“Beziehungsweise New York” von Cédric Klapisch

Isabelle (Cècile De France, links), Xavier (Romain Duris, rechts daneben), Wendy (Kelly Reilly, zweite von rechts) und Martine (Audrey Tautou, rechts) in Cédric Klapischs

Isabelle (Cècile De France, links), Xavier (Romain Duris, rechts daneben), Wendy (Kelly Reilly, zweite von rechts) und Martine (Audrey Tautou, rechts) in Cédric Klapischs “Beziehungsweise New York”

So könnte man auch einen Witz beginnen: Sitzen vier Menschen auf einer Bank in der New Yorker U-Bahn: eine Lesbe, eine Britin und ein Französin, in ihrer Mitte ein Kerl – der beste Freund der Lesbe, Ex-Lebensgefährte der beiden anderen Damen. Eingepfercht muss sich die arme Seele anhören, dass die perfekte Frau für ihn eine Mischung aus ihnen allen wäre. Ein surreal-komischer Moment in Regisseur und Drehbuchautor Cédric Klapischs bereits dritten Film um den Franzosen Xavier (Romain Duris), der in Barcelona für ein Jahr (2002) das studentische WG-Leben in Spanien ausprobierte und seine dort gemachten Bekanntschaften in L’Auberge espagnole – Wiedersehen in St. Petersburg (2005) auffrischen durfte.

Mit diesem lustigen Beisammensein in Beziehungsweise New York beginnt nicht ein kommender Witz, sondern er ist hier schon fast am Ende angelangt. Wir folgen erneut dem inzwischen als Schriftsteller tätigen Xavier Rousseau, wunderbar zwischen Unsicherheit und Selbstsicherheit gespielt von jenem Romain Durais, der massentauglich in Der Auftragslover, Mademoiselle Populaire und Der Schaum der Tage auftrat. Xavier philosophiert darüber, dass sich das Leben der meisten Menschen von Punkt A zu einem Punkt B bewegt, er selbst aber ein Problem mit diesem Punkt B habe. Das Licht am Ende eines Tunnels, ein Ziel vor Augen haben – Xavier sagt von seinem Leben eher, dass es ein verfluchtes Chaos sei. Genau darüber schreibt er auch gerade ein Buch. Das komplizierte Leben.

Xavier besucht seine Ex-Flamme Wendy

Xavier besucht seine Ex-Flamme Wendy

Der französische Humor ist an dieser Stelle etwas durchgedrehter, ansonsten könnte man Xaviers Leben sehr gut mit dem von Ethan Hawkes Jesse vergleichen, in drei Before-Filmen von Richard Linklater auf einem ähnlichen Trip durchs Leben. Auch ihm (sowie Julie Delpys Celine) folgen wir durch die Jahrzehnte. Von unbeschwerten Reisen als Teenager, zu Lesetouren durch Paris bis hin zum familiären Urlaubsausflug mit reichlich Streitpotenzial. Jesse und Xavier müssen Brüder im Geiste sein, wie wir ihnen beim Aufwachsen zusehen und doch nur Alltägliches erleben.

Wo Richard Linklater auf innovativ-minimalistische Kameraarbeit (er bleibt dicht bei seinen Darstellern, lässt sie eigentlich kaum los) und endlos lang durchdachte Dialoge setzt, finden wir in Beziehungsweise New York eine rasante Erzählung wieder, die mit poppiger Musik unterstützt wird und sich nicht davor scheut die verschiedensten Stilmittel miteinander zu vermischen: aufblinkende Bildausschnitte, Papieranimationen, Playboy-Bilder die zum Leben erweckt werden und verstorbene Menschen (Hegel, Schopenhauer) die Xavier erscheinen und mit ihm über das Leben philosophieren – Xavier lebt offenbar in einem Real-Life-Comic.

Xavier und seine erste Freundin Martine

Xavier und seine erste Freundin Martine

Ein Comic-Film, der immens modern daher kommt und die multikulturellen Lebenswelten der heutigen Generation zeigt. Die weltweite Vernetzung ist allein durch technische Spielereien wie Skype möglich, aber auch Freundschaften werden über die Nachbarschaftsnähe hinaus aufgebaut. In Xavier haben wir den Franzosen, der in Spanien studiert hat, in China Town in New York lebt, da hier seine britische Ex-Frau mit den Kindern und einem neuen amerikanischen Mann lebt. Seine beste Freundin, die homosexuelle Isabelle ist Belgierin, seine andere Ex, gespielt von Audrey Tautou, setzt sich mit ihren Sprachkenntnissen in einem japanischen Unternehmen durch und zeigt gleich noch die Stärke und Führungskraft der modernen Frau.

Beziehungsweise New York entfaltet einen gigantischen Weltplan vom hin und her, konstruiert perfekte Momentaufnahmen mit den involvierten Figuren. Regisseur Klapisch baut seine Geschichte immer weiter auf, um sie überraschend in einem Kammerspiel-Moment mit allen Beteiligten explodieren zu lassen. Dadurch erzeugt er wunderbare Komik, bei der er zugleich aber auch die liebreizenden romantischen Momente aus der Story heraus kitzelt. Und Xavier kommt am Ende irgendwie doch nur wieder bei Punkt A an, wodurch deutlich wird, dass man heutzutage wohl immer ein wenig in Bewegung bleiben muss.

Beziehungsweise New York
Regie & Drehbuch: Cédric Klapisch
Laufzeit: 117 Minuten, freigegeben ab 6 Jahren, Kinostart: 1. Mai 2014
im Netz: Beziehungsweise New York bei Studiocanal
alle Bilder © STUDIOCANAL GmbH Filmverleih

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