Es ist Freitagabend.
Wir sitzen in der Familie zusammen und unterhalten uns über die aktuelle Flüchtlingssituation und über die missliche Lage, in der sich die geflüchteten Menschen befinden. Sie haben einiges hinter sich und auch nach ihrer Ankunft in Deutschland finden sie keine Klarheit. Sie wissen nicht, was am nächsten Tag ist, wann sie den Asylantrag stellen können, wann sie ein Zimmer in einem der Flüchtlingsheime bekommen und nicht mehr in den provisorisch aufgestellten Zelten mit hunderten anderen Flüchtlingen übernachten müssen. Sie stellen sich jeden Tag erneut in lange Schlangen an und haben es schon des Öfteren erlebt, dass nach einigen Stunden die Türen geschlossen werden und sie wieder gehen müssen. Warten, bis sie sich am nächsten Tag wieder in die Schlange stellen können...
Neben diesem Gespräch schauen wir immer mal wieder aufs Handy.
Ihr kennt das: diese Sucht, immer „up to date" sein zu müssen und ja nichts zu verpassen.
Dieses Mal war es gut! Es war insofern gut, dass wir von einem undefinierbaren Knall während des Länderspiels Deutschland gegen Frankreich lasen. Achja, die Nationalelf spielt - lasst uns doch mal den Fernseher einschalten! Das Spiel lief ganz normal, wahrscheinlich war das mit diesem Knall also nur falscher Alarm!? Als dannn aber der Kommentator zwischendurch immer wieder von Schießereien, Geiselnahmen und Selbstmordattentätern in Paris sprach, wussten wir alle, dass es wohl leider nicht nur ein falscher Alarm war. Keiner wusste genau, was passiert war, aber als wir so vor dem Fernseher saßen und das Spiel zu Ende schauten, war es still. Ich hatte einen dicken Kloß im Hals und schaute gebannt auf den Fernseher, ohne überhaupt wahrzunehmen, was da gerade passiert zu sein schien. Nach dem Abpfiff gab es weitere Informationen - von Minute zu Minute stieg die Anzahl der Ermordeten, der Geiseln und der Informationen über die schrecklichen Taten, die in Paris vor sich gingen. Wir sahen Bilder von Menschen, die sich aus Fenstern flüchteten, von Polizeiautos, die die Straßen von Paris sperrten und zwischendurch wurde immer wieder ins Stadion zurückgeschaltet, wo man Matthias Obdenhöfel und Memmet Scholl die Angst und die Trauer ins Gesicht geschrieben sah.
Wir saßen also da. Schockiert, beängstigt und traurig. Keiner redete. Jeder hoffte auf weitere Informationen. Jeder hoffte auf gute Nachrichten.
Doch die kamen nicht. Es kamen nur weitere Meldungen über noch mehr Tote...
In diesen Momenten der Trauer und des Wartens gingen einige Gedanken durch meinen Kopf.
Einige Gedanken, die mich die letzten Wochen stark verfolgten. Es ging dabei um Kleinigkeiten, doofen Kinderquatsch und „erste-Welt-Luxus"-Probleme. Und da kommen wir auch zum Titel dieses Posts „Bin ich eigentlich bescheuert?" - Ich predige immer, positiv zu denken, jeden Tag so zu leben, als sei es der letzte und davon, sich von nichts und niemandem runterziehen zu lassen. Doch genau das tat ich, ich regte mich über Dinge auf, die überhaupt nicht wichtig sind und auch nie waren, sondern eher belangslo und doof. Wieso ich das gemacht habe? Vielleicht, weil ich ansonsten keine Probleme habe!? Weil es mir ansonsten gut geht, ich ein Dach über dem Kopf habe, immer genug Essen im Kühlschrank und viele liebe Menschen an meiner Seite, auf die ich mich immer verlassen kann. Ich könnte der glücklichste Mensch der Welt sein, ließ mich aber von etwas Unwichtigem runterziehen und versaute mir damit die Laune, anstatt einfach glücklich über das zu sein, was ich habe und bin!
Nachdem wir den Fernseher ausschalteten war mir klar - ICH habe keine Probleme!
Es gibt so viel Leid auf der Welt, es gibt so viele Menschen, denen es ernsthaft schlecht geht, die kein Dach über dem Kopf haben, die nicht wissen, ob sie am nächsten Tag noch genug Essen für die ganze Familie haben werden und die auch nicht wissen, wie es in ihrer Zukunft weitergehen soll. Es gibt Menschen mit wirklichen Problemen! Ich gehöre (zum Glück) nicht dazu!
Umso mehr ist es mir ein Anliegen, den Menschen, denen es schlecht geht, zu helfen. Ob mit Sachspenden, Geldspenden, Zeit, Engagement, Liebe oder was auch immer die Menschen in Leid und auf der Flucht benötigen, ich möchte einen Teil dazu beitragen, dass es ihnen besser geht. Ich möchte, dass ihre Probleme gehört werden und sie für voll genommen werden. Wie auch immer ich helfen kann, ich werde es tun und ich möchte euch dazu animieren, auch etwas zu tun! Egal ob ihr Schüler, Auszubildende, Studenten, Arbeitslose, Selbstständige oder Arbeitnehmer seid - jeder kann helfen und jeder kann Liebe, Aufmerksamkeit, Achtung und Respekt schenken! Lasst uns versuchen uns frei zu machen von Hass, Wut, Neid und Missgunst und lasst uns zusammenhalten, lasst uns stark sein für die Schwachen und geben, was wir geben können, um allen ein würdiges und angenehmes Leben zu ermöglichen!