Bienen gehören zum Sommer. Das dachte ich so auch immer und staunte nicht schlecht, als ich im Februar eine Biene entdeckte, die Richtung Schneeglöckchen krabbelte. Ob Wild- oder Honigbiene: die pelzigen Flugkünstler sind tatsächlich erstaunliche Wesen und für uns Menschen so viel bedeutsamer, als uns bewusst ist.
Für Dichter und Autoren sind Bienen seit je her ein beliebtes Beobachtungsobjekt und Symbol. In zahlreichen Texten spielen sie deshalb mal die Hauptrolle, mal eine bezaubernde oder denkwürdige Nebenrolle.
Im neuen Band „Bienen“ hat der Thorbecke Verlag „Die schönsten Gedichte und Geschichten“ zusammen gestellt.
„Für eine Lichtung braucht’s Klee und eine Biene“, findet Emily Dickinson gleich zu Anfang des mit Bienen- und Blumenzeichungen wunderschön illustrierten Büchleins. Eduard Mörike verbindet mit Bienen-Gesumm einen schwülen Sommernachmittag in und „Bilder aus Bebenhausen“ und Wilhelm Wankler jubiliert: „Wie freut mich’s, dass ich Imker bin“.
In Paul Gerhardts Sommerhymne „Geh aus, mein Herz“ darf die unverdroßne Bienenschar selbstverständlich nicht fehlen und was wäre Theodor Storms Sommeridyll „Abseits“ ohne Bienen und Honigernte. Im Grimms-Märchen „Die Bienenkönigin“ hilft Selbige dem Dummling, eine Prinzessin zu erlösen.
Der älteste Text stammt aus der Zeit um 50 vor Christus – Vergil gibt Empfehlungen für den optimalen Standort eines Bienenstocks: Es sollte kein stürmischer Wind wehen am gewählten Platz, „aber ein lauterer Quell, ein Teich mit grünendem Moose, grenze daran“.
Quendel, Saturei und Violen sollen dort wachsen und die Pforte ins Innere sollte eng sein, um das Volk vor Kälte und Hitze zu schützen. Wilhelm Buschs Imker Dralle hat offenbar den richtigen Standort für seine Bienen gefunden – er ist mit humorvoll-lyrischen Geschichten gleich dreimal im Buch vertreten.
Statt sprichwörtlichem Bienenfleiß kommen hier die faulen Drohnen zur Sprache – auch in William Shakespeares Text und Theodor Fontanes „Stechlin“ sind die arbeitsscheuen Bienenmänner durchaus ein Thema und im Gedicht „Entweder – oder“ von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben spielen zwei Drohnen sogar die Hauptrolle.
Sehr besonders fand ich Goethes Erinnerungen an eine Nonne, die ihre Bienen im Winter mit süßem Bier aus der Hand. Obwohl die Bienen auch Goethe oft die Hand wärmten, hatte er später nicht mehr den Mut, in den Bienenkorb zu fassen. „…siehst Du, so verliert man seine Unschuld und die hohen Gaben die man durch sie hat“, resümiert der Dichter in seinem Brief an ein Kind.
Fast religiös beschreibt ein Dichter des 20. Jahrhunderts die Bienen im „Lorscher Bienensegen“ und Clemens Brentano preist die Frömmigkeit der Bienen. Glaubt man Heinrich Sannemann, kommt Bienen tatsächlich eine metaphysische Aufgabe für Erde und Menschen zu, wie in diesem pdf zu lesen ist.
Auch im Buch sind die Bienen ein philosophisch-ethisches Vorbild für unsere Tage. Siddharta Gautama/Buddha (6. Jahrhundert v. Chr.) schreibt: „Wer seinen Wohlstand vermehren möchte, der sollte sich an den Bienen ein Beispiel nehmen. Sie sammeln den Honig, ohne die Blumen zu zerstören. Sie sind sogar nützlich für die Blumen. Sammle Deinen Reichtum, ohne seine Quellen zu zerstören, dann wird er beständig zunehmen.“
In diesem Sinne wünsch ich ein bienenreiches Jahr und viel Spaß beim Lesen zahlreicher weiterer Bienen-Geschichten
„Bienen. Die schönsten Gedichte und Geschichten“, 64 Seiten, Hardcover, 8 Euro 99, Thorbecke Verlag