Bettelverbot aufgehoben: Triumpf oder Niederlage?
Jubel unter uns “Gutmenschen”, der VGH hob das generelle Bettelverbot auf und sieht im “stillen Betteln” ein Menschenrecht.
Ein Verbot des ruhigen Handaufhaltens wäre gegen unsere Verfassung und der Präsident unserer Höchstrichter setzt noch einen drauf:
“Stilles Betteln an öffentlichen Orten ausnahmslos zu verbieten, ist in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig”.
http://derstandard.at/1341845105965/Verfassungsgericht-kippt-generelles-Bettelverbot
An Öffentlichen Orten (…) ist die Begegnung mit anderen Menschen immanent. Eine Störung der öffentlichen Ordnung kann (…) von der bloßen Anwesenheit einzelner Menschen an öffentlichen Orten, die um finanzielle Unterstützung werben ohne qualifizierte, etwa aufdringliche oder aggressive Verhaltensweisen an den Tag zu legen, nicht ausgehen.” Dass dies als belästigend, störend oder gar schockierend empfunden werden kann, ändere nichts am grundsätzlichen Schutz derartiger kommunikativer Verhaltensweisen durch Artikel zehn der Europäischen Menschenrechtskommission.
Neben vielen anderen der Menschlichkeit verpflichteten Gruppen reagierte auch die Vinzenzgemeinschaft um den Grazer “Armenpfarrer” Wolfgang Pucher erfreut und hoffte, “dass auch das allgemeine Bettelverbot der Steiermark und im Anschluss daran weitere Verbote österreichweit aufgehoben werden“.
Die Vinzenzgemeinschaft werde sich auch im Rahmen des neu gegründeten “Österreichischen Forums gegen Bettelverbote” weiterhin dafür einsetzen, “dass diesen ärmsten Menschen gegenüber Mindeststandards an Respekt und Toleranz entgegengebracht werden. Vor allem auch, dass man nicht unter dem Deckmantel einer bedrohten Sicherheit ihnen die Anwesenheit im öffentlichen Raum verwehrt”.
http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/1264141/Ausnahmslose-Bettelverbote-sind-verfassungswidrig
Hier wird sich der Herr Pfarrer wohl vergeblich freuen, denn zur Freude von ÖVP, FPÖ und SPÖ hat der VGH in OÖ das dortige Bettelverbot, das sich nur gegen “aggressives und organisiertes Betteln” gewandt hat, bestätigt, obwohl er an den “sprachlich durchaus mißglückten Formulierungen” ein bißchen herummäkelte. http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/3064276/bettelverbot-ooe-vp-sp-fuehlen-sich-bestaetigt.story
Ich frage mich jetzt nur, weshalb es ein verfassungsgemäßes Recht ist, seinen Lebensunterhalt erbetteln zu müssen oder zu dürfen,
es aber weder die Verfassungsrichter noch alle humanitär Bewegten zu stören scheint, dass es kein Recht auf ein menschenwürdiges Mindesteinkommen in unserer Gesellschaft gibt.
Welche Inhumanität steckt eigentlich hinter dem lautstarken Ruf nach einer unverbindlichen Karitas (http://de.wikipedia.org/wiki/Karitas),
in der die Freiwilligkeit der “Besitzenden” und “Mächtigen” das Recht der “Armen” und “Ohnmächtigen” ersetzt?
Oder schummeln wir uns unter dem Vorwand der Menschenrechte nur um eine Antwort auf die Kernfrage einer gerechten Gesellschaft herum:
Wenn ohnehin nur die betteln, die darin eine leichtere Alternative zum üblichen Broterwerb sehen, dann sehe ich nicht ein, weshalb sie meinen Weg in die Arbeit blockieren,
wenn es aber in unserem Gesellschaftsystem (und das schließt die Roma aus der EU ein) durchaus möglich ist, mit und ohne eigener Schuld keinen anderen Ausweg zu sehen, als im Dutzend die Einkaufsstrassen “abzubetteln”,
dann sollten wir uns über die Gerechtigkeit unseres Gesellschaftssystems unterhalten und nicht jubilieren, dass ”demütiges Betteln” erlaubt ist.
Diese Frage, ob wir Menschen und deren gesellschaftliches Umfeld nicht ändern sollen, dürfen wir nicht der populistischen Rechten zu überlassen
indem wir ihr durch humanistisch verbrämtes Mitleidigkeit ausweichen.