Bildungsauftrag.

Von Monkeyeve
Bücher lesen schön und gut, das klappt ja. Sobald ich mich jedoch auf eine Sache in meinem Leben mehr konzentriere, fallen andere Leiden - und sonstige -schaften unter den Tisch.
Der Begriff Opportunitätskosten, mit dem mich meine BWL-Professoren in regelmäßige Sinnkrisen stürzten (Warum sitzt du hier und nicht in einer ausufernden Diskussion mit einem ambitionierten Literaturprofessor, der gerade Sartre auseinandernimmt? Order warum porträtierst du nicht gerade einen jungen, wunderschönen, männlichen Akt in der Vorlesung "Freies Zeichnen"? Aber nein, du wolltest ja Spießer werden.), hat für mich gerade greifbare Bedeutung.
Gerade konzentriere ich mich in meiner Freizeit auf die Beweglichkeit von Körper und Geist (Proust trifft Fitnessstudio), das langsame Beseitigen persönlicher Altlasten (ja, ich meine auch so profane Späße wie das Ausmisten des Kleiderschranks und die Steuererklärung) und die Quest nach Weihnachtsgeschenken für meine expandierende Familie. Die Kehrseite der Medaille: meine Gitarre schaut mich vorwurfsvoll durch tränenverhangene Saiten an und, jetzt schäme ich mich so ziemlich, mein Bruder eröffnete mir als Erster, dass Gaddafi die Erdoberfläche jetzt von unten betrachet.
Ja, das muss man erstmal verkraften.
Krasser Bildungsverlust in nur drei Wochen! Dabei habe ich die Sueddeutsche abonniert, bin aber einfach nicht mehr zum Lesen gekommen. Und wenn man, wie ich, kein Radio hört und den Fernseher nur als zeitgenössische Dekoration betrachtet, passiert das ratzfatz.
Gut, eine Lösung muss her - ein entblößter Geist fühlt sich allzu schrecklich an, muss ich gestehen. Daher widme ich mich diese Woche mal ganz dem nagelneuen Digital-Paket der SZ, von der täglichen ePaper-Ausgabe in der iPad-App und dem iPad-Magazin.
Eine ziemlich lobenswerte Sache, wie ich mit der Zeit, bei meiner Umstellung von der Papierausgabe zum virtuellen Blättchen festgestellt habe. Ich tue ja nicht nur Gutes für die Umwelt, weil ich Bäume rette, sondern erhalte die Zeitung schon am Vorabend, muss morgens nicht in die Kälte zwei Stockwerke runtertapern und verschämt meine Nachbarn im Pyjama begrüßen - nein, ich zahle auch noch weniger und mein iPad hat nun tatsächlich einen Sinn. Ein Halleluja! auf die Technik.
Lange Zeit hatte ich noch die Wochenendausgabe, einzig und allein dem beigelegten Freitagsmagazin zuliebe. Das gibt es nun endlich auch als iPad-App und schon ist der Papierkrieg ganz beendet. Schlussendlich hat die SZ ihr Online-Angebot nun durch das Digital Paket erweitert, bin gespannt, was mich hier erwartet.
Um in Zukunft wieder klugen Senf von mir geben zu können, verordne ich mir selber auch noch die tägliche Portion 100 Sekunden-Tagessschau - ebenfalls in einer App erhältlich.
Heimlich lese ich aber trotzdem noch einmal die Stadt der Träumenden Bücher. Konnte ich nicht unterdrücken.