Berlin: Ein Wohnraumgesetz als Orientierungslauf

Berlin: Ein Wohnraumgesetz als Orientierungslauf

Protest von Sozialmieter/innen in Berlin, 2010

So kurz vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus (im September) würde es eigentlich zu vermuten sein, dass die Parteien ein klares Profil entwickelt haben und in der Lage sind, dieses halbwegs professionell ans Wahlvolk zu verkaufen. Eigentlich. Denn zumindest die LINKE erstaunt zur Zeit mit einem erstaunlichen Zickzackkurs in Sachen Wohnungspolitik.

Das heute (23.06.2011)  zur Abstimmung vorliegende „Wohnraumgesetz“ – verwirrender Name, denn im Kern geht es um die Abschaffung des Sozialen Wohnungsbaus – bestimmt seit ein paar Wochen die wohnungspolitische Fachdebatte. Zumindest für den kleinen Koalitionspartner (DIE LINKE) ist es ein Hindernislauf mit offensichtlichen Orientierungsschwierigkeiten.

Erst dagegen sein – dann ein bisschen Kritik formulieren – anschließend kleine Änderungen durchsetzen und zustimmen – zuguterletzt vor der entscheidenden Abstimmung Abgeordnetenhaus doch mit der Aufkündigung der Koalitiondisziplin zu drohen

… liebe Genoss/innen, es wäre zwar letztendlich die richtige Entscheidung – ein Blumentopf oder gar Wahlen sind so aber nicht zu gewinnen.

Doch der Reihe nach: Das Wohnraumgesetz und DIE LINKE

Juli 2010 Die SPD-geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung legt den Entwurf für ein sogenanntes „Wohnraumgesetz“ vor und erntet massive Kritik von allen Seiten:  “Sozialwohungen sollen teurer werden“ (taz):

Der Senat plant eine Novelle des Wohnraumgesetz. Dagegen gibt es massiven Protest des Mietervereins und der Hausbesitzer.

In einer Stellungnahme des Berliner Mietervereins heißt es suffisant:

Das Berliner Wohnraumgesetz kommt spät und heißt auch nicht Wohnraumfördergesetz wie in anderen Bundesländern, weil man beim Wohnungsbau nichts mehr fördern will.

April/Mai 2011 Die Senatsverwaltung stellt einen zweiten und leicht überarbeiteten Entwurf des Gesetzes  zur Diskussion. „Trostpflaster für Sozialmieter“ (Berliner Zeitung). Die Mieterorganisationen sind immer noch empört: „Wohnraumgesetz: Mieterverein kritisiert Novelle“ (Berliner Morgenpost). Die taz („Anreize zur Mietsenkung„) verweist jedoch auf eine wesentliche Veränderung zur Kritik an der ersten Fassung des Gesetzentwurfes:

Senat beschließt Entwurf für neues Wohnraumgesetz. Verband der Wohnungsunternehmen lobt es, Mieterverein äußert sich ablehnend.

Die Überarbeitung zeigt also Wirkung und immerhin die Wohnungswirtschaft gibt ihren bisherigen Widerstand gegen das „Wohnraumgesetz“ auf. Jetzt muss eigentlich nur noch der Koalitionspartner überzeugt werden. Doch der will noch nicht so recht…

12. Mai 2011 Der wohnungspolitische Sprecher der LINKEN Uwe Doering greift viele der Kritikpunkte von Mieterorganisationen auf und weist in seiner Rede im Abgeordnetenhaus den vorliegenden Entwurf zurück:

Das vorliegende Wohnraumgesetz ist ein kleiner, ein sehr kleiner Versuch, aus dem bisherigen System auszusteigen, aber es ist nicht ausreichend. (…) Unsere Anforderungen an ein Wohnraumgesetz sind: Sozialwohnungen müssen für die Versorgung von einkommensschwachen Haushalten zur Verfügung stehen.

Für alle, die auch nur über einen rudimentären wohnungspolitischen Sachverstand verfügen,  konnte diese Aussagen eigentlich nur heißen, für den vorliegenden Gesetzentwurf kann es keine Zustimmung geben.

7. Juni Einer Pressemitteilung des Berliner Bündnis Steigende Mieten Stoppen zufolge versicherte Uwe Doe­ring auf einer Ver­an­stal­tung vor An­woh­ner/innen und Mie­ter/innen auch noch am 7. Juni, dass “die Linke” der Vor­la­ge nicht zu­stim­men würde. Im Bericht des Bezirksverbandes DIE LINKE Friedrichshain-Kreuzberg zur selben Veranstaltung heisst es etwas zurückhaltender:

Uwe Doering bestätigte die Kritik und ließ sich das Versprechen abnehmen, bei den Verhandlungen auf effektive Begrenzung der sogenannten Kostenmieten zu pochen.

Die Grundsatzkritik der Plenardebatte ist mittlerweile auf eine verhandlungskompatible Detailkritik geschrumpft.

15. Juni Der Bauausschuss beschließt mit den Stimmen von SPD und LINKE den noch mal leicht veränderten Entwurf des Wohnraumgesetzes. Die öffentlichen Reaktionen sind überwiegend kritisch. Der Wissenschaftsbund Berlin fordert ein Memorandum, Der Tagesspiegel titelt: „Trotz Expertenkritik: Wohnraumgesetz angenommen“ und die taz fasst prägnant zusammen: „Sozialmieter müssen warten„. Nur das Neue Deutschland („Sozialmieten werden abgefedert„) und der Berliner Kurier („Linke boxt Gesetzesänderung durch“) interpretieren die Entscheidung anders. Die Berliner MieterGemeinschaft sieht im Abstimmungsverhalten einen weiteren „Knicks vor dem Koalitionspartner„.

22. Juni 2011 Doch nur eine Woche nach dem Einknicken folgt nun das Ausscheren. Mehrere Lokalzeitungen berichten, dass einzelne Abgeordnete der LINKEN sich dem Koalitionszwang entziehen und bei der Abstimmung gegen das Gesetz stimmen wollen. Die taz glaubt, das  “Wohnraumgesetz lässt Rot-rot kippeln„, Berliner Zeitung sieht einen „Ruppigen Sommer“ und auch Der Tagesspiegel vermutet: „Wohnraumgesetz könnte doch noch scheitern„.

Wenn es so kommt, müssten die Mieterinitiativen ihre Erklärungen und Stellungnahmen noch mal überarbeiten – dass die LINKE mit ihrem Schlingerkurs zum „Wohnraumgesetz“ neue Freunde bei den Initiativen findet, darf jedoch bezweifelt werden.



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