Was hatte ich mich gefreut auf den Hanse-Gravel. Nächsten Mittwoch sollte es endlich losgehen. Der Zug sollte mich zunächst nach Hamburg bringen damit ich mich dann Donnerstag morgen mit rund 200 Gleichgesinnten auf die Spuren der Hanse nach Stettin begeben könnte. Daraus wird nun in Zeiten von Corona leider nichts. Das ist wirklich schade, auch weil sich der ein oder andere mit neuem Equipment eingedeckt haben wird. So auch ich. Und anstatt euch einen Bericht über die Bikepacking-Tour zu bieten, bekommt ihr nun ein dafür eine vorgezogene Vorstellung meines neuen Harness-Systems Yafün von CHOIKE!
Ich war eigentlich auf der Suche nach einer soliden Handlebar-Bag, die vom Gurtsystem her einfach zu handhaben ist. Der Platzhirsch aus Deutschland Ortlieb bietet dazu ebenfalls ein prima Produkt an. Da hätte ich gerne die „Black Edition″ gehabt, die aber nirgendwo mehr in dem Moment zu finden war. Und der Preis hatte mich eh ein wenig abgeschreckt, wenn ich ehrlich bin. Daher machte ich mich auf der Suche nach einer Alternative und studierte im Internet viele Seiten zu dem Thema und schaute mir etliche Bilder an. Immer, wenn ich dachte, ich hätte etwas gefunden, war irgendwo ein Haken. Entweder die Art der Befestigung, die Größe des Systems, die Taschen waren nur wasserabweisend oder Testberichte, die mögliche Defizite aufzeigten.
Harness-System anstatt Handlebar-Bag
Irgendwann stieß ich dann auf ein Harnes-System von CHOIKE. Das sprach mich zunächst gerade optisch an, aber auch die Möglichkeiten der Befestigung und die wasserdichte Tasche plus die Option eine Accessoirebag anbringen zu können gefielen mir sehr gut. Problem: CHOIKE kommt aus Chile! Doch da das System mir auf Anhieb gefiel, schickte ich kurzerhand eine E-Mail, ob denn auch nach Deutschland versendet und was das kosten würde und erzählte kurz etwas von mir. In dem Moment war der Deal geboren. CHOIKE würde mir das Produkt kostenlos überlassen, ich müsste nur das Porto bezahlen. Dafür sollte ich einfach etwas über die Tasche berichten, was ich hiermit natürlich sehr gerne tue! Ich bestellte aber auf meine Kosten noch die Accessoirebag dazu.
Keine 14 Tage später war das Paket da, welches ich im Zollamt noch für wenige Euro auslösen musste. Alles in allem immer noch wesentlich günstiger als vergleichbare Systeme, die hier erhältlich sind. Das „Arnes de Manillar - Yafün″ kostet 35.000 Chilenische Pesos. Umgerechnet rund 38 Euro! Die kleine, praktische Tasche „LapaBag″ rund 22 Euro! Doch was bekommt man für das Geld an Qualität? Da war ich nun wirklich gespannt!
Der erste Eindruck nach dem Auspacken war: WOW! Die Taschen sind allesamt handgefertigt und wirken absolut hochwertig! Präzise Verarbeitung und eine Auswahl von hochwertigen und stabilen Materialien überraschten mich äußerst positiv! Möglicher Chemie-Geruch, wie er eventuell bei anderen Taschen schon mal sein kann, war nicht zu bemerken. Prima.
Anbringung
Und jetzt ging es natürlich daran, wie ich das YAFÜN an mein Gravelbike bekommen würde. Nicht jeder Vorbau ist gleich, daher muss man schon ein wenig schauen, wie man so ein Harness-System befestigt bekommt. Die biegsame Platte, die den wasserdichten Packsack aufnimmt und zusätzlich zur Befestigung mit zwei Riemen noch mit einem starken Klettverschluss ausgestattet ist, um den Packsack sicher an Ort und Stelle zu halten, kann mit den üblichen Abstandhaltern aus soliden gummiartigen Schaumstoff vom Steuerrohr ferngehalten werden. Bis zu drei Stück davon können angebracht werden und bieten daher eine große Variabilität. Auch an verschiedene Ösen in unterschiedlichen Höhen für die Riemen wurde gedacht!
