Berlin: Umwandlungsverdrängung in Kreuzberg

Die Willibald-Alexis-Straße 34 am Chamissoplatz ist ein Paradebeispiel für die aktuellen Entwicklungen in Kreuzberg: für eine von den neuen Eigentümern geplante Umwandlung in Eigentumswohnungen sollen die die Mieter/innen des Hauses aus ihren Wohnungen verdrängt werden. Mit Kündigungsschreiben, Abfindungsangeboten und beginnenden Bauarbeiten agieren Eigentümer und Hausverwaltung auf verschiedenen Ebenen, um Druck auf die Bewohner/innen auszuüben. Soweit, so schlecht, so üblich.

Ungewöhnlich am Beispiel der Willibald-Alexis-Straße ist jedoch der Umstand, dass sich die Bewohner/innen nicht einfach verdrängen lassen wollen. Mit regelmäßigen Treffen, öffentlichen Veranstaltungen, einem Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister und einer eigenen Webseite versuchen sie sich der drohenden Verdrängung zu erwehren und fordern öffentliche Unterstützung für ihren Plan ein, das Haus selbst zu übernehmen und zu bewirtschaften.

In der Perspektive des Hauskaufes sehen die Mieteraktivsit/innen zur Zeit die einzige Möglichkeit, ihre sozialen Interessen durchzusetzen. Das ist bitter und wirft ein grelles Licht auf dass Versagen der Berliner Wohnungspolitik. Denn das Haus in der Willibald-Alexis-Straße müsste eigentlich als Musterbeispiel für eine marktferne Wohnungsversorgung gelten: In den 1980er Jahren wurden Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten im Rahmen der Behutsamen Stadterneuerung öffentlich gefördert und bis 2004 war das Haus im Besitz der landeseigenen Gewobag. Mithin werden also im Haus gerade zwei klassischen Elemente der sozialorientierten Wohnungspolitik ausgemustert.

Es gibt sicherlich gute Gründe für Kritik an früheren Förderprogrammen und den öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften. Eine Stadtpolitik, die sich soziale Ziele auf die Fahnen schreibt, wäre gut beraten, neben dem Erwerb von Häusern durch die Bewohner/innen auch noch andere Instrumente der Wohnungspolitik zu entwickeln.

Die ehemaligen Sanierungsgebiete in Kreuzberg galten lange Zeit als Vorzeigeprojekte der Behutsamen Stadterneuerung. In den 1980er Jahren wurden dort – in Reaktion auf die Hausbesetzungsbewegung und Nachbarschaftsproteste – baulich, sozial und planerisch behutsame  Verfahren der Sanierung erprobt. Mit großzügigen öffentlichen Förderprogrammen ausgestattet, wurden Altbauten unter Bedingungen instandgesetzt und modernisiert, die einem Großteil der Bewohner/innen den Verbleib in den Wohnungen und Nachbarschaften ermöglichte. Für die meisten sanierten Wohnungen galten langjährige Mietpreis– und  Belegungsbindungen. In der Regel nach etwa zwanzig Jahren liefen jedoch die Förderverträge aus und die behutsame erneuerten Wohnungen wurden aus ihrem Sonderstatus entlassen und sind den ganz normalen Markt- und Verwertungslogiken unterworfen. Das Haus in der Willibald-Alexis-Straße wird also kein Einzelfall bleiben.

In einem Artikel in der taz berichtet Peter Nowak von ersten Vorschlägen, das Umwandlungsgeschehen in den ehemaligen Sanierungsgebieten einzuschränken: „Briefe schreiben gegen die Verdrängung

Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) kritisiert, dass der Senat eine vom Baugesetzbuch vorgesehene Verordnung, die die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten genehmigungspflichtig machen würde, noch immer nicht erlassen hat. Das wäre „ein wirkungsvolles Instrument zur Durchsetzung von MieterInneninteressen“. Die Willibald-Alexis-Straße 34 GmbH und Co.KG, eine Investorengruppe, die sich auf den Kauf von Altbauten spezialisiert hat, erklärt in einer Stellungnahme, MieterInnen würden von ihnen niemals ohne Grund gekündigt. Den BewohnerInnen der WAX 34 werfen sie „Profit durch Untervermietungen“ vor. Ihnen gehe es darum, „für wenig Miete in einem gefragten Kiez zu leben“.



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