Wohin man schaut, scheint es Großveranstaltungen wie den Ironman oder Challenge Wettkämpfe zu geben und Berlin ist nun Teil davon. Das, was sicher eine Vielzahl von Athleten neben dem Sport Triathlon fasziniert, sind die Massen, die damit begeistert werden und dass man Teil von etwas Großem sein kann. Ein Mal durch ein Zieltor wie dieses zu laufen; ein Mal auf der Strecke so bejubelt zu werden, wie man es von Fotos und von Live-Übertragungen her kennt; ein Mal das Unfassbare schaffen. Die Zuschauer erwarten bestimmt auch nicht weniger. Kämpfende Sportler, beste Organisation, sich vom Sportfieber anstecken lassen, mit seinen Helden abklatschen können.
Der erste Ironman in einer Stadt sollte etwas Besonderes sein. Auch wenn es sich nur um den kleinen Bruder, den 70.3, von der Königsklasse handelt. Das, was aber im Juni in Berlin gezeigt wurde, erinnert nur entfernt an eine rühmlich glänzende Ironman Veranstaltung. Aus meiner Sicht war die Veranstaltung für uns Athleten sehr gut organisiert. Hier und da einige Schnitzer, dennoch fühlte ich mich sehr gut aufgehoben. Was man aber nicht vergessen darf, sind die Zuschauer, die Touristen und die örtlichen Gegebenheiten, die so ein Event lebendig werden lassen.
Der Veranstalter des Ironman 70.3 war der SCC, der namenhafte Sportevents wie den Berliner Marathon organisiert. Im Vorfeld und während der Veranstaltung betonte dieser nicht müde werdend, dass er sich das auch anders vorgestellt hatte.
Was war passiert? Von heute auf morgen wurde die Rad- und Laufstrecke des Ironman verändert. Statt einer schönen Sightseeing Tour quer durch die City mussten die Triathleten mehrere Runden auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof abfahren. Es ging die Landebahnen rauf und runter, hin und her.
Man hätte den Eindruck gewinnen können, dass die Stadt Berlin den SCC hat Auflaufen lassen und diesen Wettkampf aufgrund der Veranstaltungsdichte im Monat Juni auf das Tempelhofer Feld abgeschoben hatte. Eine Woche zuvor legte das Radrennen, der Velothon, bereits die Stadt lahm; man darf die vielen Laufveranstaltungen, diverse Feste und Umzüge, die Fashion Week und Sternenfahrt,… nicht vergessen. Eine weitere Komplettsperrung war wohl unzumutbar.
Im Nachhinein betrachtet, war dieser Kompromiss für uns Athleten vielleicht gar nicht so schlecht. Sieht man von der kräftezehrenden Route mal ab, konnten wir wenigsten hier und da Zuschauergruppen ausmachen, die sich sonst in der gesamten Stadt verteilt hätten.
Natürlich handelte es sich um eine Sportveranstaltung von vielen weiteren. Aber wir reden hier auch über die Hauptstadt! Es verwunderte bereits seit Jahren, dass sich keine Veranstalter oder nicht die Gegebenheiten für einen Ironman finden ließen. Stattdessen sind wir ganz groß im Partymachen und Passivsport. Wir versammeln uns gern tagelang auf Fanmeilen und bejubeln die Sportler, die in weit entfernten Ländern zu diversen WMs und EMs antreten. Natürlich, macht das auch Spaß und wird von der Allgemeinheit scheinbar eher toleriert, als Sportveranstaltungen, die ein oder zwei Tage an den Wochenenden den Verkehr der Stadt lähmen und an denen man tatsächlich selbst aktiv werden kann. Das Verhalten der Stadt Berlin ist dabei eine Sache, die Informationspolitik des Veranstalters eine andere.
Bis zur letzten Sekunde wusste ich als Athletin nichts davon, dass die Streckenplanung auf der Kippe steht. Ich habe mich für eine Mitteldistanz angemeldet, die durch die Stadt zum Grunewald und zum Tempelhofer Feld führen sollte. Irgendwann erreichte mich eine Email des Veranstalters, mit den finalen Informationen, wann wir wie wo starten. Das hat anscheinend so viele Wellen geschlagen, dass sich der SCC zu einer weiteren Email hinreißen ließ und die Situation erklärte. Die Teilnehmer erhielten die Möglichkeit, vom Start zurückzutreten oder an einer anderen Veranstaltung teilzunehmen. Daran gibt es auch nichts auszusetzen, eine gute, wenn auch für viele keine befriedigende Lösung.
