Marlene Rupprecht von der SPD hat in einem Tagesschau-Interview eine klare Stellungnahme gegen die Beschneidung abgegeben. Dass aber sogar Regierungsmitglieder von einer Abstimmung abgehalten werden, hat mich fast ebenso bestürzt wie etliche Argumente der Befürworter. So werden also Abstimmungen mehrheitsfähig gemacht. Wenn man sich den Gruppenzwang in der Regierung anschaut, kann man erahnen, welcher Gruppenzwang innerhalb der Religionen herrscht und Widersprüche bei einigen Gruppierungen nicht geduldet werden. So wundert es auch nicht, dass viele Eltern, die eine Beschneidung im Grunde genommen ablehnen, diese trotzdem durchführen lassen.
Nachfolgend nun das Interview im Wortlaut zwischen Marlene Rupprecht und Lioba Werrelmann (WDR).
Marlene Rupprecht und ihr Kampf gegen die Beschneidung
Moderatorin: Sie sitzt seit 16 Jahren für die SPD im Bundestag. Wann immer es darum geht, die Rechte der Kinder durchzusetzen, marschiert sie vorne weg. Gestern ist ihr der Kragen geplatzt. Marlene Rupprecht stand mitten in der Sitzung zur Beschneidung von Jungen auf und meldete sich zu Wort – sie hatte gar kein Rederecht. Sichtlich bewegt fragte die 64-Jährige, ob man nicht auch auf die hören müsse, die sich nicht zu Wort melden könnten, die Kinder!
Marlene Rupprecht: die Kinderrechte und die Kinder waren überhaupt nicht im Blick der Redner.
Moderatorin: Für die habe sie ihre Stimme erhoben, sagt es und holt aus ihrer Handtasche 2 Minibücher hervor, die sie immer dabei hat. Eines enthält das Grundgesetz und die bayrische Verfassung, eines die UN-Kinderrechtskonvention. Die UN-Kinderrechtskonvention ist seit letztem Jahr uneingeschränkt in Deutschland gültig.
Marlene Rupprecht: Alles was z.B. das Parlament macht, muss immer unter dem Gesichtspunkt des Wohl des Kindes getan werden und dieses Wohl des Kindes hat eindeutig den Vorrang vor allen anderen Prinzipien.
Marlene Rupprecht: Nirgendwo steht, dass das Elternrecht so weit ausgelegt werden kann, das es Kinder verletzten darf.
Moderatorin: Auch die Religionsfreiheit habe ihre Grenzen.
Marlene Rupprecht: und da endet die Religionsfreiheit, wenn die Unversehrtheit eines Kindes beeinträchtigt wird. Die Eltern sollen erziehen dürfen, aber sie haben gleichzeitig die Pflicht, das auf die Basis des Grundgesetzes zu machen.
Moderatorin: Sowieso gelte in Deutschland das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Der Mehrheit ihrer Kollegen stellt die SPD-Abgeordnete Rupprecht kein gutes Zeugnis aus.
Marlene Rupprecht: Ich will jetzt niemandem zu Nahe treten, aber ich glaube, das die Kinderrechte niemand kennt.
Moderatorin: Immerhin in ihrer eigenen Fraktion hatte sie die Abgeordneten noch kurz vor der Bundestagssitzung tief beeindruckt, einfach in dem sie ihnen die Rechtslage erläuterte.
Marlene Rupprecht: ich würd sagen, wenn wir gestern darüber in der Fraktion abgestimmt hätten, hätt ich die Mehrheit gekriegt.
Moderatorin: Auch in den Regierungsparteien, sagt Marlene Rupprecht, gebe es viele Abgeordnete, die die Kinderrechte schützen wollen. Die seien aufgefordert worden, vor der Abstimmung das Plenum zu verlassen. Ihre Lösung für das Dilemma: die Beschneidung an kleinen Kindern nur symbolisch vornehmen und die Jugendlichen mit 14, wenn sie ihre Religion frei wählen können, selbst entscheiden lassen.
Marlene Rupprecht: In Großbritannien wird das inzwischen gemacht in etlichen jüdischen Gemeinden, dass man symbolisch mit einem Messer, das stumpf ist, quasi an den Penis fasst und damit hats sich.
Moderatorin: der Staat – sagt Marlene Rupprecht – muss sich und seine Gesetze ernst nehmen und religiösen Gruppen auf Augenhöhe begegnen.
Marlene Rupprecht: Das ist so tief in meinem Kopf und meinem Herzen verwurzelt, über Menschenrechte und Kinderrechte kann man nicht verhandeln. Tagesschau
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