Ich biege links ab in Richtung Cluny – Le Puy. Von der reichen mittelalterlichen Vergangenheit der Stadt Gy sind die Strukturen der Verteidigungsanlagen der Oberstadt und das enge Netz von Straßen in der Unterstadt erhalten geblieben. Ich gehe an der Kirche Saint-Symphorien (1769) und am Château de Gy vorbei.
An meinem rechten Fuß macht es plopp – offenbar ist die Luft aus der Blase entwichen. Nun läuft es wie zu alten Zeiten! Schwalben sitzen in Gruppen auf den Telefondrähten. An dem Baum mit den weißfleischigen Pfirsichen am Wegrand kann ich nicht vorüber, ohne einen zu probieren.
Auf dem schönen Weg auf halber Höhe am Bergrücken entlang steigere ich mein Tempo. Die beiden Wanderer da vorne… Bald habe ich sie eingeholt – und überholt. Mein Durchschnitt liegt zeitweise bei 7 km/h, doch die Blase ist noch nicht ganz verschwunden. Schnell nin Blick zurück auf die Türmchen von Gy!
Schon bin ich durch das Dörfchen Autoreille hindurch da bekomme ich eine Nachricht von Elsbeth, die mich dann auch schon nach wenigen Kilometern an einer Pilger-Rasthütte eingeholt hat. Der reizvolle Wanderweg führt durch einen langen Waldabschnitt. Richtig abseits ist der Wanderer hier, weit weg von jeder Zivilisation.
Der Weg führt uns auf verschlungenen Pfaden mitten ins Zentrum des kleinen Städtchens Marnay (1.400 Einwohner). Es liegt am Ognon, der die Pilger schon bei Villersexel begleitet hat. Ein Schloss, alte Bürgerhäuser und enge Straßen geben dem Städtchen seinen ganz besonderen Charme. 17 km liegen bereits hinter uns. Im Restaurant du Balcon am zentralen Platz kehren wir auf diverse Panachés und ein Menu du jour ein. Boeuf bourguignon, Mirabellenkuchen. Und trinken, trinken, trinken…
Wir werfen einen Blick in die Kirche St-Symphorien. Noch 2000 Kilometer sind es von hier bis nach Santiago de Compostela. An Supermärkten vorbei verlassen wir Marnay und erreichen – auf einer ehemaligen Bahntrasse – den alten Bahnhof von Chenevrey-et-Morogne. In Banne überquert der Jakobsweg den Ognon. Der Ognon liegt zwischen dem Doubs und der Saône. Er entspringt in den Vogesen und mündet nach 214 km im Département Côte-d’Or in die Saône.
Auf einem kleinen Strässchen führt der Weg entlang eines Baggersees. Es geht rechts um den See herum und durch weite Maisfelder und dann kilometerlang geradeaus durch einen langen Waldabschnitt. Fast unverhofft stehen wir vor der Abbaye Notre-Dame d’Acey, dem Zisterzienserkloster, dessen kleines Türmchen sich knapp über die umliegenden Wälder erhebt.
Der Mönch am Eingang telefoniert dem Bruder Hotelier, der Elsbeth in den Gästetrakt des Klosters geleitet. Ich bekomme Unterkunft in einer Art Jugendherberge außerhalb der Klostermauern. Dort bin ich der einzige Bewohner in dieser Nacht. Der Trappistenmönch weist mich darauf hin, dass um 18:30 Uhr die Vesper stattfindet. Erst danach gibt es das Abendessen.
18 Brüder – im Alter von 36 bis 89 Jahren – leben hier nach den Ordensregeln des Heiligen Benedikt. Gegründet wurde das Kloster bereits im Jahr 1136.
Das schlichte Abendessen (Kulinarik war gestern!) bekomme ich im Transportgeschirr geliefert. Um 20:30 Uhr beginnt die Complet, das “Abendgebet” der Mönche, das ich mir natürlich nicht entgehen lasse.
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