Wir Lübecker erinnern uns noch gut an das Thema im Kommunalwahlkampf 2008, die Schulpolitik. Die damals mit absoluter Bürgerschaftsmehrheit „regierende“ CDU hatte es sich zur Mission gemacht, die im Land durch die SPD in der schwarz-roten Koalition durchgesetzte Schulreform zu bekämpfen. Insbesondere mit der Umwandlung bestehender (Real-)Schulen in Gemeinschaftsschulen wollten sich die Hanseatischen Christdemokraten nicht anfreunden und lehnten reihenweise entsprechende Umwandlungsanträge der städtischen Schulverwaltung ab. Die Quittung für derlei verbohrtes Verhalten gab es bekanntlich in der Kommunalwahl von den Wählerinnen und Wählern. Von den knapp über 50% Stimmenanteil (2003) blieben der CDU fast nur noch die Hälfte. Die Lübecker FDP war damals übrigens pragmatischer, woran ich – dies sei bei aller Bescheidenheit angemerkt – hieran einen nicht ganz geringen Anteil hatte.
Angesichts der „blutigen Nase“, die sich die CDU in Lübeck beim Thema „Gemeinschaftsschule“ geholt hatte, muss der jetzt eingeschlagene Kurs des liberalen Bildungsministers Dr. Klug jeden FDP-Sympathisanten mit großer Sorge erfüllen. In dem Entwurf des Ministers zu einem neuen Schulgesetz wird nämlich die Möglichkeit der Einführung von zum Abitur führenden Oberstufen an Gemeinschaftsschulen deutlich eingeschränkt. Heißt es im derzeit geltenden Schulgesetz in § 43 Satz 3 noch lapidar: „Die Gemeinschaftsschule kann eine gymnasiale Oberstufe … haben“, soll dies künftig nur noch dann möglich sein, wenn „hierfür ein öffentliches Bedürfnis besteht, das nicht durch Aufnahmemöglichkeiten an der Oberstufe einer anderen Schule gedeckt werden kann“(§ 43 Abs. 3 Satz 6 Gesetzentwurf, den Link finden Sie hier). Wann dies der Fall ist, erläutert das „FAQ“ des Ministeriums (hier). Danach liegt ein Bedürfnis für eine Oberstufe an Gemeinschaftsschulen (nur) vor, wenn „ausreichend viele Schülerinnen und Schüler eine Oberstufe besuchen wollen und die vorhandenen Oberstufen umliegender Schulen (eines Gymnasiums, einer Gemeinschaftsschule mit Oberstufe oder eines Beruflichen Gymnasiums) – über keine ausreichenden Aufnahmemöglichkeiten verfügen“.
In der Praxis könnte dies für „abiturwillige und –fähige“ Schüler einer Gemeinschaftsschule bedeuten, dass sie ihre Schullaufbahn nach der 10. Klasse womöglich auf einem G8-Gymnasium oder auch einem beruflichen Fachgymnasium fortsetzen müssen, wenn dort nur ausreichende Kapazitäten bestehen und die neue Schule in zumutbarer Entfernung liegt. Keine Rücksicht nimmt der Gesetzentwurf auf den Umstand, dass bei einem Übergang nach der 10. Klasse von der Gemeinschaftsschule auf ein nach (nur) zwei weiteren Jahren zum Abitur führendes Gymnasium ein Scheitern der Schüler fast vorprogrammiert ist, denn das Lernkonzept der Gemeinschaftsschule ist ja anders als ein G8-Gymnasium auf die Erreichung des Abiturs nach insgesamt 13 (statt 12) Schuljahren ausgelegt. Es wird also bewusst in Kauf genommen, dass selbst gute Schüler nach Abschluss der Gemeinschaftsschule (ohne Oberstufe) auf Ihrem Weg zum Abitur scheitern – etwa, um die Überlegenheit des klassischen Gymnasiums belegen zu können?
Gerade Herr Dr. Klug hatte zu Oppositionszeiten bei Eltern und Lehrern einen ausgezeichneten fachlichen Ruf. Jetzt, wo er als Minister Verantwortung trägt, ist er drauf und dran, seinen letzten Kredit zu verspielen – und denjenigen der FDP gleich mit!