Ich habe den ultimativen Tipp für alle, die sich in letzter Zeit häufiger über ihre Kinder geärgert haben bzw. daran zweifeln, ob sie alles richtig gemacht haben, bei der Erziehung. Fahrt nach Italien! Hier werden lärmende Kinder nicht als störend empfunden, ganz im Gegenteil – es wird sich an ihnen erfreut.
Für einen Fischkopf wie mich stand Italien nie als ernst gemeintes Reiseziel zur Verfügung, war einfach immer zu weit. Mit den Jahren kamen dann auch noch Vorurteile hinzu, die durch den Präsidenten und durch Fußball immer fester wurden. Und nun sollte endlich mal damit aufgeräumt werden. Auf dem Plan standen 7 Tage Toskana in einem einsamen Haus in den Bergen. Gut, die Anreise aus Berlin mit dem Auto schreckte schon ab, aber zum Glück haben wir die Möglichkeit, auf halber Strecke im beschaulichen Freiburg einen Zwischenstopp einzulegen und so die An- Abfahrt zu entschärfen. Gott sei Dank!
Denn wie sich herrausstellte, ist der Kleine vom ständigen Autofahren weniger überzeugt als unser Großer in dem Alter und auch noch heute. Besonders Kurven und Tunnel bringen ihn erstaunlich schnell auf die Palme und er kommentiert es mit Kreischen. Das macht die Fahrt durch die Schweiz zu einer enormen Herausforderung, denn im Grunde besteht die Schweiz aus nichts Anderem. Doch wenn man dann erstmal in Italien angekommen ist und die Reise verdaut hat, fällt einem schon beim ersten Kontakt mit Einheimischen auf, irgendetwas ist anderes. Bei mir war es eine ältere Dame mit Gehstock, die an unserem Haus vorbei spazierte (im übrigem die einzige Person, die je an unserem Haus vorbei spazierte) und unseren Großen dabei beobachtete, wie dieser immer wieder, wie Gott ihn schuf, in ein Planschbecken sprang. Sie kommentierte jede noch so absurde und überdrehte Handlung des Großen mit “Bellissimo”, oder Ähnlichem. Ab da wurde meine Aufmerksamkeit geschärft und ich nahm noch mehrere solcher Situationen wahr. Im Restaurant, in dem normalerweise in Ruhe gegessen wird, rennt mein Sohn quer durch den Laden, dabei ein Lied, in dem es um Klopapier geht, schreiend. In Deutschland hätte ich ihn längst eingefangen und wäre mit ihm mal nach draußen gegangen, weil die an den Nachbartischen schon gucken. In Italien schauen die Leute auch, doch lachen sie dabei und blicken immer wieder freundlich zu den Eltern, welche gerade mit dem schreiendem Säugling auf dem Schoß versuchen zu essen und sagen Sachen wie “che bello”. Wahrscheinlich auch, weil sie den Text des Liedes nicht verstehen, aber vor allem, weil ihnen die lärmenden Kinder nichts ausmachen, sondern sie erfreuen. In einem Restaurant hat unser rastloses Wunderkind Freundschaft mit einem italienischem Geschwisterpärchen geschlossen, die mindestens genau so wild waren wie er, und trotzdem gab es keine komischen Blicke, von Niemandem.
Doch die mit Abstand schönste Anekdote ist uns in Siena passiert. Als japanische Touristen ein völlig wild gewordenes Kind, dass über den Muschelplatz raste fotografierten und nun wahrscheinlich in der Heimat erzählen, wie aufgeweckt italienische Kinder sind, und vor allem, wie blond.