Ich fahre gerade Zug und sitze hier und kann nicht viel machen. Ich haben meinen Computer vor mir aufgestellt, aber das Denken will mir nicht recht gelingen. Ich bin heute morgen 3.45 Uhr aufgestanden um einen Bus zu erwischen der mich zu Zügen führt, die mich dann endlich heute Abend 21.00 Uhr an meinem Ziel ankommen lassen. Eine tausend Kilometer lange Reise an einem einzigen Tag. Und das alles nur, weil ich statt 500 Kilogramm CO2 gerne nur 50 Kilogramm verbrauchen möchte.
Vor ein paar Wochen wurde ich von jungen, aufmüpfigen, linksalternativen Menschen gefragt was ich denn für radikale Sachen machen würde, um das Klima zu retten. (Als ob nur die radikalen Aktionen eine spürbare Änderung der Verhältnisse bewirken würden.) Ich gab darauf zu verstehen, dass ich nicht wüsste, was an meinem Lebensstil "radikal anders" ist gegenüber dem anderer ökologisch bewusster Menschen. Außer vielleicht, dass ich viermal im Jahr eine tausend Kilometer lange Reise mit dem Zug statt mit dem Flugzeug zurücklege und dafür jedesmal einen extra Tag Urlaub "opfere". Auf einmal hatte ich den Respekt der jungen, "radikalen" Menschen gewonnen. Radikal kann heutzutage schon sein, wenn man sich Unbequemlichkeiten aussetzt. Auch wenn man eigentlich weiß, dass das "richtig und vernünftig" ist.
Schwachsinn wird durch Unvernunft bedient
Zu unserer Verteidigung muss man auch sagen, dass uns die vernünftigen Entscheidungen nicht leicht gemacht werden. Es gibt eine Unmenge Akteure in dieser Welt, die unsere Bequemlichkeit und unseren Schwachsinn bedienen um daraus Profit zu schlagen. Fangen Sie bei den ganzen Billig-Airlines an. Die Nutzen Sie als Konsumenten aus, um damit wissentlich den Planeten zu zerstören. Deren Produkte haben nichts mit wirtschaftlicher Vernunft zu tun, weil sie schlicht und einfach unseren Hang zur Bequemlichkeit ausnutzen. Und die Billig-Airlines wissen das ja auch alles. Die können die erschreckenden Zahlen der Klimaforscher genauso lesen wie Sie zuhause.
Die Aufzählung der "Unvernuftproduzenten" geht natürlich viel weiter. Autobauer verkaufen Ihnen viel zu viele und viel zu große Autos. Fleischproduzenten verfüttern 70 Prozent der weltweiten Ernte an Masttiere und sagen nicht mal, dass man mit einmal die Woche Fleisch essen sein Leben um viele Jahre verlängern könnte. Energiekonzerne sagen Ihnen, dass Atomkraftwerke sicher sind und die Endlagerung des atomaren Abfalls gelöst sei.
All diese Akteure müssten moralisch gesehen eigentlich eingestehen, dass sie den Planeten zerstören und den Untergang der menschlichen Zivilisation vorantreiben. Sie müssten eigentlich ihre Produktion niederlegen aus Scham, nichts "Vernünftiges" für die Menschheit produzieren zu können. Tun sie aber nicht. Weil "Arbeitsplätze" uns ja viel wichtiger sind.
Zum Schluss gebe ich einmal eine vorsichtige Prognose ab: Sollten wir die Umstellung unserer Lebensweise hinbekommen und es tatsächlich schaffen bei Inkaufnahme von "Unbequemlichkeiten" die Welt noch zu retten…
… dann hat vernünftiges Verhalten dafür gesorgt die Arbeitsplätze aller Menschen zu erhalten! Das nenn ich mal bekloppt!
PS: Wer dennoch Fliegen muss, kann seine CO2-Emissionen schon für ganz wenig Geld kompensieren. Und wenn Sie wissen wollen, wieviel CO2 Sie verbrauchen, können Sie beim CO2- Rechner des Umweltbundesamts sich ausrechnen lassen.
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