Mit zwei Riemen wird die CHOIKE YAFÜN sicher an der Dropbar oder am MTB-Lenker befestigt. Auch hier gibt es wieder die hierzulande oft benutzten Abstandhalter um die Züge von Bremse und Co nicht zu stark einzuengen oder gar zu knicken. Bei meinem Lenker gehen die Züge unterhalb des Griffbands parallel bis ungefähr zur Mitte, bevor sie nach unten seitlich ins Steuerrohr führen. Daher musste ich da etwas aufpassen und auf eventuelle Scheuerstellen oder andere Einschränkungen achten. Das sitzt bei mir zwar etwas spack, aber noch bedenkenlos, wie ich finde.
Lapabag
Einen weiteren Sicherheits-Riemen gibt es noch extra für die Lapabag, den man zusätzlich als Befestigung unter dem Harness-System durchzieht und oberhalb wieder mit einem kleinen Klettverschluss an andere Riemen anbringen kann. Hauptsächlich wird diese kleine Tasche an zwei leider etwas fummeligen Haken, dafür sehr sicher, an den Riemen auf dem eigentlichen Harness-System angebracht. Allerdings wird es nur etwas frimmelig, wenn man die Tasche dran- oder abmachen möchte. Dazu muss man den kleinen Metallverschluss etwas über den Plastikhaken hochschieben. Da ist aber der Stoff, durch den die Plastikhaken geschoben werden ein klein wenig im Weg. Es gibt dennoch schlimmeres. Dafür schlackert nichts während der Fahrt.
Packsack
Beim Hanse-Gravel wollte ich den Packsack für den OUTDOOR RESEARCH Helium Bivy, den DECATHLON Schlafsack Forza 500 light, ein aufblasbares Kopfkissen und eine Luftmatratze nutzen. Eventuell wäre noch eine leichte Windweste dazugekommen. Das wären insgesamt keine drei Kilogramm gewesen um agiles Handling beim Lenken weiter zu gewährleisten. Für mich persönlich perfekt.
Ausgelegt ist der robuste, schicke Packsack für ganze sechs Kilogramm! Ihn kann man übrigens von beiden Seiten befüllen. Schliessen tut man ihn, indem man ihn am Rand wie bei vielen anderen Packsäcken drei bis vier mal umschlägt und mit dem Klick-Verschluss zubindet. Dadurch bekommt er seine absolute Wasserdichtigkeit. Ein Kompressionsventil gibt es leider nicht. Das hätte ich mir noch gewünscht. Vielleicht ist das ja für das YAFÜN noch eine Option für die Zukunft? Hallo CHOIKE 😉
Trotzdem bekommt man überschüssige Luft sehr gut hinaus. Das Material besteht aus einer dieser Arten von LKW-Planen, ohne dabei aber zu sperrig und unbiegsam zu sein. An einer Stelle ist sie mit einem kräftigen Klettband versehen. So weiß man, wo man ihn am Gegenstück in der Halterung eben anbringen kann, um dann in Allerseelen Ruhe die zwei Riemen von unten um den Packsack zu führen, stramm zu ziehen und mit dem Klick-Verschluss absolut sicher zu befestigen! Mir gefällt dieser Packsack trotz kleiner Einschränkungen wirklich gut, den es übrigens für Dropbar-Lenker mit 10 Litern gibt und für das MTB mit 15 Litern. Genug Stauraum also für alle Gelegenheiten beim Bikepacking.
Der kleine Nachteil, den ich bei dieser Bikepacking-Tasche meine, gilt den zweiseitigen Öffnungen. Der Wulst mit dem Klick-Verschluss kommt auf beiden Seiten sehr nah an die Schalt- und Bremshebel und das kann so durchaus als störend empfunden werden. Entweder man bepackt die Tasche nicht im vollen Umfang oder man muss sich eine Technik beim Einrollen überlegen, wo man das Problem nicht so stark hat. Weitere Faktoren können natürlich u.a. die verschiedenen Lenkerbreiten sein! Ich habe da Platz von insgesamt rund 43 cm zwischen beiden Bügeln. Beim MTB-Lenker stellt sich dieses Problem weniger!
