Bericht “Mannheim Halbmarathon 2014″

Von Brennr @BrennrDE

Mein Start beim Dämmermarathon ist ein fester Bestandteil in meiner Wettkampfplanung. Und das, obwohl ich bisher überwiegend wenig Glück mit meinen Teilnahmen hatte. Irgendwie lief es nie richtig rund. Doch er findet vor der Haustür statt und einen Wettkampf abends zu laufen ist schon besonders. Dieses Jahr wurde der Dämmermarathon jedoch außergewöhnlicher, als es dem Veranstalter lieb war, denn beim Marathon der Männer gab es zwei Sieger. Wie es dazu kam, werde ich nach meinem persönlichen Laufbericht kurz erklären.

KidsRun
Mein Start war zwar erst um 19 Uhr, doch der KidsRun fand schon um 17 Uhr statt. Mein großer Sohn (8) wollte daran teilnehmen, hat jedoch im Vorfeld überhaupt nicht dafür trainiert. Es waren 2,10975 Kilometer zu laufen. Eine für ihn unbekannte Distanz, die er zudem noch ohne mich bewältigen muss. Ich spürte seine Unsicherheit vor dem Start und gab ihm daher ein paar Tipps und motivierende Worte. Er begann etwas verhalten, was ich aber gut fand. Ich begab mich zum Ziel und sah ihn dann nach elf Minuten kommen. Er setzte zum Zielsprint an und überquerte nach 11:22 die Zielmatte. Ich bin stolz auf ihn. Sicher hätte er mit etwas Training unter zehn Minuten laufen können, doch einfach aus dem Stehgreif knapp über zwei Kilometer in diesem Schnitt (5:24/km) zu laufen, finde ich echt gut. Er hat sich das Rennen gut eingeteilt. Nächstes Jahr trainieren wir im Vorfeld und dann geht die Post ab!

Bambinilauf
Kurz nach dem KidsRun startete der Bambinilauf. Natürlich wollte auch mein Jüngster eine Medaille und lief mit mir gemeinsam die knapp 400 Meter vom Rosengarten zur Kunsthalle. Ich hätte mich wegschmeißen können, wir er die Arme mitschwang und die Beine durch die Luft wirbelte. Die 400 Meter waren für ihn keine Herausforderung, sondern viel eher ein Schaulaufen. Noch keine drei Jahre und schon ein Poser. Im Ziel bekam auch er seine verdiente Medaille und für den Fotografen präsentierte er sich dann wie ein Olympiasieger und biss in die Medaille. Meine Jungs schauen sich anscheinend zu viel von mir ab.

2 von 3
Nun stand ich im Zugzwang. Der Nachwuchs hat bereits zwei Medaillen für die Familie eingefahren. Jetzt musste noch eine dritte her. Doch um an diese zu kommen, waren noch 21,1 Kilometer zu bewältigen. Ich hatte mir eine Zeit unter 1:40 vorgenommen. Aufgrund meiner 1:46 beim Heidelberg Halbmarathon (mit 400 Höhenmetern) im April war ich guter Dinge. Eigentlich war ich sogar in Bestzeitform (1:37:20), doch Mannheim ist hierfür nicht unbedingt geeignet. Der späte Start und oft warme Temperaturen machen den Lauf nicht einfach. Hinzu kam dieses Mal, dass die Streckenführung aufgrund des neuen Sponsors (SAP Arena) etwas anders war. Ich musste mich also überraschen lassen.

Der Lauf
Ich begebe mich frühzeitig in den Startblock, da der Zugang nur von hinten möglich ist. Nun heißt es Warten, bis endlich 19 Uhr ist. Der Startschuss fällt und wie immer muss ich auf dem ersten Kilometer erst einmal alle falsch eingeordneten Läufer umschlängeln. Ein Laufrhythmus ist dabei nur schwer zu finden. 4:40, das passt. Ich möchte das erste Drittel mit einem Kilometerschnitt von 4:35-4:40 beginnen und dann je nach Empfinden noch etwas zulegen. Nach der Augustaanlage geht es links am Flughafen vorbei weiter in Richtung Seckenheim. Doch wie bereits erwähnt erfolgt nun eine Schleife zur SAP-Arena. Es geht kurz durch ein Industriegebiet und dann über asphaltierte Feldwege. Leider sind diese doch recht schmal und sehr wellig, was mich wieder ein wenig aus dem Rhythmus bringt. Die Schlaglöcher sind zumindest notdürftig geflickt.

