Die bisherige Bestzeit kam 2012 zwar nicht völlig unerwartet, war aber mit 1:37:20 überraschend schnell und deutlich. Der Lauf war nahezu perfekt. Da passte eigentlich alles. Solche Läufe erlebt man selten. Daher war ich dieses Mal skeptisch, ob ich diese Zeit toppen könnte. Meine Vorbereitung war aufgrund des Renovierungsstresses nicht ideal. Ich kam nicht auf die Umfänge wie z.B. noch im Vorfeld des Frankfurt Halbmarathons im März diesen Jahres. Statt 3-4 Mal pro Woche lief ich max. 3 Mal. Eine Woche absolvierte ich nur zwei Trainingsläufe, diese dafür aber über je 20 Kilometer. An den MyASICS-Plan hielt ich mich zwar größtenteils, musste aber dennoch oft flexibel reagieren. Der 10km-Test ging witterungsbedingt in die Hose. Doch ich hatte das Gefühl, dass ich fit war.
Vor dem Lauf
Da ich noch meine Startunterlagen abholen musste, fuhr ich bereits um 7 Uhr von Mannheim los. Ich parkte an gewohnter Stelle und ging zur Europahalle. Dort bekam ich am Eingang ein Ticket, dass ich beim Verlassen wieder abgegeben musste. Aus Brandschutzbestimmungen durften nur maximal 200 Personen auf einmal rein. Seltsam, denn mehr passen in diesen Vorraum wohl eh nicht rein. Aber der Veranstalter hatte da wohl keine andere Wahl. Letztendlich ging alles recht schnell und ich machte mich wieder auf den Weg zurück zum Auto. Dort musste ich mich für meinen Wettkampfschuh entscheiden. Entweder Asics Gel-DS Racer 9 oder Nike Air Zoom Fly 2. Ich entschied nach Gefühl und an diesem Tag war es der Nike. Ich zog mich um und nutzte anschließend den Weg zum Startbereich zum Warmlaufen. Pinkeln, leichtes Andehnen und ab in den Startblock. Zwei Isostar Gels verstaute ich noch schnell in der Gesäßtasche und meinen Forerunner machte ich startklar. Das Wetter war mit 12-14 Grad perfekt und die Vorfreude groß. Meine Nervosität allerdings auch.
Der Lauf
Der Startschuss fällt und da ich dem Startblock B zugeteilt war, dauert es auch nicht lange, bis ich die Startmatten überschreite. Ich starte auf der Uhr meinen Lauf und laufe los. Die Masse kommt zügiger weg, als ich dachte und der erste Kilometer ist mit 4:32 flott, aber auch nicht zu schnell. Ich will mit einem 4:35er Schnitt beginnen und während des Laufs nach Gefühl entscheiden, ob langsamer oder schneller. Es dauert nicht lange, bis die erste Unterführung kommt. Diese ist jedoch langgezogen, sodass sie nicht sonderlich nervt. Die nächsten Kilometer laufe ich in 4:25, 4:36, 4:32 und 4:34. Alles im grünen Bereich.
Ich fühle mich gut und habe glücklicherweise 2-3 Läufer um mich herum, die erfahren wirken und sehr konstant laufen. Für mich ist es dadurch einfacher, das Tempo zu halten. Die Stimmung in der Stadt ist zudem super und so laufe ich die Kilometer 6-9 in 4:33, 4:35, 4:25 und 4:34. Jetzt fängt mein Kopf an zu rechnen. Was für eine Zeit ist heute möglich? Ich bin zumindest sehr zuversichtlich, dass ich dieses Tempo weiterhin halten kann, was eine neue Bestzeit bedeuten würde. Und während ich noch in Gedanken bin, piept meine Uhr. Kilometer 10 wurde in 4:41 gelaufen. Mist.
Meine Gruppe hat ein wenig das Tempo verschleppt. Ok, kann mal passieren. Weiter geht’s. Mein erstes Gel habe ich inzwischen zu mir genommen und Kilometer 11 wird in 4:35 gelaufen. Wir sind wieder schneller, aber für mich ehrlich gesagt nicht schnell genug. Kilometer 12 dann mit 4:39 plötzlich wieder langsamer. Nein, so kann es nicht weitergehen! Ich löse mich von der Gruppe und erhöhe das Tempo. Ich möchte heute mehr. Wütend laufe ich Kilometer 13 in 4:24.
Ok, vielleicht etwas zu schnell, aber die Brücke kurz danach bremst mich eh gnadenlos aus. Ich gerate völlig aus dem Rhythmus und komme am Scheitelpunkt nicht vom Fleck. Die Quittung erhalte ich mit einer 4:47. Erneut gebe ich etwas Zwischengas und versuche mit dem darauffolgenden Kilometer in 4:28 den Zeitverlust etwas auszugleichen.
Ich muss jetzt allerdings aufpassen, dass ich das Tempo nicht zu früh zu sehr verschärfe. Es liegen immerhin noch 6 Kilometer vor mir. Ich nehme das zweite Gel zu mir und gehe die Kilometer 16 und 17 mit 4:36 und 4:38 behutsamer an. Die Tempowechsel zuvor haben etwas Kraft gekostet. Wieder beginnt es im Kopf zu rechnen. Eine Sub1:35, meine heimliche Traumzeit, ist nicht mehr drin. So extrem kann ich das Tempo auf den letzten 4 Kilometern nicht mehr anziehen. Dazu müsste ich fast im 4:10er Schnitt laufen. Das ist vielleicht gerade noch so auf dem letzten Kilometer drin. Aber vielleicht reicht es ja zu einer 1:35:xx. Motiviert gehe ich die Kilometer 18 und 19 in 4:28 und 4:31 an. Kilometer 20 jedoch leider in 4:34. Das wird eng. Verdammt eng!