Detaillösungen am YAFÜN
Pfiffige Details gibt es am gesamten YAFÜN immer wieder zu finden. An vielen Stellen kann man allerlei Dinge dran clipsen und befestigen. Viele Stoff-Ösen erleichtern das. Die Lapabag ist dazu innen noch unterteilt, ein Fach kann man zusätzlich mit einem kleinen Klettverschluss verschließen, damit kleiner Krempel nicht so durch die Gegend fliegt. Außerdem ist das Innenfutter schön hell in Orange, so das man schnell seine sieben Sachen gut erkennen kann. Kleines Gimmick: das Logo von CHOIKE außen auf der Tasche reflektiert im Dunkeln!
Fahreindruck
Sicherlich wird auf den hoffentlich bald wieder stattfindenden Gravel-Abenteuern noch die eine oder andere Erkenntnis dazu kommen. Daher muss man das momentane Resultat hier eben auch richtig einordnen! Die Anbringung kann bei anderen Lenkern sich ebenso anders verhalten als in meinem Beispiel!
Mein Fahreindruck der CHOIKE Yafün auf einigen ruppigen Test-Kilometern mit beladener Tasche und rund 3 kg Versuchs-Gewicht also: positiv! Da wackelt nichts bedenklich in der Gegend herum, alles ist sicher verstaut. Der Packsack sollte aber sorgfältig gefüllt werden. (Bei mir unten im Video bitte kein Beispiel dran nehmen! ;-))Wer mit solchen Bikepacking-Taschen am Lenker vorher noch nicht gefahren ist, der wird das Lenkverhalten zunächst als etwas träge empfinden. Das ist aber ganz normal. Man gewöhnt sich sehr schnell daran und das Gefühl ändert sich. Ich empfinde das bei meinem vorgesehenen Gesamtgewicht der Tasche als immer noch sehr agil und ausgeglichen.
Man muss selbstverständlich nicht die gelieferte Packtasche verwenden! Wer andere Taschen bereits besitzt oder besser findet, der bekommt sie natürlich genauso so gut sicher und fest angebracht. Nur dann wahrscheinlich ohne funktionierenden Klettverschluss 😉
Prima kommt man auch an die kleine Lapabag heran und hat alles sicher im Blick und vor allem in Griffweite. Dieses kleine Ding hat es mir angetan. Einfach, weil es so praktisch ist. Die zusätzliche Anschaffung sollte man somit durchaus in Erwägung ziehen.
Leichte Geräusche bei schwierigeren oder engeren Lenkmanövern können beim YAFÜN zwar vorkommen, aber damit kann man immer noch sehr gut leben. Die Abstand-Gummis am Steuerrohr machen da hauptsächlich die leisen Töne. Tipp: gerade dort, wo Reibung am Rahmen entstehen kann, bietet sich zum Beispiel eine durchsichtige Lackschutzfolie an um unschöne Macken zu verhindern! Beim Bikepacking mit derartigen Systemen, so ehrlich muss man sein, sind solche Macken mit der Zeit aber einfach normal. Darüber sollte sich jeder im Klaren sein.
Fazit
Mich hat das Harness-System YAFÜN von CHOIKE überzeugt. Hochwertige Verarbeitung, die unterschiedlichen Möglichkeiten der Anbringung und vor allem sicheres Handling gerade während der Fahrt stechen hervor! Dazu kommen kleine, pfiffige Details wie die vielen Stoff-Ösen zum Befestigen allerlei Dinge oder das kleine reflektierende Logo auf der Lapabag. Über das kleine Manko der fummeligen Anbringung kann man da getrost hinwegsehen. Je nach Art der Dropbar sollte man aber auf ordentliche Schliessung des Packsacks achten, damit man problemlos schalten und bremsen kann. Ansonsten kann man für den Preis definitiv nichts falsch machen! Das YAFÜN ist eine hervorragende Alternative zu den derzeit hier erhältlichen Bikepacking-Taschen. Gut gemacht!