Netanjahus Glaubwürdigkeit ist auf dem Tiefpunkt angelangt. Die Zeichen mehren sich, dass die Kriegstreiber in der Knesset in Wirklichkeit einen riesengroßen Bluff veranstalten, um das israelische Volk von der Misere im eigenen Land abzulenken.
Generalleutnant Benny Gantz
„Die militärische Option ist, chronologisch betrachtet, stets die letzte,“ so der General – und weiter: “sie ist jedoch zugleich die erste, wenn es um Glaubwürdigkeit geht. Ist sie nicht glaubwürdig, so ist sie ohne Bedeutung.“ Der Offizier wirkt verärgert: „Wir bereiten uns auf glaubwürdige Weise vor, das ist unser Job als Soldat.“ Diese Aussage ist bemerkenswert vage, ganz besonders angesichts der unerklärlichen Notwendigkeit, das Wort ‘Glaubwürdig’ in nur einem Satz gleich dreimal zu wiederholen. In eben diesem Tenor geht es weiter. „Wir sind nicht Zeugen, nicht eines Krieges innerhalb der israelischen Führung, sondern der bewussten Anstrengung, Desinformation über die Pläne Israels zu streuen. Die scharfe Umkehr der typischen Rollen von kriegsführenden Generälen und vorsichtigen Politikern, ist ein weiterer Versuch, Verwirrung zu stiften.“
Moshe (Bogie) Ya’alon, Vize-Premierminister und Minister für strategische Angelegenheiten, versuchte noch schnell, ein paar Nebelkerzen zu werfen. Seine Reaktion auf das Interview: „Von diesem Mann würde ich nichts kaufen. Er meint wahrscheinlich, Israel wolle den Iran nicht angreifen, ihn dies jedoch glauben machen.“ Und weiter: „Der Iran ist sehr wohl in der Lage, selbst zu entscheiden, ob er eine Atombombe herstellt. Er hat sich noch nicht dazu entschieden, diesen Weg zu gehen, nicht solange seine Einrichtungen nicht bombensicher sind, da das Programm sonst zu anfällig wäre.“ Nebenbei stellte er fest, dass der Westen die Möglichkeit besäße, den Iran zu besiegen.
Dass seine Aussage kurz darauf Bluff enttarnt wurde, verdankte er dem Umstand, dass eine Woche zuvor ein Artikel im ‘Wall Street Journal’, erschien, in dem Beamte des Pentagons darauf verwiesen, dass die USA nicht in der Lage seien, mit konventionellen Waffen die iranischen Nuklearanlagen zu zerstören da diese für Bunker-Buster-Bomben zu tief in der Erde gelegen seien. Ya’alon musste dies gewusst haben. Er hatte die Öffentlichkeit vorgeführt, wohlwissend, dass ein israelischer Erstschlag gegen den Iran von vorn herein sinnlos ist.
Der Wind, der Netanjahu entgegen weht wird schärfer. Meir Dagan, ehemaliger Mossadchef, bezeichnete die Idee eines Angriffs auf den Iran als idiotisch. Sein Amtsvorgänger Ephraim Halevi stärkt ihm dabei den Rücken. November 2011 bekannte er in einem Statement zum Iran:
“Der Iran stellt keine existenzielle Bedrohung für Israel dar und ihn anzugreifen muss wirklich das letzte Mittel sein. Wer einen solchen Angriff in Erwägung zieht, der muss auch erkennen, dass dies Auswirkungen nicht nur auf Israel, sondern auf die gesamte Region für die nächsten 100 Jahre hätte. Niemand sollte glauben, dass eine existenzielle Bedrohung durch den Iran existiert, weil es einfach nicht wahr ist”.
Ebenfalls auf Gegenkurs zu Netanjahu befindet sich der ehemalige Shabak-Chef Juval Diskin. Seine Kritik richtet sich zugleich gegen Verteidigungsminister Ehud Barak. Diskin bezeichnete die beiden Kampfhähne in der israelischen Zeitung Haaretz als Personen, die ihre Entscheidungen aufgrund messianischer Gefühle träfen. Er könne weder in den Regierungschef noch in den Verteidigungsminister Vertrauen haben. Beide habe er aus der Nähe kennengelernt und misstraue deren Fähigkeiten. Diskin wörtlich: “Es sind keine Personen, denen ich persönlich zutrauen, dass sie Israel durch ein Ereigniss dieser Größe führen könnten und dies auch tuen. Das sind keine Personen, die ich bei einer solchen Sache am Steuer sehen will.“
Im Moment sieht es nicht so aus, als ob Bibi seinen Krieg bekommt, ja nicht einmal, als ob er ihn wirklich will. All das Säbelrasseln der vergangenen Wochen und Monate hat zumindest in einem Punkt seinen Zweck erfüllt. Von den Protestcamps in Tel Aviv und Holon ist seither keine Rede mehr. Netanjahu droht seinem eigenen Volk mit einem Vernichtungskrieg um abzulenken von seinem eigenen Versagen und allen daraus erwachsenden Konsequenzen für die israelische Mehrheit. Es bleibt zu hoffen, dass auch in diesem Jahr Protestcamps in israelischen Städten aufblühen. Ebenfalls zu hoffen bleibt zudem, dass der Frieden mit den Nachbarn es diesmal mit auf die Agenda der Protestierer schafft.
Quellennachweis und weiterführende Links:
- Oraclesyndicate
- Telepolis
- german.irib.ir
- 4thmedia
- Roytov
- n-tv
- Jhaines6