Bernd Gaspers “Refugien” – Momente der Geborgenheit

Bernd Gaspers “Refugien” – Momente der Geborgenheit

Bernd Gaspers “Refugium”

Ein Stein, von der Erde aufgenommen und schwer in der Handfläche, ist nicht nur ein Gebilde aus fester mineralischer Masse. Ein Stein trägt die gesamte Energie der Landschaft in sich, aus der er hervorgegangen ist. In diesem Fall sind es sanfte grüne Hügel und großflächige Getreidefelder, über die der Regen wie ein Schleier fällt und die Sonne das satte Weizengelb zum Leuchten bringt. Fundsteine der Eifellandschaft rund um Zülpich-Linzenich bilden die Grundlage für die fragilen Kunstobjekte, die die Aufmerksamkeit auf den aufstrebenden Künstler Bernd Gaspers ziehen.

Steine, auch Metall oder Holz, bilden die Grundlage seiner flexiblen Gebilde, die sowohl frei im Raum stehen als auch als Wandschmuck fungieren. Gespannte feste Schnüre, stärkere Seile und zarte Fäden treten in Beziehung zu den harten Grundlagen und nehmen den Dialog auf – das Schwere wird leicht, das Leichte erhält Bodenhaftung.

“Im Wesentlichen interessiert mich das Wirkungspotential des gespannten Materials auf sein unmittelbares Umfeld.”
Bernd Gaspers

Auch die Umgebung ist wichtig – die Fäden, Seile und Schnüre sind über die Grenzen hinaus gespannt und finden Halt an Balken, Türstürzen, Wandhaken, die sowieso da sind, weil sie hier gebraucht werden. Ihre Schatten, die das genau justierte Licht hervorbringt, gehören dazu, denn wie auch im realen Leben hört nichts an der sichtbaren Grenze auf.

Überall dabei ist der rot-weiße Faden, der an ein flatterndes Absperrband erinnert und den Blick als erstes auf sich zieht. Wie ein Absperrband ein Bodenterrain vor unbefugtem Zutritt sichert, so weist auch der rot-weiße Faden auf ein besonderers Terrain hin.

Jedes sich nach Innen wenden hat Auswirkungen im Außen. Refugium 2, Bernd Gaspers

Jedes sich nach Innen wenden hat Auswirkungen im Außen.
Refugium 2, Bernd Gaspers

“Was will uns der Künstler damit sagen?” ist eine der häufigsten Fragen in der Geschichte der Kunstbetrachtung. In diesem Fall: Nichts. Der Künstler will nichts sagen, sondern dem Betrachter ein Refugium schaffen, in dem die Seele Raum hat – Zutritt für andere verboten. Bernd Gaspers Steinobjekte sind Einladungen zur meditativen Betrachtung und zum Austausch mit der eigenen inneren Stimme. Zur Ruhe kommen. Auf sein Herz hören. Momente der Geborgenheit.  Momente, flatterhaft wie ein Absperrband im Wind, und doch festgehalten im Stein. Momente, die Nachwirkungen haben wie die Fäden Schatten.

Selbst Menschen, die nach eigenen Worten “nichts von Kunst verstehen” und sich in ihrem Alltag auch nicht damit beschäftigen, wie der langjährige Postbote oder die 76jährige Bauersfrau, die im Juni ihren Hof als Ausstellungsraum erstmals zur Verfügung stellte, sind von Gaspers Objekten fasziniert. Berührungsängste “zum Künstler” kennen sie nicht, denn Bernd Gaspers ist einer von ihnen. Der freundliche, ruhige Mann von nebenan, der seit 1980 mit seinen Objekten an Kunstausstellungen im Dreiländereck bis rauf nach Köln, Bonn und Trier teilnimmt. Der von der Eifel aus über Grenzen geht – Frankreich, Schottland, bis nach Chile hat ihn seine Kunst gebracht. Aber ursprünglich ist er gelernter Schriftsetzer, hat seine Ausbildung bei der Kölnischen Rundschau durchgezogen. Dass er an der Fachhochschule in Düsseldorf visuelle Kommunikation, Grafik und Objektdesign studiert hat, haben ihm die Dorfbewohner längst verziehen. Schließlich ist “der Jung” ja wieder zurückgekommen, hat als Mediengestalter 25 Jahre in einem Monschauer Verlagshaus gearbeitet. Doch jetzt, mit knapp 60, steht er auf der Straße. Dumm gelaufen. Die Medienwelt verändert sich auch für langjährige Mitarbeiter, manchmal Knall auf Fall. Zwei Wochen hat er sich aufgeregt und gewütet und dann erkannt: Die Kündigung ist nur eine Unebenheit auf dem Weg. Ein Fundstein in der Eifel. Und aus dem kann man was machen.

Wenn Sie sich Bernd Gaspers Arbeiten anschauen möchten, haben Sie aktuell bis zum 22. September 2013 die Gelegenheit im Atelier “treppauf – treppab” in Heimbach in der Eifel. Hier sind auch die Farbzeichnungen mit Bleitift und Aquarell zu sehen.


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