Beleidigungen im Internet: Irgendwann ist eine Grenze erreicht!

Erstellt am 9. Februar 2012 von Stscherer

© Benjamin Thorn / pixelio.de

Es ist ziemlich genau ein Jahr her, als ich mich schon einmal aus damals aktuellem Anlass mit dem Thema Beleidigung im Internet beschäftigt habe (Klick).

Ich riet ich damals Personen, die von öffentlichen Beleidigungen im Internet betroffen sind, zunächst „auf dem kurzen Dienstweg“ beim jeweiligen Forenbetreiber eine Löschung zu verlangen. Tatsächlich beruhte dies auf meinen eigenen, zum damaligen Zeitpunkt positiven Erfahrungen mit diesem Vorgehen. Allerdings hatte ich damals schon das Gefühl, dass dies unter Umständen nicht in jedem Fall langfristigen Erfolg bringen würde. Deswegen schrieb ich damals schon abschliessend:

Man sollte nach der Löschung im Blick behalten, dass das Theater nicht erneut losgeht – in der überwiegenden Zahl der Fälle sind die Verantwortlichen des betroffenen Internetauftritts sich allerdings bewusst, dass man zukünftig die auch im Internet geltenden Spielregeln wieder einhalten sollte – insbesondere dann, wenn sie – wie dies häufig der Fall ist – auch noch durch den Betreiber der Seite eindringlich verwarnt worden sind.

Wenn es aber wieder losgeht – dann muss sich der Verantwortliche solcher Seiten darauf einstellen, dass dies zu ganz empfindlichen Konsequenzen führen wird – zumal er sich sicher sein kann, dass seine vorhergehenden Rechtsgutverletzungen dokumentiert sind und die Massnahmen gegen ihn dann sehr deutlich ausfallen werden.

Nun stehe ich selbst vor der Frage, ob ich wegen erneuter massiver Grenzverletzungen tatsächlich weitere Schritte gehen. Hintergrund ist, dass zwar das Forumthema, in dem ich damals diffamiert wurde, komplett verschwand, dass aber die dortigen Akteure in ein anderes Forum abwanderten, in dem sie dann – allerdings mit deutlich „gebremstem Schaum“ – weitermachten. Ich behielt das ganze Problem im Auge, man hielt sich dort äusserst bedeckt und irgendwann erledigte es sich, weil wohl andere User des dortigen Forums kalte Füsse bekamen und für eine Löschung des öffentlichen Teils sorgten – allerdings waren es eher andere Personen als ich, die Adressaten der schlimmsten Ausfälle wurden. Intern scheint die Kampagne dort bis zum heutigen Tage „fröhlich“ weiter zu gehen, wie ich an den regelmässigen Zugriffen von dort auf meinen Blog sehr gut sehen kann. Aber das interessiert mich naturgemäss nicht.

Allerdings wanderten ein paar der dortigen User in ein anderes öffentliches Forum ab, und zwar nicht gerade die harmlosesten; dort kam es dann vor kurzem zu einer strafrechtlich relevanten Grenzübertretung, die ich nicht mehr ohne Sanktionen dulden werde:

Mein hier stets hier präsenter Schatten (die letzte Reaktion auf den aktuellen Blogeintrag zum Thema Kachelmann dauerte knapp 30 Minuten) sah sich bemüssigt, nach einer strafrechtlich relevanten Beleidigung für einen Rechtsanwalt zu suchen, und sie fand die Entscheidung des LG Köln vom 15.11.2011 (Az. 5 O 244/10). Diese ist zB. hier veröffentlicht.

Das Landgericht Köln stufte den dann auch von meinem Schatten verwandten Begriff als Schmähkritik ein, welche weder von der Meinungsfreiheit noch von der Wahrung berechtigter Interessen geschützt sei. Die Beleidigung bringe historisch gesehen zum Ausdruck, dass der so Bezeichnete eine Person sei, die ohne Ausbildung zum Rechtsanwalt Rechtsrat erteile; heute werde darunter eine Person verstanden, die entweder intellektuell unfähig sei, ihren Beruf zuverlässig und den Regeln des juristischen Handwerks entsprechend auszuüben, oder die diesen in einer Art und Weise ausführe, die mit Moral und Gesetz in Konflikt stehe. Er sei in jedem Fall negativ besetzt und stelle eine abfällige und kränkende Wertung dar.

