Als ich noch in streng konservativen christlichen Kreisen verkehrte, wurde ich manchmal gefragt, wozu ich überhaupt eine Matura machen wolle, als Frau würde ich mich früher oder später ohnehin um die Kinder kümmern. Später, als ich an der Uni war, bekam ich die gleichen Fragen wieder zu hören, diesmal einfach mit leicht aggressivem Unterton. Ja, ich weiss, ihr glaubt mir nicht. Ihr denkt wohl, ich könne unmöglich so alt sein, dass ich mich noch mit solchen Vorwürfen hätte herumquälen müssen. Doch die Kreise, in denen ich mich in den Neunzigern bewegte, waren ziemlich konservativ und sie blieben es auch, als ich schon längst begriffen hatte, dass ich mit solchen Ansichten nicht leben konnte.
Doch darüber möchte ich ja eigentlich gar nicht schreiben, sondern viel eher über die Frage, wie ich ohne diese vielen Ausbildungsjahre und den Mann mit der pädagogischen Ausbildung unsere Kinder je unterstützen könnte. Wie kann es sein, dass ein sprachlich absolut nicht unbegabtes Kind nach zwei Jahren Kindergarten und vier Jahren Primarschule noch nicht einmal eine Postkarte fehlerfrei schreiben kann? Was ist falsch gelaufen, wenn ich einem durchaus intelligenten Kind nach zwei Jahren Kindergarten und zwei Jahren Schule erklären muss, welche Wortarten man gross schreibt und welche klein? Wie kommt es, dass “Meiner” und ich peinlich genau überprüfen müssen, was Töchterchen im Französisch lernt, weil sie schon zu viele falsche Satzstrukturen gelehrt bekommen hat? Wo würden unsere Kinder in der Mathematik stehen, wenn nicht “Meiner” den ganzen Stoff zu Hause noch einmal mit ihnen durchackern würde? Wenn er nicht die Fragen beantworten würde, die nach den spärlichen Erklärungen des Lehrers noch geblieben sind? Werde ich das Gleiche tun müssen, wenn Karlsson und Luise nach den Sommerferien Englisch lernen?
Und warum in aller Welt schlagen die Lehrer immer nur dann Alarm, wenn ein Blatt ein paar Tage zu spät abgegeben wird, jedoch nie, wenn das mit der Rechtschreibung einfach nicht im Kopf bleiben will? Warum müssen wir das Material selber zusammensuchen, wenn Vertiefung nötig ist? Was hätten unsere Kinder ohne unsere Unterstützung gelernt, ohne die bestimmt nicht immer akkuraten Antworten, die wir ihnen geben, ohne die Geschichten, den Garten, die Haustiere, die Ferienaufenthalte, die Ausflüge, ohne die Bücher und Zeitschriften, die bei uns überall herumliegen und für noch mehr Unordnung sorgen? Klar müssen Schule und Elternhaus einander ergänzen, aber ich frage mich allmählich, was bliebe, wenn das, was wir beitragen, wegfiele. Und warum müssen all diese Fragen ausgerechnet in den Sommerferien über mich hereinbrechen?
Natürlich sind Matura und Uni keine Voraussetzungen, um Kinder grossziehen zu können, wie das mit unseren Kindern an unserer Schule gutgehen sollte, kann ich mir jedoch beim besten Willen nicht vorstellen.