Vor einiger Zeit hatte ich eine Diskussion mit einer Arbeitskollegin über den Islam. Ausgelöst wurde dies, als meine Mitarbeiterinnen während der Pause an die frische Luft gingen, um zu rauchen und dabei ein bisschen Energie zu tanken. Währenddessen ziehe ich mich kurz zurück. Damit ich pünktlich zu der Verabredung mit meinem Geliebten erscheine, husche ich schnell in den Waschraum, um mich frisch zu machen, ziehe mein Gewand der Taqwa an, rolle mein Gebetsteppich aus und spreche den Takbir aus. Sobald ich mein Gespräch mit IHM beendet habe, geselle auch ich mich zu ihnen. Naja, ich bin kein großer Fan der Kälte, daher genügen mir auch ein paar Minuten draußen um kurz frische Luft zu schnappen. Während dieser kurzen Zeit war unser Top-Thema „das Gebet“.
Und prompt tauchen Fragen über Fragen auf: Warum ich fünfmal täglich bete, ob es nicht ansträngend sei, etc. Nun, die Antwort ist ganz simpel! Doch schnell merkte ich, dass für meine Mitarbeiterinnen (und ich rede nicht nur von Nichtmusliminnen) das Gebet keine hohe Stellung in ihrem Leben hat. Für sie ist das Gebet nur eine Zuflucht, wenn wir uns in einer schwierigen Lage befinden. Für sie heißt es nämlich: „Nur labile Menschen beten“.
Selbstverantwortlich oder doch nicht…?
Es ist schon traurig, dass für eine Person, die sich als Muslim bezeichnet, das Gebet nicht vorranging ist. Wobei „as-Salat“ (arab. das Gebet) die Stützpfeile der Religion ist. Meist wird die Schuld auf die Eltern geschoben. Darauf folgen solche Äußerungen wie: “Meine Eltern beten selber nicht, sie haben es mir nie beigebracht und deshalb weiß ich auch nicht, wie das Gebet verrichtet werden soll. Aber wenn ich alt bin, werde ich, so Gott will, anfangen zu beten, denn eines Tages wird mir Allah schon den geraden Weg zeigen.”
Mag sein, dass der einen Schwester oder dem anderen Bruder die Eltern das Gebet nicht lehrten. Aber wie ist es denn möglich, dass konvertierte Glaubensgeschwister, deren Eltern Nichtmuslime sind, das Gebet schon nach kurzer Zeit in und auswendig beherrschen? Ganz klar, weil dies mit dem Willen und der Motivation zusammenhängt. Denn wenn du deine Diplomarbeit mit Bravour meisterst, sind nicht deine Eltern der Grund, sondern ganz allein DU selbst.
Der Erwerb von Wissen
Der Aufruf Wissen, sowie Weisheit zu suchen und sich anzueignen ist ein wesentlicher Bestandteil unserer islamischen Lehre. Wenn wir zurück zu unseren Wurzeln gehen, können wir auch da sehen, dass Allah seine Offenbarung zum Propheten Muhammed (sas) gewiss mit „Iqraa“ (arab. Lies!) angefangen hat.
Lies im Namen deines Herrn, Der erschuf. Er erschuf den Menschen aus einem Blutklumpen. Lies; denn dein Herr ist Allgütig, Der mit dem Schreibrohr lehrt, lehrt den Menschen, was er nicht wußte.“ (Sura 96 Vers 1-5)
Durch diese ausgezeichnete Motivierung zum Lesen, Schreiben und Lernen öffnet uns Allah allen das Tor zum Wissen. Was für eine Gnade! Zusätzlich können wir heutzutage viel einfacher an Wissen gelangen, durch Bücher, Medien, Internet usw. Leider machen wir aber von diesen aufgezählten Quellen wenig bis gar kein Gebrauch. Dann sag mir, wie wollen wir denn jemals lernen, wenn wir uns keine Zeit dafür nehmen, uns hinzusetzen, nachzuschlagen, nachzulesen und nicht anfangen uns mit dem Qur’an und der Sunna zu beschäftigen?
As-Sirat al-Mustaqeem
Jeder von uns wünscht sich von Herzen, dass er/sie eines Tages den geraden Weg einschlägt, um den wir täglich bei Allah zu jeder Gebetszeit in der Sure “Al-Fatiha” (arab. die Eröffnende) bitten: “Führe uns den geraden Weg…” [1:6]
Doch wie wollen wir denn den geraden Weg finden, wenn auf unserem Weg überzählige Steine rumliegen, die wir noch beseitigen müssen? Wie wollen wir den geraden Weg einschlagen, wenn wir nicht den Propheten Muhammed (sas), sondern jemand anders als Vorbild nehmen. Sei es ein Fussballspieler, Sänger, Schauspieler oder irgendjemand aus der Welt der Reichen und Schönen. Dabei versuchen einige von uns diese Personen nachzuahmen, indem sie morgen zum Coiffeur gehen um den gleichen Haarschnitt zu haben wie sein bzw. ihr Vorbild. Man gibt viel Geld für die Markenkleider aus, um das zu kaufen was das “ideale” Vorbild gestern noch an hatte? Denn wenn jemand nicht das Äußere der diesseitigen Zeit annimmt, wird als “unmodern” bezeichnet. Um dem geraden Weg zu folgen, müssen wir einzig nur das schönste Vorbild, das Allah uns herabgesandt hat, nehmen. Denn nur er ist das beste Beispiel für Vollkommenheit. Nur er, Frieden und Segen auf Ihm, ist ein Symbol des Gleichgewichts zwischen Ideologie und Praxis.