Berichte aus dem Leben -Lisa

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Seit der Geburt von Vincent glaube ich an das Schicksal und habe Vertrauen

Name: Lisa

Alter: 29

Kinder: 2 ( 5 und 3 Jahre)

Ich bin Lisa, werde dieses Jahr 30 und habe zwei tolle Kinder im Alter von 5 und 3 Jahren. Die Große kam 2010 gesund zur Welt, der kleine Mann 2012 mit einer angeborenen Hörstörung (vermutlich aufgrund einer Zytomegalie­ Erkrankung in der Schwangerschaft) und einem Gen­Defekt des Herzens.

Wir sind erst kürzlich in unser eigenes Haus ganz nahe bei Würzburg gezogen. Ein altes Häuschen, mit liebevoll von den Vorbesitzern ausgearbeiteten Holzbalken, alten Türen, knarzenden Böden. Es sprüht vor Charme. Wir lieben diese Stadt, die dank ihrer Größe einiges bietet und dennoch überschaubar bleibt. Immer wieder begegnet man im Ortskern Menschen deren Gesichter man kennt.

Was genau hat dein Sohn Vincent ?

Vincents Hörvermögen war von Geburt an auffällig. Bereits das Neugeborenen-Hörscreening zeigte das etwas nicht stimmte. Noch vor seinem ersten Geburtstag war klar er sei beidseitig Schwerhörig. Nach der Diagnose Schwerhörigkeit wurde er völlig auf den Kopf gestellt. Zur Hörstörung stellte sich auch noch ein Gen­Defekt heraus, der das Herz betrifft: das QT­Lange­ Syndrom.

Wie sah dein Leben vor der Geburt deines Kindes aus?

Wir hatten bereits eine gesunde Tochter geboren, die unser Leben bereicherte und wünschten uns sehr ein zweites. Aus irgendeinem Grund hatte ich mich bereits in der Schwangerschaft mit der Frage auseinandergesetzt was mein Kind wohl – trotz unauffälligem Ultraschall – an Erkrankungen haben könnte. Möglicherweise wäre es schwerhörig, na damit kämen wir schon klar! Ich glaube an das Schicksal – es scheint mich vorgewarnt zu haben.

Wann hast du von der Behinderung deines Kindes erfahren?

Bereits das Neugeborenen ­Hörscreening in der Klinik war auffällig. Man schob es auf mögliches Fruchtwasser in den Gehörgängen. Zwei Nachkontrollen zeigten harmlose Paukenergüsse, die man beobachten müsse und ggf. später operativ behandeln müsste, sollten sie nicht von selbst weg gehen. Tatsächlich gingen sie bei einer der zahlreichen Nachuntersuchungen wirklich von selbst (bzw. dank Nasentropfen etc.) weg, jedoch  waren BERA­ Hörtests immer noch auffällig. Und so bekam ich bei einer scheinbar harmlosen Nachuntersuchung der Paukenergüsse die Nachricht: angeborene Schwerhörigkeit. Noch am selben Tag erhielten wir einen Schein für Hörgeräte. Die Anpassung lies dann nicht mehr all zu lange auf sich waren. Nach der Diagnose wurde er völlig auf den Kopf gestellt. Da eine Hörstörung nur selten allein auftritt wurde nach Begleiterkrankungen gesucht. Zwar konnte man diese nicht feststellen, allerdings fand man noch einen unabhängigen Gen­Defekt, das QT­Lange Syndrom. Eine Erkrankung die möglicherweise ohne Hörstörung nicht erkannt worden wäre, unbehandelt aber lebensgefährlich gewesen wäre.

Wie ging es dann weiter? Hattest du Hilfen? Wie hast du die erste Zeit nach der Diagnose erlebt?

Mein Umfeld war viel schockierter als ich selbst. Vielleicht weil ich ja eine Art „Vorwarnung“ bekommen hatte und auch weil ich nun mal einfach niemand bin der in einem Tränenmehr versinkt. Ich sehe einfach stets positiv in die Zukunft. Ich hörte häufig Sätze wie „Oh nein, der Arme“ und „du Arme“ usw. Wir waren natürlich immer in Kontakt mit der Uniklinik in Würzburg. Dort gibt es ein spezielles CHC ­Centrum, welches auf Hörstörungen spezialisiert ist. Dort fühlten wir uns von Anfang an gut betreut. Auch seine Herzgeschichte wird in der Uniklinik behandelt. Auch sozial wurden wir gut aufgefangen, da uns sofort die Damen aus der Frühförderstelle an die Seite gestellt wurden. Sie konnten Vincents Entwicklung beobachten und gaben uns oft warme Worte, wie gut er sich mache. Die Frühförderstelle sah die Familie auch immer als großes Ganzes und hatten auch die Schwester immer mit im Blick. Das war für sie besonders schön in der Zeit, in der ihr Bruder so viel Aufmerksamkeit bekam.

