Seit ich mich in das Heer der von erworbener Hirnschädigung betroffen eingereiht habe sind fast 14 Jahre vergangen in denen sich viel verändert hat.
Neue Probleme sind mit den Veränderungen aufgetreten.
Erst einmal denke ich, dass sich das Bewusstsein bei der breiten Masse der Bevölkerung für das Thema erworbene Hirnschädigung weiter geöffnet hat.
Wenn es sich auch weitestgehend auf Schlaganfall bezieht.
Das reicht vom Menschen der überhaupt keine Berührungspunkte mit dem Thema hat bis zum Hausarzt. Ich hab die letzten Ärzte gesehen die der Meinung waren: “was nach zwei Jahren nicht wieder da ist kommt nie wieder”. Denen war das Prinzip der Plastizität des Gehirns unbekannt. Obwohl es schon 1949 entdeckt wurde.
Es gab damals sehr viele Hausärzte, die verstanden nur schleppend, dass Therapien nicht vom Kontinent abgehen.
Auf der anderen Seite gibt es kaum eine Familie die nicht mit dem Thema Schlaganfall Berührung hatte.
800 Schlaganfälle gibt es jedes Jahr im Vogtlandkreis. Über 80% der Patienten überleben, Tendenz steigend.
Dazu kommen noch die Schädel-Hirn-Traumata, Tumore, Sauerstoff-mangelerscheinungen aus anderen Gründen. Das sind auch noch mal 400-600 Patienten. Und das jedes Jahr zusätzlich zu den schon bestehenden. Kein Wunder, dass man es auch die „stille Epidemie“ nennt.
Wobei erworbene Hirnschädigungen langwierig sind. Ein Patient mit Herzinfarkt ist in der Regel nach mehreren Monaten austherapiert und medikamentös eingestellt und steht dem ersten Arbeitsmarkt wieder zur Verfügung.
Ein Mensch mit erworbener Hirnschädigung braucht oftmals jahrelange, wenn nicht lebenslange Therapien.
Ein Gesundheitssystem, dass das aushält muss stark sein.
Zudem gibt es Veränderungen durch die Forschung.
So entwickelt sich die Sicht auf Kindliche Schädel-Hirn-Traumata, da einige Fähigkeiten des Kindes erst im laufe seiner Entwicklung beginnen und herkömmliche Diagnoseverfahren hier nicht funktionieren.
Und es hierbei zu einer anderen Bewertung der Inklusion im Bildungsprozess führt, nämlich Förderung vor Inklusion. Bis der Anschluss an die normale Entwicklung des Kindes vollzogen ist.
Alles in allem hat es zu einem neuen Behinderungsbegriff geführt.
Die ganzen Veränderungen um den Begriff Barrierefreiheit, von der vor 14 Jahren auch fast noch niemand gesprochen hat. Politische Entscheidungen sind auch einige gefallen, die wirklich tiefgründig sind. Deutschland hat die Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Das Teilhabegesetz ist erlassen worden. Die Sozialgesetzbücher sind im Text verändert worden.
So wäre noch Vieles aufzuführen was sich verändert hat. Doch am meisten habe ich mich verändert. Vor 13 Jahren hab ich noch dem hinterher getrauert was ich nicht mehr kann. Jetzt zähle ich die Sachen auf die ich kann. Meine Einschränkungen sind Teil von mir geworden. Ich stehe einem Verein vor mit fast 100 Mitgliedern vor.
Advertisements