Luise lud zur Geburtstagsparty ein und die Hälfte der Eingeladenen konnte nicht kommen. Die einen mussten sich auf ihre erste Kommunion vorbereiten, die Lieblingscousine war zu einer anderen Party eingeladen, eine der drei besten Freundinnen war krank. Die Glucke in mir konnte das kaum ertragen. Da freut sich das arme Kind ein Jahr lang auf ihr Fest und dann läuft alles irgendwie krumm. Wie soll sie bloss damit fertigwerden? Hätten wir nicht ein besseres Datum aussuchen können? Wird sie uns diesen Fehler je verzeihen? Ob sie sich zurückgewiesen und ungeliebt fühlt? War nicht mein eigener neunter Geburtstag ähnlich schlimm? Als meine Eltern vergassen, mir etwas zu schenken und ausser dem Freund meines Bruders, den ich nicht mochte, niemand zu Besuch kam? Arme, arme Luise! Ich mag gar nicht dran denken, wie mies sie sich wohl fühlt, sonst kommen mir die Tränen. Das wird die schlimmste Geburtstagsparty ihres Lebens, das traurige Kindheisterlebnis, von dem sie noch ihren Urenkeln erzählen wird – mit einem dicken Kloss im Hals.
Ich war nicht gerade zuversichtlich, als wir die fünf kleinen Gäste in Empfang nahmen. Doch dann überhäuften sie Luise mit sorgfältig ausgewählten Geschenken, hatten einen Riesenspass bei den Spielen, machten sich mit Feuereifer ans Basteln, stürzten sich mit grossen Appetit auf die Pfannkuchen, waren nett und höflich zu “Meinem” und mir, freuten sich an Luises kleinen Brüdern und an den Katzen und als alle wieder weg waren, mussten “Meiner” und ich uns eingestehen, dass wir noch nie eine so gelungene Geburtstagsparty hatten.
Tja, meine liebe Glucke, erspare dir bitte beim nächsten Mal die Schwarzmalerei, hilf mir stattdessen bei den Vorbereitungen und vor allem freue dich darüber, dass es Luise nicht auf die Menge der Gäste, sondern auf die gute Stimmung ankommt.