Berlin, du hast es besser - Wieso Wien nicht Berlin ist!

Berlin, du hast es besser - Wieso Wien nicht Berlin ist! Diese Woche möchte ich die Erlebnisse eines meiner Läufer beim Berlinmarathon präsentieren. Ich war von seinen Schilderungen so begeistert, dass ich ihn beten musste, sie niederzuschreiben und sie an dieser Stelle zu veröffentlichen. Stefan erlebte in diesem Jahr sowohl in Wien als auch in Berlin seine ersten beiden Marathons - einer bleibt eindeutig mehr in Erinnerung. Und das zu Recht!

Startnummernausgabe

Prinzipiell ist diese in Berlin genauso organisiert wie in Wien. Es gibt ein Messegelände in deren Rahmen die Ausgabe erfolgt. Allerdings bin ich in Wien aber fast 2 Stunden angestanden und in Berlin war dies in 15 Minuten erledigt. Vorab wurde per Newsletter und auf der HP sehr deutlich kommuniziert, dass man die Abholung wenn möglich Donnerstag und Freitag erledigen sollte, da am Samstag die Auswärtigen - wie ich einer bin - zum Abholen kommen. Sofern man nur am Samstag kommt, bitte tunlichst den Peak zwilchen 11 du 14 Uhr vermeiden. Also war ich wie empfohlen am Samstag um 9h zur Öffnung der Messe vor Ort - es warteten bereits hunderte Menschen vor dem alten Flughafen auf Einlass. Wider Erwarten dauerte es nur 2 Minuten, bis ich im Gebäude war. Die Wartezeit vor dem Schalter der Nummernausgabe betrug 2 Minuten. Startnummern & Chip gab es alles an einem Schalter.
Weiterer Unterschied zu Wien: Es war offensichtlich, dass die Menschen am Stand das nicht zum ersten Mal machten und die Abwicklung mit viel Routine und Schmäh "rucki zucki" erledigten. Auch in Wien sind die Mitarbeiter freundlich & bemüht, jedoch nicht unbedingt eine große Unterstützung, da offensichtlich zum 1. Mal bei diesem Event eingesetzt.
Um 9:30 Uhr hielt ich bereits alles in den Händen, was ich für den Wettkampf benötigte!

Der Wettkampftag

Start- und Zielgelände befindet sich vor dem riesigen Areal vor dem Reichstag und die Weite des Geländes kann großzügig genutzt werden. Zugang in den Start/Ziel Bereich bekommt man nur mit dem bei der Nummernabholung befestigten Teilnehmer-Band, Begleitpersonen müssen draußen bleiben. Im Gelände drinnen findet man schnell die "logisch" postierten Garderoben. Bei der Abgabe des Kleidersacks bekommt man automatisch einen Plastiküberzug zum Warmhalten ausgehändigt - eine von vielen Kleinigkeiten - die zeigen, wie wichtig der Wohlfühlfaktor für die Sportler genommen wird.
Tipp: Vor den Toiletten in der Nähe der Kleidungsabgabe bilden sich lange Schlangen. Diese können jedoch ignoriert werden, denn auf dem Weg zu den Startblöcken gibt noch zahlreiche weitere Orte der Erleichterung, welche ohne jegliche Wartezeit benutzt werden können.
Als Läufer wird man je nach beglaubigter Bestzeit in einen Startblock zugeteilt und im Gegensatz zu Wien wird diese Einteilung sehr ernst genommen. Beim Anmarsch zum Startblock wird man mindestens 2-3 Mal kontrolliert, ob man eh in die richtige Richtung unterwegs ist. Spätestens beim Eingang zum Startblock ist es unmöglich, sich falsch einzureihen. Die Versuche des Vordrängens, welche ich mitbekam, wurden freundlich aber konsequent unterbunden. Wie angenehm diese Konsequenz ist, zeigte sich beim Start. Es gab kein Drängeln von "zu Eiligen", kein Blockieren durch langsame Läufer. Von Anfang an war es möglich, das gewünschte Tempo ohne Zickzack und Überholmanöver zu laufen. Auch die Tatsache, dass nur erfahrene Marathonläufer im Pulk waren, bewirkte, dass niemand die Panik hatte, auf den ersten 1-2 km etwas zu verpassen.
Was hinzu kommt: der Start erfolgt in Wellen. Alle Läufer mit <3h30' als Bestzeit starten vorab, 12-13 Minuten danach der Rest. So ist das Feld von Anfang an auseinandergezogen und es kam auch bei  40.000 Läufern nie zu irgendeinem Flaschenhals-Effekt.

