Bereitstellungszinsen – Stiftung Warentest rügt Zusatzgewinne der Banken auf Kundenkosten

Von Bernd Lauberg

Mehrere Tausend Euro an unerwarteten Zusatzkosten bei der Baufinanzierung und das, obwohl der Bauherr noch nicht mal einen Cent des Darlehens abgerufen hat? Willkommen in der Welt der Bereitstellungszinsen – ein Kostenfaktor, der von vielen Kreditnehmern übersehen wird. Die Stiftung Warentest rügt in der neusten Ausgabe von Finanztest das Vorgehen der Banken, die Bereitstellungszinsen fordern, wie sie vor 30 Jahren üblich waren. Wir verraten Ihnen in diesem Beitrag, wie Sie die ärgerlichen und unnötigen Gebühren am besten umgehen können.

Was sind Bereitstellungszinsen?

Bereitstellungszinsen werden in einigen Fällen auch als Bereithaltungszinsen oder Bereithaltungsprovision bezeichnet. Sie werden vom Darlehensgeber auf die bereitgestellte Summe erhoben, wenn zwischen Abschluss des Kreditvertrages und dem eigentlichen Abruf der Mittel ein gewisser Zeitraum liegen sollte.

Beispiel: Ein Kunde unterzeichnet im Dezember einen Kreditvertrag in Höhe von 150 000 Euro. Im Kleingedruckten ist festgehalten, dass ab dem 61. Tag Bereitstellungszinsen in Höhe von 3 Prozent p.a. fällig werden. Der Effektivzinssatz beträgt 2 Prozent. Da der Baukredit in drei Etappen analog zum tatsächlichen Baufortschritt ausgezahlt wird, zieht sich die schrittweise Auszahlung über 4 Monate hin. Diese Kosten entstehen unserem Beispielkunden während der Bauphase:

Monatausgezahlter Kreditbereitgestellter KreditKreditzinsenBereitstellungzinsenZinskosten insgesamt

Dezember0150.000000

Januar50.000100.000000

Februar50.000100.00083250333

März100.00050.000167125292

April100.00050.000167125292

Mai150.00002500250

Summe1500006675001167

Obwohl unser Beispiel-Bauherr sein fertiggestelltes Haus erst ab Juni beziehen kann, muss er während der sechsmonatigen Bauphase knapp 1200 Euro an die Bank zahlen, davon allein 500 Euro Bereitstellungszinsen. Angesichts der ohnehin für viele Häuslebauer prekären Situation während Baubeginn und Einzug (schließlich muss die Miete bei den meisten weiterbezahlt werden) ein Kostenfaktor, den Sie in Ihrer Planung unbedingt berücksichtigen sollten!

Bereitstellungszinsen – zulässige Bereicherung auf Kosten der Kunden

Grundsätzlich ist die Erhebung von Bereitstellungszinsen gerechtfertigt. Der Kreditgeber muss für den Schuldner einen hohen Betrag bereithalten, den er zwischenzeitlich nicht anders verwenden kann. Dadurch entstehen dem Gläubiger Ausfälle, da er das Geld ja auch anderweitig anlegen könnte.

Doch welche Ausfälle können einer Bank im derzeitigen Zinsumfeld entstehen? Der Blick auf die Verzinsung des eigenen Tages- oder Festgeldkontos lässt die Vermutung zu, dass diese nicht allzu hoch sein können. Trotzdem werden durchweg von allen Instituten, selbst beim KfW-Wohneigentumsprogramm, drei Prozent Bereitstellungszinsen erhoben. Zum Vergleich: Ein Darlehen über 150 000 Euro mit 80 Prozent Beleihung und 10 Jahren Bindung ist bereits ab 1,56 Prozent jährlichem Effektivzins zu haben. Der Bereitstellungszins ist derzeit also fast doppelt so, wie der Darlehnszinssatz! Nicht nur die Stiftung Warentest, sondern auch wir sind der Meinung, dass die Banken hier unbedingt nachbessern müssen.

Bereitstellungszinsen umgehen und vermeiden

Gibt es eine Möglichkeit für Bauherren und Immobilienkäufer diese unnötigen Kosten zu umgehen? Bereitstellungszinsen sehen alle Kreditinstitute in ihren Verträgen vor, jedoch unterscheiden sie sich  in den Zeiträumen, in denen dem Kunden keine Bereitstellungszinsen in Rechnung gestellt werden.

Beim Vergleich von Kreditangeboten sollten Sie daher unbedingt auch die bereitstellungszinsfreie Zeit berücksichtigen. Bereitstellungszinsen finden sich nicht in der Effektivzinsangabe wieder. Bitten Sie daher Ihren Berater, auch zu berücksichtigen um wie viel sich der Effektivzins erhöhen würde, wenn die Zahlungen von Bereitstellungszinsen mit einkalkuliert werden.

Beispielsweise steigt der „echte“ Zinssatz einer 200.000 Euro-Finanzierung mit 10 Jahren Zinsbindung um 0,03 Prozent an, wenn 3000 Euro Bereitstellungszinsen gezahlt werden müssen.

Nicht zuletzt sollten Sie Ihr Verhandlungsgeschick spielen lassen! Viele Banken sind bereit weitreichende Zugeständnisse zu machen, um einen Kunden zu gewinnen. Nutzen Sie das aus und sichern Sie sich so ein paar zusätzliche bereitstellungsfreie Monate.

Bereitstellungszinsen vermeiden kann man auch, indem man akribisch den Baufortschritt kontrolliert und bei Verzögerungen rechtzeitig reagieren kann. Auch sollte man seine eigenen handwerklichen Fähigkeiten bei der sogenannten Muskelhypothek nicht überschätzen, da falsch ausgeführte Arbeiten den Bau erheblich behindern können.

Wann erhebt wer Bereitstellungszinsen?

  • Commerzbank und Deutsche Bank: ab 61. Tag
  • ING-DiBa: ab 7. Monat
  • DEVK und PSD Nürnberg: ab 12. Monat (weitere Anbieter folgen)

Bereitstellungszinsen sind steuerlich absetzbar

Steuerlich absetzen lassen sich Bereitstellungszinsen nur, wenn Sie eine Immobilie erwerben, die Sie nicht selbst bewohnen, sondern vermieten möchten. In diesem Fall sind die Bereitstellungszinsen zu den Herstellungskosten zu zählen und dürfen deshalb bei der Abschreibung berücksichtigt werden. Der rückwirkende Steuerabzug als Werbungskosten ist jedoch nicht zulässig.

Eine kompetente Beratung klärt Sie über alle Kosten auf, die auf Sie zukommen können. Einen Kauf oder Neubau zu wagen, ist stressig genug, verzichten Sie daher auf böse Überraschungen bei der Baufinanzierung. Unsere Experten erstellen Ihnen kostenfrei und unverbindlich ein transparentes sowie tragbares Finanzierungskonzept.