne wünsche ich Dir, dass Du heute einmal alles ein wenig langsamer angehen kannst und beständig einen kleinen Schritt nach dem anderen gehst.

Über diese Serie:

Es ist so leicht, zu sagen und zu schreiben, dass Liebe mein höchster Wert ist. Doch was bedeutet es für mich tatsächlich, ein liebevoller Mensch zu sein? Welche Eigenschaften verbinde ich damit und wie bringe ich sie zum Ausdruck? In dieser Artikelserie möchte ich dem Wesen der Liebe Schritt für Schritt ein wenig näher kommen.

  • Teil 1: Die Liebe ist freundlich.
  • Teil 2: Die Liebe ist dankbar.
  • Teil 3: Die Liebe ist geduldig.

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