Der letzte Kilometer führt durch die Günther-Klotz-Anlage am Bach entlang. Jetzt heißt es „alles oder nichts“. Naja, „nichts“ ist übertrieben, denn zu einer neuen Bestzeit wird auf alle Fälle reichen. Doch ich will mehr. Ich will die 1:35:xx! Ich gebe Gas und auch die leichte Steigung kurz nach der Marathonweiche kann mich nicht bremsen. Doch die Einbiegung ins Stadion will und will nicht kommen. Ich verzweifle, gebe aber nicht auf. Dann, endlich, rein ins Stadion. Ich laufe auf die Tartanbahn und schaue kurz auf die Uhr. Kilometer 21 in 4:19 (eigentlich noch schneller, da ich am Ende 100 Meter zu viel auf der Uhr hatte). Das ist gut, doch für die letzten 100 Meter habe ich nur noch wenige Sekunden Zeit. Egal, ich gebe nicht auf und hole nochmal alles aus mir raus. Nach einem gigantischen Sprint laufe ich bei 1:36:06 ins Ziel.
Im Ziel / Runner’s Heaven
Völlig am Ende musste ich erst einmal an der Seite durchatmen. Meine Gefühle waren gemischt. Einerseits bin ich mehr als deutlich eine neue Bestzeit gelaufen. Andererseits ärgerte ich mich sehr über die paar läppischen Sekunden, die zu einer 1:35:xx gefehlt haben. Doch der Ärger verflog schon bald, denn ich war mir schnell bewusst, dass ich ein tolles Rennen gelaufen bin und alles gegeben habe. Ich ließ mir meine wohlverdiente Medaille umhängen und zog mir anschließend einen Plastiksack über, damit ich nicht zu sehr auskühle.
Im Runner’s Heaven bediente ich mich dann erst mal so richtig. Iso-Getränk (schmeckte gut), Banane, Apfel (für später), alkoholfreier Radler (Hatz Moninger), Laugenbrötchen. Wenn ich gewollt hätte, dann noch Cola, Einback, vegane Snacks und warme Kraftbrühe. Ich war rundum gut versorgt. Beim Umherlaufen traf ich dann noch Manuel Peters vom engelhornsports-Team, der bei der Business-Staffel mitlief (und gewann!). Ihn kenne ich seit dem Jungfrau Marathon im letzten Jahr. Wir plauderten kurz und ich wünschte ihm für die BW-Meisterschaften alles Gute.
Schließlich machte ich mich auf den Weg zurück zum Auto, da ich mich nicht wieder (wie 2011) erkälten wollte. Ich zog trockene Sachen an und fuhr nach Hause. Leider stand ich noch ein wenig im Stau. Aber mit einer neuen Bestzeit in der Tasche machte das nicht so viel aus.
Fazit
Meine Teilnahme am Baden-Marathon war ein voller Erfolg. Zum dritten Mal hintereinander konnte ich dort eine neue Bestzeit laufen. Dieser Lauf und diese Strecke liegen mir einfach. Schade eigentlich, dass ab nächstes Jahr Start und Ziel auf das Messegelände verlegt werden und ich den Halbmarathon so nicht mehr laufen kann. Ich bin allerdings auch auf die neue Streckenführung gespannt. Und sich mit einer neuen PB von der alten Strecke zu verabschieden hat was.
Neue PB – was ist sie wert? Im Nachhinein betrachtet sehr viel. Zwar konnte ich bereits im März mit einer 1:38:48 zeigen, dass ich nah an die 1:37:20 herankomme. Diese dann aber um ganze 1:14 zu verbessern und somit sogar an der 1:35:xx zu kratzen, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Ok, ich trainierte laut Plan (MyASICS) auf 1:34:59, doch realistisch fand ich das nicht. Vor allem wegen dem Renovierungsstress (4 Wochen!) und meinem Gewicht (3-4 Kg mehr als 2012!). Wer weiß, was da möglich gewesen wäre? Am besten Abspecken und vernünftig trainieren.
Mit dem Rennverlauf bin größtenteils zufrieden. Dass ich mich der kleinen Gruppe anschloss, war zumindest auf den ersten 10 Kilometern die richtige Entscheidung. Vielleicht hätte ich gleich nach dem ersten langsamen Kilometer die Gruppe verlassen sollen, aber immerhin habe ich die Situation erkannt und wenig später die richtige Wahl getroffen. Ich wusste, dass ich mehr drauf hatte und hatte zum Glück im entscheidenden Moment den Mut, den Alleingang zu wagen.
Die 7 Sekunden sind ärgerlich, aber letzten Endes machen sie meine Leistung nicht schlechter. Mein Ziel ist mittelfristig eh eine Sub1:35 und so ist die 1:36:06 „nur ein Zwischenschritt“. Allerdings weiß ich die Zeit sehr zu schätzen. Es kommt nicht oft vor, dass man eine neue PB läuft. Dazu muss eigentlich alles passen. In Karlsruhe war das mal wieder fast vollends der Fall. Perfektes Wetter, schnelle Strecke, tolle Stimmung und ein genialer Zieleinlauf. Die letzten 100 Meter auf der Tartanbahn an der Zuschauertribüne entlang, von der man lautstark angefeuert wird – genial!
Ich möchte dem Veranstalter danken, dass ich Laufbotschafter sein durfte und dass der Lauf mal wieder sehr gut organisiert war. Karlsruhe ist für mich immer eine Reise wert und ich werde auch in Zukunft gerne kommen. Der Baden-Marathon – einfach symbadisch!