Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 1): Ein kaputtes Herz muss man reparieren (3/3)

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Der Chirurg, der morgen die Herz-OP durchführt, erklärt uns, was er bei dem Eingriff genau machen wird. Beruhigenderweise sieht er mindestens zehn Jahre älter aus als wir. Aufgrund seines Alters und seines Professorentitels können wir davon ausgehen, dass er schon sehr viele solcher Operationen durchgeführt hat. Es ist eher unwahrscheinlich, dass er auf dem ersten Bildungsweg eine Lehre als Metzger gemacht und sich erst mit Anfang 50 durch ein paar Volkshochschulkurse zum Herz-Chirurgen fortgebildet hat. Hoffe ich zumindest.

Der Professor erzählt etwas über Atrium, Ventrikel, Aorta, Pulmonalarterie und vieles mehr. Ich komme mir vor wie früher im Bio-Unterricht. Ich verstehe nichts. Aber der Professor macht wenigstens den Eindruck, als wüsste er, wovon er spricht. Bei meinem Bio-Lehrer war ich mir da nicht immer sicher.

Kurz nachdem der Professor gegangen ist, verabschiede ich mich mit einem den Umständen entsprechenden guten Gefühl von meiner Frau. Der Mann ist kompetent, besonnen und außerdem sympathisch. Okay, letzteres ist eigentlich unerheblich, aber es ist doch ein schöner Gedanke, von einem netten Menschen am Herzen operiert zu werden und nicht von einer narzisstischen, donald-trumpigen Arschgeige.


Auf dem Weg zum Hotel komme ich meinen väterlichen Pflichten nach und rufe Zuhause an. Der Sohn erzählt von seiner Latein-Arbeit, die er heute geschrieben hat. Die wäre super gelaufen und er hätte das beste Gefühl bei einer Latein-Arbeit seit zwei Jahren. Ich überlege kurz, ob er in der sechsten Klasse mal eine herausragende Latein-Arbeit geschrieben hat, kann mich aber nicht erinnern.

Auch sonst gehe es ihm gut, versichert der Sohn. Das liegt wahrscheinlich daran, dass sich die Kinder zum Abendessen Döner geholt haben. Da ist ja auch Salat drin und so haben sie wenigstens ein paar Vitamine abbekommen, denke ich. Im Alter von fünf, sechs Jahren hat der Sohn seinen Döner allerdings ausschließlich ohne Tomate, Gurke, Salat und Zwiebeln, sondern nur mit Fleisch gegessen. Den Döner-Mann hat das immer zu Freudentränen gerührt.

Ich verabschiede mich vom Sohn und ermahne ihn, nicht so spät ins Bett zu gehen. Er erwidert „Jaja“ und legt schnell auf.


Ich stehe vor dem Hotel und versuche, die Eingangstür zu öffnen. Eine Aufgabe, die einen eigentlich intellektuell und motorisch nicht überfordern sollte, aber ich habe mich in einem modernen, app-basierten Hotel eingemietet. Hier läuft alles über das Smartphone ab. Die Buchung, der Check-in und die Türschlüssel. Ohne jeglichen Kontakt zu Menschen. Toll!

Meine Menschenvermeidungsstrategie klappt aber nur theoretisch. Praktisch stellt sich die Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Türschloss nicht her. Also muss ich doch klingeln. Ein junger Hotelangestellter lässt mich rein und bringt mich zu meinem Zimmer.

Das Hotel hatte ich nicht nur in der Hoffnung ausgesucht, meine sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren, sondern auch weil es konkurrenzlos billig ist. 29 Euro pro Nacht. Ich bin nämlich ein sehr kostenbewusster Mensch. Das klingt irgendwie besser als „krankhaft geizig“. Und als geizig würde ich mich wirklich nicht bezeichnen. Ich hätte auch ein Zimmer ohne Dusche für 24 Euro nehmen und morgens die Gemeinschaftsdusche benutzen können. Da ein gutes Fußpilzmittel aber mehr als fünf Euro kostet, erschien mir der Aufpreis für eine eigene Dusche eine sinnvolle Investition zu sein.

Der niedrige Preis hat allerdings auch seinen Preis. (Grandioses Wortspiel!) Die Zimmer sind sehr klein. Also, wirklich sehr, sehr klein. Das Hotel schreibt auf seiner Website nicht von Zimmern, sondern von Boxen. Es nennt sich sogar Box-Hotel. Da kann sich wirklich niemand beschweren, dass hier marketingmäßig falsche Erwartungen geschürt werden.

Mein Box-Zimmer ist ungefähr vier Quadratmeter groß. Das Bett steht direkt an der Wand, daneben sind knapp 50 Zentimeter Platz, am Kopfende ist das Waschbecken, über dem Bett führt eine Holztreppe hoch zur Dusche. Fenster gibt es keine, dafür aber ein modernes Lichtkonzept. Wenn du allmählich an deinen eigenen Ausdünstungen erstickst, umspielen dich wenigstens warme, sanft wechselnde Farbtöne.


Als ich im Bett liege versuche ich mit mäßigem Erfolg, unschöne Gedanken zu verdrängen, was bei der OP morgen alles schieflaufen könnte. Mit leicht mulmigem Gefühl schlafe ich ein. Im Traum werde ich von ein paar Kinder-Ärzten operiert. Also, nicht von pädiatrischen Medizinern, sondern von Kita-Kindern, die mich mit Plastik-Stethoskopen abhören und versuchen, mir mit einer Bastelschere den Bauch aufzuschneiden.

Gute Nacht!

Beobachtungen aus dem Krankenhaus (Tag 1): Ein kaputtes Herz muss man reparieren (3/3)

Der virtuelle Spendenhut

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