Direkt bei Kilometer 8 geht es nun in die SAP-Arena. Über eine Rampe laufe ich hinein. Es ist dunkel, laute Musik dröhnt und Lichter blinken. Meine Augen brauchen ein paar Sekunden, bis sie sich daran gewöhnen. Die Zuschauerränge sind sehr spärlich besucht. Meine Frau und meine Kinder kann ich jedoch nicht entdecken, obwohl sie da sind. Unglücklicherweise befindet sich direkt in der Arena eine Wechselstation der Staffelläufer. Ich muss aufpassen, dass ich auf niemanden auflaufe. Nach wenigen Sekunden ist der Spuk auch schon wieder vorbei. Ok, die Musik und die Lichter in der abgedunkelten Arena haben mich schon etwas gepuscht, aber dafür war der neue Streckenabschnitt dorthin recht unattraktiv.

Ich laufe aus der SAP-Arena raus und für einen kurzen Moment bin ich wieder etwas optimistisch. Doch bereits nach wenigen hundert Metern holt mich die Realität ein. Die Oberschenkel werden immer mehr müde und schwer. Ein weiterer welliger Feldwegabschnitt und eine Autobahnbrücke sind in einer solchen Situation nicht gerade förderlich. Es geht dafür endlich nach Seckenheim, wo ich mich auf die tolle Stimmung freue. Leider ist dieser Part dieser Jahr etwas kürzer, was ich sehr schade finde. Hinzu kommt eine kleine, aber ausbremsende Schleife am Ortseingang. Doch der Actionpoint kurz vor der nächsten Wechselstelle ist einfach gigantisch. Danke Seckenheim für dieses Gänsehautgefühl! Dennoch werden meine Kilometerzeiten immer langsamer.

Nach 2/3 der Strecke ist es dann soweit. Ich laufe zum ersten Mal über 5 min/km. Das war es dann mit der vorgenommenen Sub1:40. Ich spüre, dass ich heute einfach keinen Tiger im Tank habe und weiß schon jetzt, dass ich nicht mehr großartig zulegen kann. Die langgezogene Gerade zieht mich auch nicht gerade aus meinem Tief. Was also tun? Ich akzeptiere die Situation. Ich muss. Denn wenn nicht, laufe ich Gefahr, dass ich zum Schluss extrem einbrechen werde. Da aber meine Frau und meine Kinder kurz vor dem Ziel auf mich warten, bleibe ich vernünftig und versuche konstant weiterzulaufen.

Meine Kilometerzeiten bewegen sich weiterhin knapp über 5 min/km. Der Fernmeldeturm ist passiert und nun sind es nur noch 2-3 Kilometer zu laufen. Plötzlich höre ich eine Sirene hinter mir. Ich drehe mich kurz um und sehe Blaulicht. Oh, denke ich, ein Rettungswagen. Da viele Läufer etwas planlos sind, rufe ich laut „Alle nach links!“, zumal es n diesem Abschnitt recht eng ist. Auf einmal höre ich durch einen Lautsprecher „Achtung, der Führende! Bitte Platz machen!“. Wie bitte? Welcher Führende? Ich bin irritiert und werde beinahe vom Führungsfahrzeug gestriffen. Die ganze Aktion führte allerdings dazu, dass ich diesen 19. Kilometer in knapp 4:30 gelaufen bin.

