“Beyond: Two Souls” mit Ellen Page & Willem Dafoe

Jodie Holmes (Ellen Page) in

Jodie Holmes (Ellen Page) in “Beyond: Two Souls”

Schizophrenie oder übernatürliche Begebenheit. Das fragt man sich zuallererst, wenn man als Spieler in die Welten von Beyond: Two Souls eintaucht. Der eigene Verstand wird aber spätestens beim Auftauchen von Monstern aus einer Parallelwelt die schizophrene zweite Person ausblenden und den Glauben daran gewinnen, dass Protagonistin Jodie Holmes tatsächlich seit frühester Kindheit heimgesucht wird. Ob von einem Monster oder einem netten Wesen, das liegt oftmals ganz in der Hand des Spielers, der mal Jodie, dann aber wieder Aiden, diese übernatürliche Erscheinung kontrolliert, die sowohl Chaos stiften als auch im Zaum gehalten werden kann. Hier liegt die schönste Meta-Ebene des Games versteckt. Wenn Jodie von Aiden spricht, wie er sich durch ein spirituelles Band nicht von dem Mädchen lösen kann, könnte sie auch direkt von dem Spieler sprechen, der durch das Joypad – vielleicht ja sogar mit Kabelverbindung – ebenso an Jodie gefesselt ist.

So wechselt man die Ansicht von Jodie, in deren ungewöhnliches Leben man eintauchen darf, mit der man durch Dialoge immer mehr über ihr Schicksal erfährt, aber auch Actionpassagen absolvieren und Geschicklichkeits- und Reaktionsspielchen vollführen darf, zu Aiden, der oder die oder das als Dunstwolke über ihr schwebt, sie beschützen kann (wenn der Spieler es möchte), in ihrem Namen aber auch Rachefeldzüge gegen überhebliche oder eingebildete Teenager/innen starten kann (wenn man es als Spieler denn möchte). So kann Jodie eine Geburtstagsparty einiger zickiger Teenies schweigend verlassen, nachdem sie Opfer ihrer Hänseleien und dem Harry Potter‘schen Einsperren in einer Kammer unter der Treppe geworden ist, oder aber sie zieht durch Aiden alle nötigen Fäden, um es der ungeliebten Dorfjugend heimzuzahlen. Wie weit Jodie oder Aiden dabei gehen, bleibt dem Spieler überlassen.

Nathan Dawkins (Willem Dafoe)

Nathan Dawkins (Willem Dafoe)

So langsam wird es Zeit eine neue Kategorie von Medium einzuführen. Irgendeine Begrifflichkeit die fernab von Film und Videospiel den Mittelweg ausprobiert. So muss auch für Beyond: Two Souls, aus der Schmiede Quantic Dream, unter deren Banner bereits Heavy Rain veröffentlicht wurde, eine Begrifflichkeit wie ‘Interactive CGI Film’ genutzt werden, um die Bandbreite dieses Spiels zu erfassen. Natürlich hält man immer noch den Controller in den Händen, zugleich findet man sich – ohne die Übergänge zwischen Sequenzen und Spielmomenten wahrzunehmen – oftmals auch auf den Bildschirm starrend wieder, verfolgt mit den Augen gebannt die Handlungen der Hauptprotagonisten, die zu allem filmischen Überfluss auch gleich noch von Ellen Page (Juno, Inception) und Willem Dafoe (Antichrist, Spider-Man) verkörpert werden. Mittels Motion Capture Verfahren, wie es schon James Cameron für seine Avatar-Kreaturen einsetzte, erwecken die Schauspieler auch hier ihre Videospiel-Alter-Egos zum leben. Das wirkt besonders dann geradezu famos, wenn man die Mimik der Realpersonen kennt und wiedererkennt, wenn Jodie oder Nathan Dawkins (Dafoe) das Gesicht verziehen.

Dawkins agiert dabei fast wie ein Staatsagent, wie einst Fox Mulder aus den X-Akten, der an übernatürliche Begebenheiten glaubt und diese erforscht. Dementsprechend ist Jodie ein gefundenes Fressen für den Mann, der trotz allem fürsorglich wirkt, sich um das Wohlergehen Jodies kümmert. Diese wiederum läuft irgendwann Amok aus Angst, schaltet bereits im Prolog ein ganzes S.W.A.T.-Team im Alleingang aus. Nach dem Prolog springt die Handlung mal vor, dann wieder zurück, erzählt Jodies Leben in der Spanne von acht bis 23, in ganz unchronologischer Reihenfolge, so dass ein Gemisch aus Gegenwart und Vergangenheit immer mehr den Lebensweg dieser jungen Dame beschreibt.

in Real: Ellen Page und Willem Dafoe

in Real: Ellen Page und Willem Dafoe

Dabei begleiten wir sie von anfänglichen Tests im CIA-Hauptquartier, wo sie den Zenerkarten-Test absolvieren soll, über ihre Ausbildung beim CIA, mitsamt Ausdauertraining, Kampfsporteinheiten und Psi-Attacken, über Geheimoperationen in Botschaften und ganz alltäglichen Begebenheiten wie eben jener Geburtstagsparty, die je nach Spielerwunsch katastrophal außer Kontrolle geraten kann. Da muss dann der Spieler entscheiden, wie böse er Aiden sein lassen will, wie rachsüchtig, wie nachtragend. Vielleicht handelt es sich letztendlich ja doch um eine liebe Seele und nicht um das zerstörerische Monster. Im eigenen Fall wurde die Böshaftigkeit immer weiter ausgereizt, zerstört bis es nicht mehr ging oder die nächste Sequenz vom Spielfluss weggezogen hat. Dann behält Jodie am Ende also recht, wenn sie sagt, dass man Aiden nicht kontrollieren könne. Jodie ist dem Willen des Spielers ausgesetzt und nur dieser wird Aiden vermutlich unter größter Zurückhaltung friedfertig durch das Spiel koordinieren.

Beyond: Two Souls verbindet damit die Seele des Videospiels mit der Seele des Spielers, zeigt das Miteinander von künstlich erschaffener Figur und einer Realperson, die unweigerlich aneinander gekoppelt sind. Das enorm einfallsreiche Spielprinzip paart sich mit einer filmreifen, spannungsgeladenen, übernatürlichen Handlung, die dazu anhält bis zum bitteren Ende durchzuhalten. Und solcherlei Kombination bekommt man nur selten zu Gesicht, weswegen dieses Spiel eine wahre Freude bereitet.


Beyond Two Souls_Videospielplakat

“Beyond: Two Souls“

Plattform: Playstation 3
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Regie: David Cage
Darsteller: Ellen Page, Willem Dafoe, Kadeem Hardison, Eric Winter, Alex Disdier

Verkaufsstart: 9. Oktober 2013
Im Netz: beyond-two-souls.com



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