Was hat sich durch die Diagnose geändert? ( z.B. Wohnumfeld, Freundschaften, Familie o.ä.)

Tatsächlich hat sich unser Leben nur wenig verändert durch die Hörstörung von Vincent. Könnten wir uns aus einem Pool an Erkrankungen und „Behinderungen“ (ich hasse dieses Wort!) eine aussuchen, so würden wir wohl zur Hörstörung greifen. Sehe ich die Diagnosen in meinem privaten Umfeld so hat es uns doch im Grunde ganz gut getroffen. Freunde und Familie nahmen ihn glücklicherweise sofort völlig normal an. Gerade bei einem Säugling und Kleinkind macht sich eine Hörstörung ja noch kaum bemerkbar. Optisch war er natürlich sofort überall ein „Hingucker“, weil Hörhilfen bei Babys auch für die ältere Generation noch völlig neu sind. Was allerdings belastend war, waren die vielen Arztbesuche die auf die Diagnosen folgen. Das kostete schon enorm Kraft. Sein Herz wurde ständig kontrolliert, wir musste einige Tage ins Krankenhaus um Medikamente einzustellen und alle paar Wochen mussten wir neue Ohrpassstücke (der Teil des Hörgerätes das im Ohr sitzt) anpassen lassen. Dazu Frühfördertermine, Gen­ Tests usw.

Wie hast du dich durch die Behinderung deines Kindes verändert?

Eigentlich wenig. Vielleicht ist mein Vertrauen in das Schicksal noch mehr gewachsen. Ohne Vincents Hörstörung wäre vermutlich seine Herzerkrankung niemals bemerkt worden, weshalb ich im Grunde dankbar bin, dass er von Beginn an Auffälligkeiten an den Ohren hatte.

Als Elternteil eines behinderten oder kranken Kindes lernt man eine neue Welt kenne, wie empfindest du diese?

Durch Vincents Hörstörung bin ich vor allem in die Welt der Gehörlosen eingedrungen,die ich ungeheuer spannend finde. Traurig ist zu beobachten, das sich diese Welt so stark von der Hörenden separiert. Bei Kindergartenveranstaltungen ist stark zu beobachten, wie sich Grüppchen bilden, was sicherlich verständlich ist, da es einfach an den Kommunikationsmöglichkeiten fehlt. Gerne würde ich mich mit den gehörlosen Eltern unterhalten. Deshalb habe ich letztes Jahr einen Gebärdenkurs begonnen. Momentan mache ich den zweiten Kurs der LBG (Lautsprachbegleitenden Gebärden). Danach möchte ich unbedingt noch einen DGS (die anerkannte deutsche Gebärdensprache) machen um eben diese Sprachbarriere abzubauen. Ich finde es sooo schade, dass die Gebärdensprache einem nur so kleinen Teil der Gesellschaft Nahe gebracht wird.

Fühlst du dich als Familie ausreichend von Politik und Gesellschaft unterstützt?Wo siehst du Verbesserungsvorschläge?

Die Fördermöglichkeiten für Kinder mit Hörstörungen sind hier in der Gegend wirklich gut. Wie erwähnt hatten wir sofort die Frühforderung zur Seite die einmal pro Woche zu uns nach Hause kam. Hier in Würzburg gibt es sogar einen Kindergarten und eine Grund- bzw. Hauptschule speziell für Kinder mit Sprach- bzw. Hörstörungen. Die Kinder werden mit dem Bus geholt und nach dem Kindergarten wieder nach Hause fahren.

Inklusion?! Was bedeutet das für dich?

Inklusion wäre es gewesen, wenn man meinen Sohn im örtlichen Kindergarten genommen hätte. Er wurde abgelehnt, dabei war er noch nicht mal im Kindergartenalter, in dem man ihn hätte wirklich beurteilen können. Allein aufgrund seiner Hörgeräte meinte man, man wäre überfordert mit ihm, er mit ihnen und es wäre für alle besser er würde in einen integrativen Kindergarten gehen. Das hat mich enttäuscht. Ich finde es schade, das Kinder nicht individuell beurteilt werden. Das ihnen die Chance genommen wird zu zeigen das sie in weiten Teilen auch „normal“ sind. Inklusion wäre für mich, wenn „behinderte“ Kinder eben nicht extra laufen würden, sondern es ganz selbstverständlich wäre, das Kindergärten IMMER integrativ sind.