Ein Rhythmus für alle

Der Berlin-Marathon ist ein "reiner" Marathon. Es gibt für die alle Läufer nur die 42km. Keine Staffeln, keinen Halben, nur den Ganzen. Um Missverständnisse zu vermeiden: ich mag Staffelläufe und  finde sie großartig - ein tolles Event und herrlich niedrigschwellig für Einsteiger. Der "Halbe" ist sowieso meine Lieblingsdistanz. Das Problem: Die Staffel und der Halbe sind andere Läufe als der Marathon und die Teilnehmer haben andere Bedürfnisse, Taktik und Erfahrung.
In Wien bewirkt diese Vermischung der drei Bewerbe, dass eigentlich immer Unruhe im Feld ist, und sich nie ein "Flow" im Läuferstrom entwickelt. Bei KM 20 geben die Teilnehmer des Halben noch mal die Mariahilferstrasse runter Gas und 3 Mal erfolgt eine Zufuhr von Staffelläufern, welche es entweder sehr eilig haben oder überholt werden müssen.
Das mag jetzt alles etwas empfindlich klingen, aber ein Rhythmus ist beim Marathon schon eine wichtige Sache und ein Abstoppen und Richtungswechsel ab KM 38 eher eine riskante Geschichte. Auch ist es nicht motivierend, in der anstrengendsten Phase des Marathons,  von frischen, ausgeruhten Staffelläufern geschluckt zu werden.
Im Vergleich zu Wien erlebte ich den Lauf in Berlin sehr stressfrei und harmonisch. Nicht nur das gemeinsame Lauftempo bewirkte Null Konflikte, zusätzlich bewirkt das Bewusstsein, dass alle durch 42 Km durchbeißen müssen, ein Gefühl des Zusammenhalts.

Stimmung? STIMMUNG!

Das Image der Deutschen, dass sie reservierte Spaßbremsen seien, kann spätestens nach diesem Marathon abgehakt werden. Auf den gesamten 42km lief ich in einem durchgängigen Spalier von Anfeuerungsfreudigen aus allen Teilen der Welt. Die Anzahl der Bands war fast schon unüberschaubar und sehr motivierend. Selbst  beim Lauf durch die Villenviertel, wie Steglitz war Volksfest-Atmosphäre, und an den Hotspots der Strecke im Stadtzentrum war für alle Läufer Rockstar-Feeling angesagt. Und ja, das hilft wirklich unglaublich!
Im Ziel angekommen, war man sofort wieder in die Komplettbetreuung eingebunden. Im - weiterhin nur den Teilnehmern zugänglichen - weitläufigen Zielbereich standen alle 5 Meter freundliche Stewards, welche sich nach dem Befinden erkundigten und wenn nötig sofort helfend beistanden. Es gab gute Verpflegungsstände, hunderte Massageliegen und genug Platz & Zeit zur Erholung. Der Kleidersack war schnell wieder abgeholt, und wieder halbwegs bei Kräften begab ich mich zufrieden ins Hotel.

Conclusio

Klar, die Veranstalter des Berlin Marathon haben hervorragende Ausgangsbedingungen: Eine flache Strecke mit sehr breiten Straßen, einen für die Zuschauer attraktiven Rundkurs, das imposante und riesige Start/Ziel Gelände rund um das Brandenburger Tor. Und diese günstige Ausgangslage nutzen sie perfekt und verantwortungsvoll.
Für die Veranstalter des Berlin Marathons wäre es gut möglich, die Teilnehmer Anzahl zu erhöhen. Es gab 75.000 Anmeldungen und die Startplätze müssen jedes Jahr verlost werden. Auch mit 50.000 Teilnehmern würde es  sicher auch noch irgendwie gehen. Sowohl organisatorische Kompetenz, Breite der Straßen und Größe der zur Verfügung stehenden Strukturen würden es möglich machen. Dies würde aber eindeutig zulasten der Qualität gehen und die Organisation bzw. der Ablauf wäre halt nicht perfekt, sondern nur noch "OK". Erfreulich, dass sie darauf verzichten.
Beim VCM stehen wesentlich ungünstigere Rahmenbedingungen zur Verfügung: kleinerer Start- und Zielbereich, diese weit voneinander entfernt und schwer abzugrenzen. Trotzdem ist es den Veranstaltern offenbar wichtig, die magische Zahl von 40.000  Teilnehmern verkünden zu können. Ungeachtet, dass darunter die Marathonteilnehmer nur eine kleine Minderheit sind und das Organisationsteam mit der Anzahl an Menschen mehr als ausgelastet ist. Hier ist offensichtlich, dass die Einschränkungen der Sportler für die Botschaft "über 40.0000!!! REKORD!!!"" und den imponierenden TV Bildern der vollen Reichsbrücke in Kauf genommen werden.
Würde mich wer Fragen, ob ein Marathon in Berlin oder in Wien gelaufen werden sollte, würde ich mit "unbedingt Berlin!" antworten. Eine Tatsache, die mich als glühenden Wiener ein bisserl schmerzt.
Und weil das in keinem Marathonbericht fehlen darf: das Startersackerl aka Goodiebag:
Bis auf ein paar Müsliriegel und Knabberzeug war es komplett leer. Ich bekam keine nützlichen Duftwässerchen als Werbegeschenk und auch nicht das 82. Leiberl für meinen Kleiderschrank. Ich bekam für das Startgeld "nur" die perfekte Organisation einer Großveranstaltung, welche mir ermöglichte, dass ich mich vollkommen auf die sportliche Herausforderung konzentrieren konnte. Das schonte nicht nur die Umwelt, sondern auch meine Nerven. Herzlichen Dank dafür.
Berlin, du hast es besser - Wieso Wien nicht Berlin ist! Stefan Herles: Langjähriger "Runtasia-Läufer". Absolvierte 2014 sowohl erstmalig den Wien als auch den Berlin Marathon.

Fotoquelle: http://www.bmw-berlin-marathon.com

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