Bei Anne inna Firma – Tacheles (2/2)

Oh Mann! Na, da habe ich mich aber ganz schön wo reingeritten: Eben noch wollte mich die Anne haben, aber sowas von!, und jetzt stirnrunzelt sie mich nur noch an und schüttelt den Kopf. Was ist falsch gelaufen?

Tja. Irgendwie habe ich da so eine leise Ahnung … Aber lest selbst:

Ich sitze also mutterseelenallein und verlassen in dem großen leeren Raum und soll einen Fragebigen beantworten.
Da geht es auch viel um Allgemeinbildung und ich fühle mich ein bisschen so wie Will SMith in MIB beim schriftlichen Eignungstest für die MIB. Also stehe ich erst einmal auf und ziehe mir einen Konferenztisch heran.
Sodele, dann kann`s ja losgehen!

Die ersten Fragen beantworte ich souverän und so schnell meine Internetverbindung hergibt:

  1. Wer ist Bundespräsident?
  2. Wann wurde die Währungsunion beschlossen?

3. Wann ist ein Gegenstand am Schwersten: Wenn er aus einer Höhe von 1m, 3m oder 5m auf die Erde fällt?

4. Mit welchem Zweirad fährt man am Schnellsten: Mit einem, bei dem beide Räder gleich groß sind (“Fahrrad”), mit einem, bei dem das Vorderrad am größer ist oder mir einem, bei dem das Hinterrad größer ist?

5. Wer erfand den Otto-Motor?

Pflichtbewusst und fleißig kritzele ich alle Antworten hin, besinne mich dann aber eines Besseren: Mal davon ausgehend, dass die doch wissen müssten, dass heutzutage jeder ein Internethandyteil hat, geht es hier sicher weniger um Allgemeinbildung, als um kreative Individualität, jawollja!

Also radiere ich alle (richtigen) Antworten aus und antworte, ja, kreativ-individuell:

Ad 1) Sie meinen diese Woche? *Öfföff*

Ad 2) Als ich noch nicht wählen durfte, also können Sie mir schlecht die Schuld geben!

Ad 3) Antwort D: Wenn er mir auf den Fuß fällt! ;-)

Ad 4) Hm … Wenn ich jetzt wüsste, welches Gefährt sich durchgesetzt hat … Spaßkekse! Andererseits ist das doch müßig, es kommt doch auf die Zahnräder und ihre Übersetzung drauf an, oder nicht? Äh …

Ad 5) Keine Ahnung. War`s der Franz? :-P

… Beim späteren Vorlesen muss ich allerdings zugeben, dass vor Allem die Smileys jetzt nicht so gut ankommen, *räusper*

Nach einer endlosen halben Stunde, in der ich die meiste Zeit am Handy gezockt habe, kommen die Herrschaften wieder reinmarschiert.
Zuletzt Annie und Herr Chef Carsten. Der sieht gar nicht glücklich aus und wirft seiner Angetrauten immer wieder finstere Blicke zu, während Anne das träge Lächeln einer rundum zufriedenen Katze zeigt. Was da wohl wieder los gewesen ist?

Aber keine Zeit verschwenden!
Ich reiche Herrn Chef meinen Antwortzettel, er reicht diesen an den Personaler weiter, der – ich erwähnte es bereits! – mit den Smileys so seine Mühe hat.

Als ich aufhöre zu lachen, stelle ich fest, das El Cheffe vor mir steht, mir mein Gekrakele hinhällt und ÄUSSERST distinguiert dreinschaut.
“Vielleicht sollten Sie uns selbst mit Ihren Antworten …. beglücken”, sagt er und verzieht das Gesicht.
“Ja, vielleicht”, erwidere ich fröhlich und nehme die Zettel entgegen.

El Cheffe geht zu seinem Platz zurück.
Mein Handy vibriert.
Und da grade irgendwie eh keiner was sagt, linse ich mal drauf. Die Jezzi ist es!
Erfreut tippe ich auf die Tasten und plaudere erst mal ein wenig über Schrankdekorationsmöglichkeiten.

