Am 100. Internationalen Frauentag besuchten Stefan Liebich und Minka Dott (Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, dort Mitglied des Rechtsausschusses) die Justizvollzugsanstalt für Frauen in der Pankower Arkonastraße. Für Stefan und mich war es der erste Besuch in einer JVA. Diesen Tag für die Rechte der Frau nahm er zum Anlass, den dort Inhaftierten über die Schulter zu schauen und - viel wichtiger - mit ihnen über ihr Leben dort zu sprechen.
ECO-PC Projekt
Foto: © JVAF
Das ECO-PC-Projekt des gemeinnützigen Trägers Die Wille lernte Stefan durch die JVA-Zeitung „Böze Mädchen“ kennen. Hier prüfen die Frauen ausgesonderte Computer auf Funktionsfähigkeit und reparieren sie, um sie dann Schulen oder anderen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen - bis hin nach Afrika. Dieses Projekt bringt außer der Beschäftigung noch viel, viel mehr: Um an den Rechnern arbeiten zu können, sollte man die deutsche Sprache gut können. Aus einem Sprachunterricht in der JVA heraus entstand dann die Idee, die Zeitung „Böze Mädchen“ herauszugeben.
Damit schließt sich ein wichtiger Kreis: Von der Arbeit mit den Händen über die Arbeit mit dem Kopf bis hin zur Auseinandersetzung mit den eigenen Gefühlen und der Lebenssituation. Darüber schreiben die Frauen beeindruckend direkt und gefühlvoll, natürlich auch über Gewalt, Ängste, Wünsche und Sorgen. Leider ist dieses wunderbare Projekt finanziell nicht gesichert, weshalb sich Minka Dott und Stefan beim Berliner Senat dafür einsetzen werden. Er sagte zu, sich bei seinen nächsten außenpolitischen Afrika-Reisen dort nach neuen ECO-PC-Kooperationspartnern umzuhören, außerdem überreichte er eine Spende für das Projekt an den Förderverein.
Mutter-Kind-Bereich
Foto: © JVAF
Anschließend konnten wir - natürlich mit Genehmigung der Frauen - in einige private Bereiche schauen. So sahen wir einen Mutter-Kind-Bereich, Gemeinschaftsräume, kleine Küchen und Einzelunterbringungen. Die überwiegend langzeitinhaftierten Frauen bemühen sich, ihrem Umfeld eine gewisse Gemütlichkeit zu geben. Die Räume, die wir sahen, gingen auf den gepflegten, aber recht kleinen Freigang-Hof hinaus. "Der Hofblick ist besser. Er spiegelt die Realität wider und weckt keine nicht stillbaren Wünsche durch den Blick auf das Leben draußen", so eine der inhaftierten Frauen.
Innenhof
Foto: © JVAF
Dieser Vormittag endete mit den respekteinflößenden Rufen: TÜREN ÖFFNEN! - TÜREN SCHLIESSEN! Spätestens da war uns klar, dass das ein außergewöhnlicher Besuch war. Vielen Dank auch an Herrn Blümel und Frau Leschorn von der JVA sowie die Vertreter von Die Wille. Wer gebrauchte Computer übrig hat oder für eine Einrichtung oder Projekt benötigt, wende sich bitte an die
JVA für Frauen Berlin, Bereich Pankow. Und bei der Gelegenheit bitte auch gleich die „Bözen Mädchen“ abbonieren - oder, wenn möglich, an das Projekt spenden!