Normalerweise würde ich jetzt dieses Tempo beibehalten, doch ich weiß, dass ich das bis zum Ziel nicht durchhalte. Auf die Minute kommt es nun auch nicht an. Bei Kilometer 20 geht es in der Fressgasse links ab. Die Jahre zuvor war dies die klassische Marathonweiche. Dieses Jahr sorgt sie für Verwirrung (dazu später mehr). Ich quäle mich in Richtung Friedrichsplatz und bin erleichtert, als ich den Banner „400 Meter“ sehe. Nur noch halb um den Wasserturm herum (quasi die Bambinilaufstrecke) und ich bin im Ziel. Etwa 100 Meter davor entdecke ich meinen ältesten Sohn am Rand, der mir zuruft. Ich winke ihm zu und beginne mit meinem Zielsprint. Der muss sein. Kurzes Posen für die Fotografen und dann laufe ich mit einer 1:43:26 über die Ziellinie. Deutlich über meiner Wunschzeit und nicht wirklich weltbewegend, aber auch nicht so schlecht.

Im Ziel
Total erschöpft nehme ich meine Medaille entgegen und mache mich sofort auf die Suche nach Flüssigkeit. Doch die Versorgungsstände kommen mir eine kleine Ewigkeit entfernt vor. Es sind bestimmt 50 Meter bis zum ersten Stand mit Iso-Getränken. Dort angekommen, trinke ich erst einmal drei Becher, bevor ich zu den Bananen und Hefekuchen weitergehe. Lange möchte ich mich jedoch im Zielbereich nicht aufhalten, da meine Frau und Kids auf mich warten. Also rein in den Rosengarten, Tasche abholen und ab zur Familie. Gruppenfoto mit meinen Jungs und ab nach Hause. Ich bin platt.

Nach dem Lauf
Ich fühlte mich wie nach einem Marathon. Treppensteigen fiel mir deutlich schwerer als sonst nach einem Halbmarathon. Keine Ahnung, wieso der Lauf solche Spuren hinterlassen hatte. Die letzten beiden Male hatte ich danach noch genüsslich eine große Pizza gegessen. Doch dieses Jahr musste ich mich zwingen, überhaupt etwas zu essen. Mir war nicht danach. Ich war einfach zu erschöpft. Ich schaute mit meinem älteren Sohn noch im regionalen Fernsehen Ausschnitte vom Lauf an. Dabei erfuhr ich, dass der Marathon etwas chaotisch ablief und zwei Sieger gekürt wurden.

Das Chaos
Es war tatsächlich so, dass manche Marathonläufer teils versehentlich die falsche Strecke liefen, teils von den Streckenposten aber auch falsch geleitet wurden. Ich musste mir erst den Streckenplan genauer anschauen, um die Ursache ausfindig zu machen. Bei Kilometer 20, wo bisher immer die Marathonweiche war, mussten die Marathonläufer dieses Jahr zunächst auch links abbiegen, um dann ca. 200 Meter vor der Ziel eine Extraschleife zu nehmen, die durch den Luisenpark und wieder zurück auf den bereits gelaufenen Streckenabschnitt führt. Dann wieder ankommend bei der ehemaligen Marathonweiche (KM 20), ging es nun geradeaus nach Ludwigshafen, bevor es später wieder zurück nach Mannheim zum Ziel geht. Wer die vorab verschickte Läuferinformation nicht gelesen hatte und/oder nicht ortskundig war, hatte ein echtes Problem, diesen wichtigen Punkt zu entdecken. Es war aber wohl auch so, dass die Streckenposten manche Läufer falsch geleitet hatten. Andererseits frage ich mich auch, woher sie wissen sollten, wer die Schleife bereits gelaufen ist und wer nicht. Die fehlgeleitete afrikanische Spitzengruppe, angeblich war deren Betreuer schuld, wurde auf dem Rückweg von Ludwigshafen nachträglich durch die Luisenpark-Schleife geführt, damit sie auf die volle Distanz kommen. Streng genommen hätten sie disqualifiziert werden müssen. Der Veranstalter versuchte die Krux dadurch zu lösen, dass sie zwei Sieger küren. Der zweite Sieger war der Schnellste, der die offzielle Strecke lief. Doch was ist mit den anderen Läufern, die aufgrund des Chaoses sogar mehr als 42 Kilometer liefen oder total verunsichert aus dem Laufrhythmus kamen? Viele forderten, den kompletten Lauf zu annulieren. Der Unmut der Marathonis war in Nachgang groß. Und so rollte zwei Tage auch schon ein Kopf. Man hat sich vom sportlichen Veranwortlichen von m³ getrennt. Mit dieser schnellen Konsequenz wollte man sicher die erhitzten Gemüter beruhigen. Aber dazu bedarf es meiner Meinung nach etwas mehr. Wichtig ist nun eine ausführliche Analyse der Fehler und deren Ursachen. Und dazu gehört meinerMeinung nach nicht nur das Streckenproblem.

