Big Bad Wolves

Film-Festivals Big-Bad-Wolves-©-2013-slash-Filmfestival

Veröffentlicht am 30. September 2013 | von Gastautor

Big Bad Wolves Gastautor

Wertung

Summary: stimmungsvoll in Szene gesetztes, blutiges Katz-und-Maus-Spiel mit viel schwarzem Humor und fabelhaften Darstellern

4.5

Horror

Kein Rotkäppchen hat heute mehr Angst vor Wölfen. Ein böser Fehler! Hinter so manchen Schafspelzen verbergen sich nämlich blutrünstige Monster, wie Big Bad Wolves anschaulich demonstriert.

Der Polizist Miki (Lior Ashkenazi) ermittelt in einer Serie von blutrünstigen Morden. Die Opfer sind allesamt kleine Mädchen, die entführt, gefoltert und schließlich enthauptet werden. Miki glaubt im harmlos wirkenden Lehrer Dror (Rotem Keinan) seinen Täter gefunden zu haben, bekommt aus ihm aber trotz Gewaltausübung kein Geständnis heraus. Dummerweise wird die peinliche Befragung heimlich mitgefilmt und landet im Netz, woraufhin Miki seinen Job verliert. Da er aber noch immer von der Schuld des Lehrers überzeugt ist, ermittelt er weiter auf eigene Faust und kommt dabei Gidi (Tzahi Grad) in die Quere, der es ebenfalls auf den vermeintlichen Kindermörder abgesehen hat. Er ist der Vater des letzten Opfers und sucht nicht nur Rache für seine Tochter, sondern möchte auch wissen, wo der Täter den Kopf des Mädchens versteckt hat. Es entwickelt sich ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen den drei Männern und als der mutmaßliche Mörder in ihrer Gewalt ist, stellt sich die Frage, wie weit Gidi und Miki zu gehen bereit sind, um aus ihm ein Geständnis herauszubringen.

Mit ihrem anarchistischen Erstling Rabies (OT: Kalevet) haben das Duo Aharon Keshales und Navot Papushado 2010 schon für Aufsehen gesorgt. Der erste israelische Slasher bot ein Potpourri aus Horror, Humor und haufenweise Blut und ließ schon erahnen, oder zumindest erhoffen, dass dieses erste starke Lebenszeichen des israelischen Genrekinos nicht das letzte sein würde. Prompt haben die beiden nachgelegt und nun mit Big Bad Wolves einen weiteren Film mit den bewährten Zutaten gedreht. Humor wird wiederum groß geschrieben, natürlich von der dunkelsten Seite des Lichtspektrums, skurille Charaktere treffen aufeinander und sind hinsichtlich ihrer Vorhaben und Motive oft nicht sofort einzuordnen und der Horror lauert im ganz Alltäglichen, im Missverständnis, sowie in der Fehleinschätzung.

Die beiden Regisseure und Drehbuchautoren sind aber in den drei Jahren seit Rabies merklich gereift und führen in Big Bad Wolves eine feinere Klinge, die trotzdem für genügend Blutfluss sorgt. Von der Cinematografie, die stellenweise eine poetische Note bekommt, über die atmosphärisch-wirkungsvolle Soundkulisse bis zu den, zwischen weitläufiger Freiheit und klaustrophobischer Enge changierenden, Kulissen, ist der Film handwerklich sehr gelungen. Gemeinsam mit einer ausgeklügelten Geschichte und überraschenden Wendungen ergibt sich daraus ein stimmiges Gesamtbild, das noch von durchwegs fabelhaften darstellerischen Leistungen abgerundet wird. Da fallen kleinere Schwächen, wie ein paar allzu sehr ins Komödiantische schlagende Szenen oder einige Vorhersehbarkeiten, nicht weiter ins Gewicht.

Die Charakterzeichnung ist ebenso stimmig und ausgeklügelt. Besonders spannend ist der Psychokrieg der beiden Kontrahenten Dror und Gidi, zwischen die man, in ihrer stoischen Grundhaltung, nicht gelangen möchte. Der in dieser unangenehmen Lage befindliche chaotische Polizist Miki, für den Moral und Gesetzestreue erstaunlich dehnbare Begriffe sind, ist die sympathischste Figur, die für das Publikum auch die größte Identifikationsfläche bietet. Wenn er plötzlich an der Schuld des vermeintlichen Mörders zu zweifeln beginnt, kommen einem als Zuseher auch Bedenken – selbst wenn der gutmütige Lehrer Dror dermaßen unscheinbar und harmlos wirkt, dass schon von Anfang an klar ist, dass er der Täter sein muss.

Die Grenzen zwischen Opfer und Täter, zwischen „Gut“ und „Böse“, Verbündeten und Feinden sind in Big Bad Wolves aber ohnehin sehr durchlässig und vom humoristischen Anfang bis zum bitteren Ende ist diese Gratwanderung eine Tour de Force, von deren wuchtiger Intensität und schonungsloser Explizität einem zwischendurch schon mal etwas schlecht werden kann. Macht nichts, denn am Ende bleibt das gute Gefühl, dass das längst nicht der letzte Horrorleckerbissen gewesen sein wird, den man aus Israel noch erwarten darf.

Regie & Drehbuch: Aharon Keshales, Navot Papushado
Darsteller: Lior Ashkenazi, Rotem Keinan, Tzahi Grad, Guy Adler, Dvir Benedek
Laufzeit: 110 Minuten, gezeigt beim /slash Filmfestival

Tags:4.5 von 5Aharon KeshalesHorrorLior AshkenaziNavot PapushadoRotem KeinanSlash Filmfestival

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