Da meine Saisonplanung, wie bei einer Vielzahl von Teilnehmern bestimmt auch, nun aber auf diesen Tag ausgelegt war, blieb ich dabei. Ich wollte starten und letztlich bin ich auch glücklich damit, denn ich bin eine von denen, die sich der Herausforderung gestellt hat.
Dennoch hätte ich mir gewünscht, besser informiert zu sein. Wäre die Email Monate vorher bei mir eingetroffen, hätte ich mich vielleicht auch dagegen entschieden. Denn nicht nur für Berlin sondern auch für mich war es der erste Ironman 70.3 und den stellt man sich eigentlich anders vor.
Aber auch insgesamt scheint die Informationspolitik des Veranstalters ausbaufähig zu sein – wie man auch im Rennbericht der Gesundheitsexperten lesen kann. Die in der Stadt doch immer gut informierten Taxifahrer wussten nichts von dieser Premierenveranstaltung. Selbst der Großteil der Berliner blieb wohl im Dunkeln, wenn ich an die wenigen Zuschauer denke.
Familienangehörige wie auch Berlin Besucher scheinen ihre Schwierigkeiten damit gehabt zu haben, den Eingang zu finden. Im Vorfeld musste ich jedem Zuschauer aus der Familie erklären, welchen der vielen Eingänge er zu nehmen hatte und wie in etwa der Ablauf sein würde. Auch im Zeitalter des Internets gibt es Menschen, die andere Informationsquellen nutzen. In den großen Lokalzeitungen war der Ironman eher eine Randnotiz. Was vielleicht auch das Fernbleiben der Zuschauer erklärte. Lediglich auf der Tribüne und rund um die Messe gab es etwas mehr Rummel.
Mich würde interessieren, ob der Veranstalter so rare Informationen gestreut hat und keine Dreh- und Fotogenehmigungen für das “Atlethendorf” verteilte, oder ob die Medien sich einfach nicht die Zeit und den Platz für eine gute Berichterstattung nehmen wollten.
So sehr wie ich auch den ‘rbb’ und die tägliche Abendschau schätze, es gab weder Bilder vom Tempelhofer Feld und der Zielpassage noch von den strahlenden Siegern. Stattdessen einige wenige allgemeine Sätze, ein kurzer Filmstreifen eines Triathleten, der sich irgendwo auf dem Columbiadamm vor fünf Zuschauern abkämpfte und die abschließende Bemerkung, dass es den Tag über zu Verkehrseinschränkungen kam. Diese waren aber meiner Meinung so minimal, dass es kaum einer Erwähnung wert gewesen wäre. Gerade einmal zwei Hauptstraßen waren für einen längeren Zeitraum gesperrt.
Wer zum ersten Mal an einer so kommerziellen Veranstaltung teilnimmt, freut sich natürlich über die kleine Messe und die nette Atmosphäre vor Ort. Aber mal ehrlich, das soll es gewesen sein? Natürlich sprechen wir hier nicht über den Ironman Frankfurt oder den Berlin Marathon, aber immer noch über eine Premiere! Eigentlich kann sich Berlin herausputzen… Das absolute Highlight, wie in meinem Bericht erwähnt, waren tatsächlich die Duschen!
Die Organisation aus Athletensicht war für mich wirklich gut – ohne Frage. Ich habe aber auch einige negative Stimmen gehört, die von Verpflegungsmangel berichteten. Bei mir waren zum Glück nur die Schwämme ausgegangen. Dafür gab es jede Menge Eiswürfel in Badewannen.