- wurde bei der Nachmeldung zum KidsRun nicht auf das kostenlose T-Shirt hingewiesen
- Zugang zu den Startblöcken muss von der Seite möglich sein und nicht nur von hinten
- Duo und Team Marathon nerven und bringen einen nur aus dem Rhythmus
- SAP-Arena war nur wenig besucht und der Weg dorthin wellig, schmal und unattraktiv
- Führungsfahrzeug sollte nie auf das Hauptfeld treffen (bei mir bei KM 18-19)
- verwirrende Schleife durch Luisenpark mit Rückführung auf bereits gelaufene Strecke
- Start des HM in Ludwigshafen sollte (wenn überhaupt) zwei Stunden später sein
- es gab keine KM-Markierungen beim HM Ludwigshafen (obwohl Pfalzmeisterschaften!)
- dürftiger Startbeutel mit viel Werbung, statt kleinen Goodies
- Teilnehmer-Shirt ist mit 27 EUR zu teuer für ein Noname-Produkt
- zu wenig Medaillen für die späten Marathon-Finisher
- Getränkeversorgung etwas zu weit vom Ziel entfernt
- Ergebnisse der gemeldeten Marathonis, die nur den Halben liefen, waren erst spät einsehbar

Fazit
Der Fluch von Mannheim hat bei mir dieses Jahr wieder ein wenig zugeschlagen. Doch dieses Mal waren auch andere davon betroffen. Sicher, es war natürlich nicht alles schlecht. Die Kinderläufe haben meinen Kids richtig Spaß gemacht und auch der Halbmarathon verlief, was die Strecke betrifft, soweit problemlos. Doch die Marathonis hatten weniger Glück. Da muss sich nächstes Jahr einiges ändern. Man kann nur hoffen, dass mehr auf die Läufer gehört wird, denn manche Probleme erkennt man nur, wenn man selbst davon betroffen ist. Es gibt bereits Überlegungen, dass Start und Ziel in der SAP-Arena sein sollen. Bitte nicht! Damit würde sich der Veranstalter keinen Gefallen tun. Das besondere Flair des Dämmermarathon mit der Stimmung rund um den Wasserturm ginge verloren. Ich würde einen Rundkurs nur durch Mannheim (und Vororte) bevorzugen.
Was meine diesjährige Leistung betrifft, so bin ich natürlich schon ein wenig enttäuscht. Gerade die gute Zeit von Heidelberg ließ deutlich mehr erhoffen. Woran es lag, dass ich so früh eingebrochen bin, weiß ich mal wieder nicht. Da spielen so viele Faktoren eine Rolle. Das Wetter (wobei das noch ok war, vor allem wenn ich sehe, dass es eine Woche später über 30 Grad hatte), der Start am Abend, die Kinderläufe davor, die Tagesform,… Letztendlich ist es auch egal. Mannheim ist einfach kein Lauf, um eine neue PB anzugehen. Zumindest nicht für mich. Mannheim ist mein Heimspiel und das Laufen in die Dämmerung hinein macht den Lauf besonders. Daher werde ich nächstes Jahr wieder am Start stehen. Auch wieder ambitioniert, doch nicht zu sehr enttäuscht, wenn es erneut nicht rund laufen sollte. Auf ein Neues!

PS: Ich habe mal meine Daten mit denen vom Vorjahr verglichen. Ich war lediglich 5 Sekunden langsamer, hatte einen fast exakten Rennverlauf und ähnlich schlechte Pulswerte.