Luise liebt das Theater und so werden Freundinnen, die zu Besuch kommen, meist zu, Theaterspielen verdonnert. Weil aber mit einer oder zwei Freundinnen kein grosses Ensemble zusammenkommt, ist Luise stets auf der Suche nach Statistinnen. Diese sind in unserer Familie aus bekannten Gründen rar, weshalb ab und zu ein kleiner Bruder als Mädchen hinhalten muss. Gestern war das Prinzchen dran. Mit blau lackierten Nägeln, geschminkten Lippen und einem hellgrünen Feenkostüm verwandelte sich unser Jüngster in die kleine Sophia, die nicht so recht wusste, was um sie herum gespielt wurde. Nachdem das Stück zu Ende war, war es bald einmal Zeit zum Schlafen und so blieben die Fingernägel eben blau. Macht ja nichts, in diesem Alter wird man noch nicht ausgelacht, wenn man nicht ganz dem Klischee entspricht, dachten wir.
Nun hat aber das Prinzchen seit einiger Zeit hat er einen richtig guten Freund. Einer, der mit ihm Bauarbeiter spielt. Einer, der sogar einen echten Bauarbeiter zum Papa hat. Einer, mit dem er all das spielen kann, was seine grossen Geschwister schon längst als Kleinkinderkram abtun. Diesen Freund traf er heute im Kindergottesdienst. Freudestrahlend rannten die zwei Jungs einander entgegen, doch plötzlich schlug das Prinzchen peinlich berührt seine Hände mit den blau lackierten Nägeln vors Gesicht. “Nicht auslachen!”, flehte er seinen Freund an “Luise hat mich angemalt.”
Der andere Junge erwies sich als echter Freund, er lachte das Prinzchen nicht aus, sondern schaute ihn nur etwas ratlos an. Da er keine grosse, sondern eine kleine Schwester hat, sind ihm Nagellack & Co. noch fremd und so hiess er das Prinzchen auch mit blauen Nägeln auf der Baustelle willkommen.
Ich fürchte, Luise wird dennoch neue Statistinnen suchen müssen. Ein zweites Mal wird sich das Prinzchen wohl kaum mit lackierten Nägeln in der Öffentlichkeit zeigen.