Beschwerden erwünscht oder Wenn Frauen Schuhe kaufen

Von Gaby Feile
Beschwerden erwünscht oder Wenn Frauen Schuhe kaufen
Dubai alias „Do Buy“ ist weltweit als Einkaufs-Mekka bekannt. Touristen wie Einwohner bevölkern die zahlreichen Einkaufszentren und Souks, auch weil es sonst nicht viel zu tun gibt. Außer vielleicht, sich die Nägel machen zu lassen. Meine letzten Stunden bevor ich zum Flughafen muss, um nach Europa zu fliegen, sehen genau so aus: ich bekomme eine Mani- und Pediküre in Ibn Battuta (Einkaufszentrum) und als der Lack trocken ist fahre ich zum Festival Centre (Einkaufszentrum), um meine letzte Woche dort gekauften Schuhe weiten zu lassen (und um ein bisschen einzukaufen natürlich). Die Schuhe sind rot und sehr bequem (da flach), dennoch sind sie ein bisschen eng an der Spitze. Als ich sie kaufte, meinte die Verkäuferin, ich solle sie mal ein bisschen einlaufen, und falls sie nicht weiter werden, zurück kommen, um sie weiten zu lassen.  
„Das mache ich“, denke ich und betrete den Laden mit den Schuhen im Originalkarton und dem Originalkassenzettel. Die Verkäuferin erkennt mich sogar wieder und fragt, ob das andere Paar Schuhe, das ich gekauft hatte, passt, was ich bejahe. Ich nutze die Gelegenheit und erinnere sie an ihr Angebot, die Schuhe zu weiten. Sie bedauert, dass sie das hier nicht machen können, aber ihr Kollege, den sie mir mit einer Handbewegung vorstellt, wird gerne mit mir in ihren Partnerladen gehen, wo es eine Maschine dafür gibt. Der Verkäufer nimmt den Karton, in welchem auch die Quittung liegt, und wir gehen vom einen Ende der Ladenstraße fast zum anderen und außerdem ein Stockwerk tiefer. Während der Wanderung samt Plauderei erfahre ich unter anderem, dass der junge Mann aus Usbekistan kommt. Beim zweiten Laden angekommen, sagt man mir, dass das Ganze nicht länger als 15 Minuten dauert und bietet mir einen Platz an. Ich beäuge in der Zwischenzeit die Regale, es könnte ja sein, ich finde hier noch bessere Schuhe. Ich habe sogar noch Zeit, zum Concierge zu gehen, um eine Information zu bekommen, die mir hier irgendwie keiner geben kann. Als ich zurück komme ist das Weiten beendet, die Schuhe sind jedoch immer noch zu eng. Also schlägt der hier beschäftigte, ältere Verkäufer vor, ich solle sie doch eine Nummer größer anprobieren. 
So gehen wir wieder zurück ans andere Ende und einen Stock nach oben. Die Mädels im ersten Laden warten und lächeln, bis ich ihnen sage, dass das Unterfangen nicht geglückt war. Sie finden tatsächlich noch ein Paar eine Nummer größer im Lager, und ich probiere sie: zu groß und zu weit ist leider das Ergebnis. Ich will diese Schuhe wirklich gerne haben, aber ich habe auch dazu gelernt und kaufe keine Schuhe mehr, die nicht passen, nur um sie dann ins Regal zu stellen und irgendwann in die Altkleidersammlung zu geben. Als ich deshalb erwähne, dass ich die Schuhe wohl zurück geben muss, antworten beide anwesenden Verkäuferinnen wie aus einem Mund: „Wir geben kein Geld zurück.“ Und, hatte ich das gefordert? „Sie können sich andere Schuhe dafür aussuchen.“ Erstens gibt es keine anderen Schuhe, die ich wollte, und zweitens habe ich keine Zeit, diese durchzuschauen. Ich muss schließlich einen Flieger erreichen. Den letzten Teil sage ich laut und biete gleichzeitig an, dass ich gerne eine Gutschrift nehme. Die Antwort ist: „Wir haben keine Gutscheine hier.“ Langsam aber sicher werde ich ärgerlich und sage schnippisch: „Das ist nicht mein Problem, sicher können Sie in Ihrem Partnerladen einen besorgen.“ Am Gesicht der einen Verkäuferin (ich denke, sie ist die Vorgesetzte der anderen) kann ich sehen, dass sie nervös ist was sich bestätigt, als sie zum Telefon greift und ihren Chef anruft.