Auch wenn die Radstrecke mit dem Hin und Her auf den verschiedenen Landebahnen sehr gut organisiert war, man locker um die Kurve kam und niemand absteigen musste, hätte man bei den Absperrmaßnahmen auch kurz überfegen können. Wir sprechen hier schließlich nicht über eine 90km lange Strecke, die komplett durch die Stadt führt. Es geht um einen kompakten Ort, den man sicher auch schnell reinigen könnte – schon aus Sicherheitsgründen. Kronenkorken und Glasscherben sind nicht die besten Freunde von Rennrädern und schon gar nicht von Zeitfahrmaschinen mit Laufrädern und deren geklebten Reifen. Aber dafür war vermutlich von diesem international versierten Lizenzgeber oder vom Veranstalter kein Budget vorgesehen bzw. die Besichtigung der Strecke (ich hoffe, so etwas gab es) aus einem Auto heraus, hat keine Auffälligkeiten ergeben…
Mit Hinblick auf das kommende Jahr kann man dem Veranstalter nur wünschen, dass er mehr Zuschauer mobilisiert bekommt und die Stadt davon überzeugen kann, eine neue Strecke zuzulassen. Außerdem wäre es schön, wenn man die wenigen Zuschauer, die sich zu früher Stunde zum Schwimmstart begeben haben, nicht derart ausgrenzen würde, wie es dieses Jahr der Fall war. Die Athleten waren im Wechsel- und Startbereich komplett abgeschirmt. Lediglich auf die Starter konnte man einen Blick werfen. Die Teilnehmer, die aber aus dem Wasser kamen, waren kaum auszumachen. Der Blick von der nahegelegenen Elsenbrücke offenbarte zwar diese Schwimmer, sie verschwanden aber umgehend in der Wechselzone. Ähnlich war es laut Zuschauerberichten im zweiten Wechselbereich, als es vom Rad runter und rein in die Laufschuhe ging. Das Gewirr an Zelten in Kombination mit der Laufstrecke auf der einen Seite und Radstrecke auf der anderen, machte es nahezu unmöglich, die Athleten zu verfolgen. Die ganze Aktion zwischen den Sportarten blieb dem Zuschauer fast verborgen. Als Athlet habe ich dagegen nichts einzuwenden, aber die Familien und die Schaulustigen, die solch eine Veranstaltung anlockt, blieben fast außen vor.
Eine kurze Randnotiz:
Das Finisher Buffet sorgte für Ernüchterung. Zumindest bei mir. Man muss erwähnen, dass dieses Finisher-Buffet wie auch die Pastaparty von Angehörigen der Athleten mit dazu gebucht werden konnte. Ich habe selbst überlegt, ob es sich nicht lohnen würde, mit seiner Familie vorher und anschließend gemeinsam zu essen. Zum Glück haben wir uns dagegen entschieden.
Die Pastaparty am Tag vor dem Start war schon nicht berauschend. Natürlich war alles da, was man sich vorstellt, schließlich war eine große Catering Firma vor Ort. Salat, Pasta, Kuchen, Getränke. Es sah alles lecker aus und die paar Bissen, die ich aß, schmeckten auch gut.
Aber: eine Pastaparty mit Weizennudeln? Wir sind Sportler! Ich unterstelle einfach mal vielen, dass sie sich über Vollkornpasta gefreut hätten. Dinkel- oder Buchweizenpasta lasse ich schon außen vor.
Kuchen? Alles aus Weizenmehl und mit so viel Zucker, dass mir mein Herz herausspringen würde.
Wie wäre es mit Obstsalat, statt einem ganzen Apfel?
Veganes Essen? Auch keine so neue Erfindung. Natürlich kann man beim Salat bleiben, aber fertiges Dressing? Da ich nicht weiß, was in diesen großen Schalen drin war, blieb das pure Grünzeug. Eine Flasche gutes Öl, Pfeffer und Salz zum Mahlen, vielleicht noch etwas Apfelessig sind mit Nichten eine organisatorische Herausforderung.
…und im Ziel? Die Zielverpflegung? Frisches Obst ist super, aber Power Bar Riegel auf denen steht, man solle sie vor dem Start verzehren?
Also muss ich in Zukunft doch meine Nussbutter und einen Löffel im Kleiderbeutel haben.
Apropos Kleiderbeutel: alle Beutel wurden wunderbar zusammen mit den Rädern aufbewahrt. Schöne Sache, wenn man kurze Wege hat, um alles einzusammeln. Aber diesen überwältigenden Duschwagen an das andere Ende des Veranstaltungsortes zu verfrachten, war für uns Triathleten noch eine weitere kleine Herausforderung.