Habt ihr eine eigene Seite oder Blog? Wenn ja, Über welche Themen schreibst du alles?

Ich liebe schreiben. Vor einigen Jahren hatte ich einen Babyblog ins Leben gerufen. Als die Kinder aus diesem kleinen Alter heraus gewachsen waren, folgte über die Jahre meine Seite www.kinder­tipps.com, auf der ich zum Teil allgemeine Ratgeber Artikel, als auch teilweise persönliche Artikel verfasse. Weil ich ein richtiges Spielkind bin, hab ich mir nun auch noch mit einer Spielzeug ­Testseite einen persönlichen Traum erfüllt. Dank spielzeugneuheiten.com darf ich mich nun sogar beruflich mit Spielsachen auseinander setzten :­)

Gibt es einen Gegenstand deines Kindes, was du auf ewig aufheben wirst? Wen ja, was ist es und was ist die Bedeutung?

Darüber habe ich mir (Gott sei dank!) nie Gedanken machen müssen. Vincents Herz wird gut behandelt, Vincent hat eine völlig normale Lebenserwartung, wenn gleich man natürlich niemals wissen kann was die Zukunft bringt. Er hat kein besonders geliebtes Kuscheltier. Er liebt Autos. Sicherlich werde ich immer eines seiner Matchbox­ Autos behalten. Die machen ihn glücklich!

Welche sind die Glücklichsten und welche die anstrengendsten Momente in deinem Leben?

Ich freue mich zu sehen, das Vincent so gut mit seinen Hörhilfen klar kommt und das er den Mehrwert bereits erkannt hat. Er ist ein aufgewecktes, fröhliches Kind mit ungeheuer viel Charme, den er gerne gezielt einsetzt. Der Alltag mit ihm zeigt sich dennoch häufig sehr anstrengend. Er ist sprachlich nicht auf dem Stand von Gleichaltrigen, das macht die Erziehung oft komplizierter. Ich kann ihm nicht immer 100 Prozent verständlich machen was ich von ihm möchte und Argumente, die andere Eltern bereits bei ihren Kindern nutzen können, funktionieren oft bei ihm nicht, da er lange Satzkonstruktionen nicht versteht.

Wieviel Zeit hast du für dich? Und wie entspannst du dann?

Wahrscheinlich darf ich mich nicht beschweren. Mein Mann hält mir häufig den Rücken frei, so dass ich Abends zum Sport gehen und mich auch mal mit Freundinnen treffen kann. Wir leisten uns auch regelmäßig einen Babysitter, was dank Vincents offenem Wesen super funktioniert. Abends brauche ich meine Stunden für mich. Da komm ich meist sehr spät ins Bett weil ich die ruhige Zeit ohne Kinder einfach so genieße. Dann wird ferngesehen, seit neuestem auch mal genäht oder auf dem Kinder Tablet der Großen gespielt :­)

Gibt es noch Paar Zeit?

Wir arbeiten zusammen, weshalb wir uns tatsächlich enorm viel sehen. Das klappt erstaunlich gut. Der Babysitter sorgt auch für regelmäßige Zeit zu zweit. Da ist allerdings der Kopf meist noch so voll vom Alltag, das es schwer fällt wirklich aufeinander einzugehen.

Welche Träume hast du für dich und deine Familie?

Ich wünsche mir, dass Vincent so selbstverständlich mit seiner Hörstörung umgeht wie wir es tun. Das ER zählt und nicht seine Einschränkungen. Das er in der Zukunft einmal alles werden kann was er sich vorstellt. Das er weder benachteiligt noch bevorzugt wird aufgrund seiner Behinderung. Ich wünsche mir, dass die Große einmal ganz natürlich mit anderen Kindern umgeht, die auch eine Behinderung haben, dass sie später einmal zurück sieht und sich nicht benachteiligt gefühlt hat, aufgrund der vielen Aufmerksamkeit für Vincent. Das wir ihr zeigen konnten, das auch sie etwas „Besonderes“ ist.

http://www.kinder-tipps.com/


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