Tag 1
Nach einer unruhigen, nervösen Nacht mit 5 Stunden Schlaf ging es endlich um 8:00 Uhr los. Alle waren aufgeregt und freuten sich auf ihre erste richtige Reise mit einer muslimischen Jugend- Mädchen -Gruppe- den Uchtis aus dem Dmk Karlsruhe. Wir trafen uns alle vor dem Dmk mit Bruder Rüstü Aslandur, unserem Vorsitzenden, der uns mit Tipps, Ratschläge und einem stärkenden Du’a in die Reise schickte. Die 16 Mädels teilten sich in die vier Autos ein, die gemeinsam zum Flughafen Hahn fuhren. Die zweistündige Fahrt lief super: Wir starteten alles einfach happy. Wir kamen alhamdulillah gut an und machten uns auch direkt zum Check-In. Nach 40 Min gemeinsamen Frühstücks gingen wir zur Gepäckkontrolle, zu unserem Gate 1. Die Szene, die jetzt kommt versaute unsere Laune für den Rest des Tages:
Ich ging als erstes und kündigte unsere Gruppe an.
Der Mann von der Security schaute die Gruppe dann seinen Kollegen an und meinte: „ Hey , das wird ja spaßig“. Mein Handgepäck und meine kleine Brusttasche gingen durch den Kontrollkasten.
„ Haben sie Flüssigkeiten oder Kosmetika in einer Tüte drin?“
„ Nein, wieso?“
„ Es müssen alle Flüssigkeiten in einer Plastiktüte aufbewahrt werden“
„ Aber auf der Handgepäck- Beschreibung steht, dass alle Flüssigkeiten 100 ml in eine Plastiktüte aufbewahrt werden müssen“
„ Nein, alle Flüssigkeiten. Kaufen sie sich bitte eine Plastiktüte von dort drüben. Auf ihr Gepäck passt ihre Freundin hier auf.“
Ich habe schnell eine Plastiktüte für 50 Cent gekauft und bin wieder zurückgelaufen.
„ Diese Flasche hier ist zu groß, die können sie nicht mitnehmen“
„ Aber das ist eine Kontaktlinsenlösung, die gilt als Medikament.“
„ Nein, als Kosmetika! Was machen sie nun damit? Mitnehmen geht nicht.“
„ Ich muss sie ja dann wohl hier lassen.“
Schwups wurde meine Kontaktlinsenlösung in den Mülleimer geworfen … Vielen Dank auch.
Und so ging es den 15 anderen, Einigen nur schlimmer. Der Höhepunkt kam erst noch. Die Passagiere wurden ins Flugzeug eingelassen, vorher wurden die Boardkarten kontrolliert. Die ersten zwei von uns wurden durchgelassen, dann kam plötzlich eine Frau angelaufen und hielt uns zurück: „ Es darf nur ein Handgepäck ins Flugzeug mitgenommen werden“
„ Aber das ist nur ein Schlafsack, den brauchen wir“
„ Nur ein Handgepäck“, betonte sie.
Und so fing der Wahnsinn wieder an. Die letzten Nerven platzten, einige konnten nicht mehr. Jeder versuchte seinen Schlafsack oder seine Handtasche irgendwo rein zu stopfen. Ein paar mussten ihn wegschmeißen (darunter ein ausgeliehener), eine musste es für 41 € mit ihrer Handtasche als extra Gepäck aufgeben. Egal was wir sagten, sie hörten nicht, machten keine Ausnahme, blieben kalt. Alle Passagiere waren schon drin. Keiner wusste was los ist und alle warteten auf die letzten fünf Mädchen. Wir waren unruhig, sie drohten uns, dass das Flugzeug ohne uns abfliegen würde. Es herrschte Chaos. Doch sie schafften es. Alhamdulilah. Die Passagiere fragten uns was los war und wir erzählten es ihnen. Zu unserer Bestätigung antworteten sie, dass sie sich wundern denn sie alle durften eine Handtasche oder einen Beutel dazu nehmen. „ Jede Frau braucht ja eine Handtasche“, hätten die Stewardessen gesagt.
Als letztes dazu noch: Ich zitiere Abschnitt 3 von Artikel 3 des Grundgesetztes:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Nach 40 Min Flug kamen wir am Flughafen Schönefeld Berlin an. Wir verpassten wegen der Verspätung und dem Warten auf das aufgegebene Gepäck unsere Bahn. So schob sich alles etwas nach hinten und verzog sich in Eile. Mit einer 16- köpfigen Gruppe war es auch nicht leicht immer den Termin einzuhalten, doch Dank Allahs haben wir es trotzdem immer geschafft! So lief der Rest des Tages: Ankunft ins DmK Berlin (unsere Unterkunft für die 4 Tage), Besuch der Ausstellung „The Story of Berlin“, welche eine super Art war die Geschichte Berlins darzustellen. Den stressigen Tag beendeten wir mit einem zweistündigen Hamambesuch. Wenn wir Frauen Urlaub machen, dann gehört Wellness dazu! Eigentlich dachten wir, wir würden die Nächte durchmachen mit Erzählungen, Tanz, Musik, doch wir waren immer so kaputt, dass wir nur noch schlafen wollten. Wir vier Amira’s stellten Regeln und einen Dienstplan auf, so hatte jeder seine Aufgaben und wusste wie man sich zu verhalten hat. Alhamdulilah lief alles gut!