Währenddessen drehe ich mich zu dem Usbeken und sage ihm, dass die Quittung im Karton liegt, da ich weiß, dass das die nächste Frage sein wird. Er nimmt die Schuhe aus der Schachtel und ebenso das Papier, findet aber den Zettel nicht. Jetzt schäume ich wirklich, vor allem, da ich merke, dass er mir nicht glaubt. Ich bin 100 % sicher, dass der Zettel in der Schachtel war als ich sie auf diesen Tresen gestellt habe. Also bestehe ich darauf, dass er im anderen Laden anruft, weil der Zettel dort vermutlich rausgefallen war. Anstatt Verständnis aufzubringen, sagt der junge Mann doch tatsächlich: „Sie sollten die Quittung nicht im Karton sondern in Ihrer Tasche aufbewahren.“ Wie kann er es wagen? Ich weise ihn zurecht und sage: „Sie sollten mir nicht befehlen, wo ich meine Quittungen aufbewahren muss!“ Seine Kollegin hat mittlerweile aufgelegt und versucht, uns zu beruhigen. Sie gibt mit einem Lächeln bekannt, dass der Chef eine Barauszahlung ausnahmsweise genehmig hat. Um mein Geld zu bekommen, muss ich allerdings erstmal kleine Scheine herausrücken, da sie kein Wechselgeld haben. Auch das tue ich, und während wir die Sache abschließen, kommt ein Fax vom andern Laden mit meiner Quittung.  Sie war also dort! „Sie hatten recht“, ist das einzige was der Verkäufer sagt, er ist nicht mal anständig genug, sich zu entschuldigen. Da auf der Quittung ein zweites Paar Schuhe vermerkt war, will ich eine Kopie, was die hier nicht so richtig verstehen. Ich muss aber nichts mehr sagen, nach einem Blick auf mein Gesicht, macht der junge Mann die Kopie. Ich murmle ein Dankeschön und verlasse schnell den Laden, erleichtert und erbost zugleich.  
Wenn sie etwas mehr Talent für den Umgang mit der Situation, die nur durch ihre Inkompetenz zur Beschwerde wurde, gezeigt hätten, würde ich ja wieder mal in den Laden gehen. Die Angestellten zu beschuldigen, ist aber wohl nicht fair. Unternehmen in Dubai mussten sich bisher nicht um Beschwerden kümmern, da auf jeden enttäuschten Kunden zehn andere kamen, die meisten Touristen, die eh nie mehr zurück kommen. Aber jetzt haben sich die Zeiten geändert und Ladenbesitzer sollten ihre Mitarbeiter mit den wichtigsten Regeln zum Umgang mit Beschwerden vertraut machen. Diese sind:
  • Nehmen Sie jede Beschwerde als Geschenk an und sind Sie dankbar, dass der Kunde IHNEN sagt, was ihm nicht gefällt, anstatt mit allen anderen Leuten darüber zu sprechen oder dies gar per Twitter zu verbreiten.  
  • Zeigen Sie Anteilnahme für die Enttäuschung des Kunden und verstehen Sie die Situation, in welcher der Kunde sich befindet.  
  • Hören Sie zu, was der Kunde zu sagen hat und reagieren Sie darauf. Setzen Sie nichts voraus und beißen Sie sich lieber auf die Zunge, als ihn oder sie zu kritisieren.  
  • Achten Sie auf die Körpersprache und auf die Stimmlage, um die Gefühle des Kunden einzuschätzen.
  • Finden Sie heraus, was der Kunde erwartet. Falls das nicht offensichtlich ist, fragen Sie. Übertreiben braucht man es allerdings nicht, jegliche Erstattung sollte in einem adäquaten Verhältnis zur Ursache der Beschwerde stehen. 
  • Geben Sie, wenn möglich, dem Kunden eine oder mehrere Lösungen zur Auswahl.  
  • Denken Sie immer daran, dass es nicht um Sie persönlich geht. Es geht um ein Missverständnis, das Sie aufklären können.  
  • Das Ziel sollte immer sein, dem Kunden ein gutes Gefühl zu geben. Wir wollen den Kunden behalten, nicht verlieren.  
  • Wenn Sie mit der Beschwerde professionell umgehen gewinnen Sie nicht nur einen verlorenen Kunden zurück. Sie erhalten außerdem viel positive Werbung für sich wenn der Kunde sein Erlebnis seinen Bekannten mitteilt. 
  • Beenden Sie jede Beschwerde positiv, sodass der Kunde immer mit einer schönen Erinnerung Ihr Geschäft verlässt.  
 
Und das können wir daraus lernen:
Auch ein Einkaufs-Mekka bietet nicht automatisch guten Service.
Man kann nie einen Streit mit einem Kunden gewinnen.  
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