Aber nicht nur das: wenn man sich über diese Entscheidung des LG Köln ein wenig mit Rechtshistorie beschäftigt, dann stellt man fest, dass dieser Ausdruck von Antisemiten verwandt wurde nicht für Anwälte mit unter anderem mangelnder juristischer Bildung, sondern dass Antisemiten damit das Negativbild des Winkeladvokaten speziell auf jüdische Anwälte projizierten. Dies war einer der ersten Schritte des Nazi-Regimes, jüdische Anwälte zu diffamieren – oft hochangesehene, in jedem Fall aber untadelige Rechtsanwälte, die lediglich den „Makel“ ihrer Rasse trugen.

Der sich daran anschliessende Weg ist bekannt: die so Beleidigten wurden später erst beruflich, dann persönlich ausgegrenzt, sodann verfolgt und ausser Landes getrieben und umgebracht.

Mit Verlaub, es gibt Grenzen, und wenn diese überschritten sind, dann muss man schon einmal reagieren.

Ich wandte mich aufgrund dieses Vorfalls an den Administrator des Forums, in dem es zu dieser massiven Grenzüberschreitung gekommen war, und bat ihn zum einen, diese Beleidigung zu löschen, zum anderen, mir die notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen, um die notwendigen Massnahmen gegen die hinter dem Internetnick stehende reale Person einleiten zu können. Ich bot allerdings an, dass mir eine Unterlassungserklärung dieser realen Person ausreichen würde – und dies sogar ohne Strafbewehrung. Eine solche Unterlassungserklärung würde mich effektiv vor weiteren Übergriffen diesen realen Person schützen und dürfte das mildeste Mittel darstellen, dass denkbar ist.

Für mich durchaus nachvollziehbar gewährte der Administrator der Person das Recht der Anhörung – immerhin ist er ein Berufskollege von mir und weiss, was sich gehört.

Mitten hinein in diesen Mailwechsel wurde die Beleidigung von derselben Person erneut ins Netz gestellt, und zwar noch verstärkend mit dem Hinweis, die Person werde von dieser Beleidigung „niemals“ zurücktreten. Zu diesem Zeitpunkt war sie nach meiner Kenntnis vom Administrator schon angeschrieben worden und dieser hatte die Beleidigung auch schon aus seinem Forum entfernt. Über den rechtlichen Charakter dieser Äusserung konnte also keinerlei Zweifel mehr bestehen. Und deswegen brauchte von diesem Zeitpunkt an niemand mehr über die drohende Wiederholungsgefahr zu spekulieren.

Der dortige Administrator und ich waren beide entsetzt über die Hartnäckigkeit der Person, trotzdem bot ich weiterhin an, mit einer einfachen Unterlassungserklärung der hinter dem Nick stehenden Person einverstanden zu sein. Leider gibt es bis zum heutigen Tage hierauf keine Reaktion, die Schutz vor einer erneuten Entgleisung geben würde. Irgendwelche Beteuerungen unter dem Nick im Internet, man werde solche Beleidigungen nicht wiederholen, sind nach dieser Vorgeschichte definitiv nicht ausreichend.

Nun gebe ich mich allerdings noch eine kurze Zeit der Hoffnung hin, dass die hier angesprochene Person sich besinnt und die ihr angebotene Hand annimmt – nicht, weil sie mir in irgendeiner Art und Weise sympathisch ist oder ich sie vor Weiterungen schützen möchte, sondern weil ich es mir für den betroffenen Administrator wünschen würde: die Beleidigungen hat er gelöscht, sein Versuch einer Lösung ehrt ihn, und wenn dieser Versuch, bei dem ich ihm geholfen habe, so weit es mir möglich erschien, scheitert, wird er jedenfalls übergangsweise in eine Auseinandersetzung gezogen, die er nicht zu verantworten hat.

Mir täte dies sehr leid.