Tag 2
Wir standen um 4:00 Uhr morgens auf für das Morgengebet. Um 8:30 Uhr gab es Frühstück und um ca. 9:00 Uhr mussten wir schon los. Es ging nach Kreuzberg, ein Blick in Klein- Ankara. Bis 12:30 Uhr schlenderten wir durch Kreuzberg, machten ein paar Einkäufe, dann ging es zum deutschlandweit größten türkischen Bazar. Ich, die anfangs nicht gerade überzeugt davon war, war begeistert. Man fühlte sich wie in Asien, es gab alles was das asiatische/ orientalische Herz begehrte: Alles rund ums Essen, Kleidung, Accessoires, für uns interessant natürlich Unmengen von Kopftüchern, Textilien, etc.
Von Klein- Ankara ging es weiter nach Neu- Kölln zur Sehitlik Moschee. Auch da war ich begeistert: So eine prachtvolle Moschee hier in Deutschland zusehen ist eine Seltenheit. Einige von uns haben zum ersten Mal eine richtige Moschee besichtigt. Sie liegt direkt neben einen riesigen Friedhof. Wir hatten eine Moscheeführung, die eher mehr eine Frage- Antwort-Runde war, dennoch sehr interessant. Wir beteten anschließend zusammen Asr (das Nachmittagsgebet) und mussten wieder zu unserem nächsten Ziel flitzen. Auch dieser Tag war nicht ohne: Wir schafften es gerade noch mit einem Sprint zum Plänterwald, den Spreetours. Eine Spreekreuzfahrt durch Berlin war geplant, so konnten wir auch die Seiten Berlins sehen, die wir in den vier Tagen nicht schafften. Das Wetter machte leider nicht so ganz mit. So mussten sich die, die ans Deck wollten sich mit einer Decke warm halten. Es war schön und dass wir es wieder einmal geschafft hatten forderte uns auf ein Du’a zu halten, in dem wir Allah (t.a.) dafür dankten. Wahrlich Er kennt unsere Absichten und unsere Herzen.
Tag 3
Heute mussten wir nicht so früh losgehen, so dachten wir. Um 10:30 war unser Termin im Museum für islamische Kunst, welches sich mit zwei anderen Museen im Perganmonmuseum (Berlin Mitte) befindet. Das was wir nach 30 Min Schlange stehen im Museum sahen, war mehr als Kunst. Es war kostbar, historisch. Wir betrachteten nicht nur die Kreativität, die Arbeit und das Material der Stücke sondern gingen die Geschichte des Islams durch. Zu jeder „Epoche“ ein Stück Realität – „ Geschichte zum Anfassen“. Es brachte mich auch zum Nachdenken und machte mich auch wiedermal traurig wie es jetzt um uns steht und wie weit wir doch damals waren. An dem Nachmittag lernten wir endlich die Frauen des Dmk Berlins kennen. Auch hier, sind die Frauen sehr aktiv im Gegensatz zu den Männern. Wir haben viele Gemeinsamkeiten entdeckt was das Konzept, die Einstellung und den Humor angeht. Leider hatten wir wenig Zeit, doch hier in Karlsruhe warten wir auf sie und werden dann mehr Zeit miteinander verbringen inshallah.
Der Bundestag wartete als nächstes auf uns. So eine riesige Warteschlange hat man im Leben nicht gesehen. „Zwei Stunden Wartezeit haben Sie“. In den Bundestag rein zu gehen wäre toll doch bei unserem dichten Zeitplan ist ihn allein gesehen zu haben, schon viel. Weiter ging es zum Brandenburger Tor, der Friedrichstraße, Potsdamer Platz, Sony Center, Essen in einem Restaurant und dann wieder zurück ins DmK.
Eine unserer Mädchen ging es nach dem Restaurantbesuch schlagartig schlecht und immer schlechter bis sie ins Krankenhaus gebracht wurde und sie am nächsten Morgen nicht mitfliegen konnte. Ein Mädchen blieb mit ihr und sie kamen einen Tag später nach.
Tag 4
Der Rückflug am Sonntag lief Gott sei Dank super. Wir waren so kaputt, dass jeder im Flughzeug und nach der Ankunft zu Hause einige Stunden schlafen musste.
Es war eine schöne Reise, schöne Zeit, schöne Erfahrung. Alhamdulillah.