Berlin Mitte: Marx und Engels bleiben!

Der CSU-Mann Peter Ramsauer fällt immer wieder durch originelle Ideen auf. So hatte er als Verkehrsminister angeordnet, in seinem Ministerium wieder deutsch zu sprechen. Jetzt als Bundesbauminister hat er den Einfall, das Marx-Engels-Denkmal aus Berlins Mitte zu verbannen. Der CSU-Politiker forderte den Senat auf, das Denkmal für die Vordenker des Kommunismus aus dem Stadtzentrum zu entfernen und auf den Gedenkfriedhof der Sozialisten nach Berlin-Friedrichsfelde zu verlagern. „Da gehören die besser aufgestellt – das ist ja so eine Art sozialistisches Reste-Zentrum“, erklärte Ramsauer gegenüber der Morgenpost.

Ramsauer findet nämlich, dass der von nächsten Jahr an geplante Bau des Humboldt-Forums, das als Ausdruck rückwärts gewandten Denkens mit den Fassaden des einstigen Hohenzollern-Schlosses verkleidet wird, genutzt werden solle, um das gesamte Umfeld nach geschichtlichem Vorbild zu gestalten. „Der Wiederaufbau des Berliner Schlosses bietet die Möglichkeit, im Stadtbild die alte historische Achse wieder sichtbar zu machen. Diese Chance sollte nicht vertan werden.“ Na großartig.

Das Marx-Engels-Denkmal in Berlin

Marx und Engels bleiben im Berliner Stadtzentrum

Von historischen Achsen haben auch Hitler und sein Leibarchitekt Albert Speer geträumt, mit ihren Welthauptstadt-Germania-Plänen. Die haben historische Achsen geplant, da wäre den Berlinern, die bekanntlich nicht leicht zu beeindrucken sind, hören und sehen vergangen. Beim Abriss der diesen hochfliegenden Plänen im Weg stehenden Vulgärarchitektur haben sogar die Allierten geholfen – allerdings ist der Weltkrieg bekanntlich anders ausgegangen als der Führer und sein Volk sich das gedacht hatten. So blieb der Welt ihre Hauptstadt erspart.

Ein paar der damals bereits fertig gestellten Nazi-Bauwerke sind heute übrigens beliebte In-Locations, etwa das elegant gebogene Hangar-und-Empfangsgebäude vom stillgelegten Flughafen Tempelhof – noch immer eins der größten Gebäude der Welt. Dagegen ist der olle Hotzenklotz, den die Ewiggestrigen im Bund da wieder aufbauen wollen weder optisch noch sonst irgendwie bemerkenswert. Oder das Berliner Olympia-Stadion! Es gibt keinen schöneren Ort, um die Hertha verlieren zu sehen. Oder das Reichsluftfahrts-Ministerium, in dem heute das Bundesfinanzministerium residiert! Noch immer nichts als Luftnummern, nur jetzt halt in Euro.

Und sicherlich hätte sich auch für Erichs Lampenladen eine angemessene Weiterverwendung gefunden – aber der Palast der Republik war den Herrschenden im vereinten Deutschland offenbar viel peinlicher als die gesammelte Nazi-Baukunst. Der musste weg. Denn der real existierende Beweis dafür, dass es in Deutschland mal eine sozialistische Alternative gegeben hat, ist offenbar viel schlimmer als zwölf Jahre drittes Reich.

Immerhin: Der Berliner Senat hat den Vorstoß des Bundesbauministers gekontert. Erstmal sei der gar nicht zuständig und überhaupt sollten sich die Bayern aus der Berliner Politik raushalten. Der Senator für Stadtentwicklung Michael Müller (SPD) bestätigte, dass das Denkmal von Marx und Engels auf künftig auf seinem Platz vor dem Roten Rathaus stehen werde. „Das Denkmal ist ein historisches Zeitdokument und gehört zur Geschichte Berlins. Das will keiner wegstellen, auch nicht auf den Friedhof nach Friedrichsfelde“, sagte Müllers Sprecherin Petra Rohland.

Zur Zeit bauen die Berliner Verkehrsbetriebe an der Verlängerung der U-Bahnlinie 5 weshalb das Bronzedenkmal in die nordwestliche Ecke der Grünanlage des Marx-Engels-Forums versetzt wurde. Für die Neugestaltung des Geländes zwischen Fernsehturm, Rotem Rathaus und dem künftigen Humboldtforum soll es einen öffentlichen Diskussionsprozess geben. Wie genau das Marx-Engels-Denkmal dann in die Planung integriert wird, steht noch nicht fest. Außerdem weiß man ja, wie das mit öffentlichen Diskussionen ist: Die Leute dürfen pro forma ihren Senf dazu geben, dann wird aber doch gemacht, was sich die Politiker von irgendwelchen hochbezahlten Planungsprofis aufschwatzen lassen.



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