Besuch von der Schwiegermutti. Oder: Meine persische Familie und ich

Von Teilzeitmutter
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich eine multikulturelle Ehe führe? Mein Mann kommt gebürtig aus dem Iran - ich bin also mit einem waschechten Perser verheiratet. Als wären die Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein (und ich meine da nicht die körperlich offensichtlichen) nicht eh schon groß genug, kommt bei uns nun noch kulturelle Differenzen dazu. Und der Umstand, dass ab und zu Besuch der kreuz und quer über dem Globus verstreuten Verwandten ansteht. Zurzeit ist meine Schwiegermutter aus Teheran Gast in unserem Haus. Und das nicht nur für einen Kaffee am Nachmittag  - nein für ganze zwei Monate!
Nun ist das mit den Schwiegermüttern ja so eine Sache. Die meisten Frauen, die ich kenne, sind froh, wenn sie nicht allzu oft, allzu intensiven Kontakt hegen müssen. Denn die Meinungen zur Pflege von Mann und Kindern gehen da oft weit auseinander. Gut also, wenn man sich da nicht in die Quere kommt. Da ein zwischen dem Iran und Deutschland nicht nur tausende von Kilometern liegen, sondern auch Visumpflicht herrscht, sind Besuche eher selten, dafür aber umso länger. Schließlich muss das gewährte Zwei- oder Dreimonatsvisum voll ausgenutzt werden.
Seit 2 Wochen ist Mamani (= Oma) nun also bei uns - und ich muss sagen. Es ist gar nicht mal so schlecht. Dabei hatte ich vor ihrer Ankunft echte Bauchschmerzen. Mir war unsere letzte längere Begegnung noch in verstörender Erinnerung.

Kurzer Rückblick

Damals war sie kurz vor unserer Hochzeit zu uns gekommen. Und das nicht alleine. Zeitweise lebten 10 (!!) verwandte mal mehr, mal weniger bei uns. Eine angemietete Ferienwohnung diente als Ausweichlager. Welch ein Kulturschock! Ich könnte über diese Zeit einen Roman verfassen, versuche, mich aber kurz zu fassen: Ich erlebte den Besuch als Invasion, als feindliche Übernahme. Sie eroberten das Haus, spielten laute, persische Musik, stopften die Küchenschränke mit exotischen Gewürzen voll und feierten nächtliche Kochsessions. Sie putzten ungefragt, alles, was nicht sauber genug erschien (und das war in ihren Augen wohl so ziemlich alles) und dekorierten spontan um. Sie belagerten den ganzen Tag meine "Wohlfühloase", in der ich mich schon lange nicht mehr wohl fühlte. Ich war plötzlich Fremde im eigenen Haus.
Dementsprechend traumarisiert sah ich den erneuten Schwiegermutterbesuch entgegen. Nun gut, diese Mal sollte sie alleine kommen. Welch ein Segen! Und tatsächlich hat sich ihr Besuch als genau dieser herausgestellt. Denn Mamani ist ein Engel!

Ode an "Mamani"

Trotz unserer Sprachbarriere (ich spreche kaum Farsi, sie kein Deutsch und wenig Englisch) verstehe wir uns blendend. Sie ist wie ein kleines Heinzelmännchen, sie putzt, saugt, kocht, poliert und hält mir den Rücken frei. Einzig die Wäsche habe ich zu meinem Hoheitsgebiet erklärt. Und sie hält sich dran. Ich habe beschlossen, mich einfach entspannt zurückzulehnen und die Vorzüge einer kostenlosen Haushaltshilfe zu genießen. Jeden Morgen kümmert sie sich um die Maus, während ich in Ruhe dusche, und wenn wir nachmittags von der Arbeit und Krippe nach Hause komme, betrete ich eine fast antiseptisch reine Wohnung. Abends können mein Mann und ich ruhigen Gewissens weggehen, Mamani ist ja da. Und bei allem ist sie nie aufdringlich. Sie lässt uns unseren Freiraum, zieht sich auf ihr Zimmer zurück, wenn sie das Gefühl hat, wir 2 bräuchten jetzt mal Zeit für uns.  Und da wir nicht die selbe Sprache sprechen, kann sie mir auch nicht in die Kindererziehung reinreden. Natürlich gibt es da Sachen, die sich anders mache, die mir nicht gefallen. Ich finde es zum Beispiel nicht gut, dass sie ständig Rosinen in der Tasche hat und sie der Kleinen wie Hundeleckerli pausenlos in den Mund steckt. (Ok, sie giert mittlerweile auch schon danach.) Ich finde es auch nicht gut, dass  sie das Kind immer auf den Tisch setzt, statt auf den Stuhl - das gehört sich doch nicht. Ich finde sich nicht, dass man nach jeder Berührung mit fremden Oberflächen großzügig mit Sagrotan abgeduscht wird. Und laute Musik beim Abendessen muss meines Erachtens auch nicht sein. Aber: Sie ist eben die Oma. Sie darf und muss verwöhnen und alles anders machen. Und es ist ja nur für kurze Zeit. Wenn sie im April abreist, wer weiß, wann wir uns wieder sehen.
Apropos Abreise. Eigentlich war geplant, dass Mamani Ende der Woche die Stadt verlässt, um ihrer Tochter mit ihren 2 kleinen Kindern, die zurzeit in Deutschland weilt, zur Hand zu gehen. Eigentlich. Denn ich habe festgestellt, dass Perser wohl nicht so gerne Pläne machen. Ständig ändern sie diese, also habe ich aufgegeben nachzufragen. Aber es sieht wohl so aus, dass Mamani uns länger erhalten bleibt. Vielleicht noch bis zum 9. April. Dann läuft nämlich das Visum aus.
Diese Verlängerung finde ich ehrlich gesagt dann doch nicht so spaßig. Denn Fakt ist, dass ein Gast im Haus ist,  um dem man sich kümmern muss - auch wenn sie zum Glück nichts erwartet. Und das ist nicht selbstverständlich. Eigentlich ist der Gast in der persischen Kultur (und nicht nur in dieser) der König. Und ältere Leute sowieso. Sie werden pausenlos umsorgt, bekocht. Zum Glück, ist sie Mamani da pflegeleichter. Das Anstrengende ist nur das persische "Taarof" - eine besondere Höflichkeitsform. Diese beinhaltet zum Beispiel, dass man 3 x "Nein" sagen muss, wenn man gefragt wird, ob man was essen oder trinken wolle, und erst dann annehmen darf. Faktisch heißt das (und das bei meinen eh bescheidenen Gastgeberqualitäten), dass die Oma aus Persien kurz vorm Verhungern und Verdursten steht.  - Ich habe gerade den Faden verloren. Was ich sagen wollte. Mamani ist toll, aber 2 Monate Besuch doch ganz schön lang. 
Wie versteht Ihr euch mit Euren Schwiegermüttern? Habt ihr etwa auch mit unterkulturellen Differenzen zu kämpfen? (Wäre eigentlich ein schönes Thema für eine Blogparade, aber mir steckt die letzte noch in den Knochen, und ich habe keine Lust auf lange Auswertungen. ) Freue mich aber über Kommentare zum Thema.