Dann ist aber irgendwann mal gut und ich beende die Konversation; nicht, dass die mich hier noch für unhöflich halten!
Ich mache das Internet aus und stecke mein Hand betont auffällig weg. Dann widme ich meine Aufmerksamkeit mal wieder den Leuten vor mir.

“Frau Logan?”, fragt der Chef.
“Ja bitte?”, frage ich höflich zurück.
Carsten schüttelt mißmutig den Kopf und presst die Lippen fest aufeinander. Die Strin krausgezogen mustert er mich streng. “Wenn Sie nun die Güte hätten, fortzufahren?”
“Aber sicher doch”, strahle ich, “wenn Sie schon so lieb fragen!”

Also lese ich mit verstellter Stimme (ich versuche dabei, den Personalen nachzumachen) die Fragen und meine Antworten dazu vor:

MaP (Molly Als Personaler): “6. Erklären Sie ein paar grundlegende Zusammenhänge der BWL”
MoM (Molly als Molly): “Tut mir Leid, aber ein Teil dieser Antwort würde Sie verunsichern!”

MaP (Molly Als Personaler): “7. Was ist Kultur?”
MoM (Molly als Molly): “Ein Subsystem der Gesellschaft, ha!”
(Ich fand schon immer,das alles, was ein Subsystem beinhaltet, erstmal fürchterlich schlau klingt. Und mal ernsthaft: Die werden sich doch jetzt kaum die Zeit nehmen, da genauer drüber nachzudenken, oder? Merkt Euch das, Leute: SUBSYSTEM! ;-) )

MaP (Molly Als Personaler): “8. Welche Rolle spielen geographische Zusammenhänge für den Vertriebsweg eines Unternehmens?”
MoM (Molly als Molly): “Hä? Das wäre, das würden Sie mich fragen, welche Rolle Adern und Venen für das Blut spielen?”
(Zugegeben: Das klingt erstmal doof. Dann aber irgendwie doch schlau! UND es klingt um Welten besser als: “Also das ist ja mal `ne selten doofe Frage!” :-) )

MaP (Molly Als Personaler): “9. Wie hoch sollte Ihrer Meinung nach die Frauenquote sein?”
MoM (Molly als Molly): “Kommt drauf an: In der KfZ-Werkstatt oder beim Waffelverkauf ist mir das völlig egal, wer welches Geschlecht hat. In unserem Bett dagegen sollte die Frauenquote nicht die 50%-Hürde übersteigen, öfföff”

… alle keinen Humor hier, *grummel* …

MaP (Molly Als Personaler): “10. Welchem Bereich würden Sie sich zuordnen: Dem des Introvertierten, Extrovertierten, dem des Bewahrers oder dem des Veränderers?”
MoM (Molly als Molly): “Schwierig. Ich persönlich bezeichne mich ja als künstlerischen und heildenden, visionären Architekten. Damit hammse jetz nich gerechnet, wa?”
Mann, hab ich einen Spaß hier, *strahl*

Die Herren stecken tuschelnd die Köpfe zusammen. Ich nutze die kurze Pause, um mit Anne ein wenig über Religion und Gesellschaft zu diskutieren.

Dann räuspert sich die Ex-Marketise udn stellt die Killerffrage schlechthin: “Und wie würde es mit der Kinderbetreuung aussehen?”
Ich schüttele nachsichtig den Kopf. “Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich mich schon darum gekümmert habe”, weise ich die Dame zurecht. “Kann mir ja schlecht jetzt schon einen Krippenplatz oder eine Tagesmutter buchen, oder? DAs wird schon, wenn ich die Zusage habe, keine Sorge!”
Was sich die Spaßkekse immer denken?

Dass das so nicht geht, schätze ich, denn alles schaut mich ungläubig an. Tja, das war wohl nichts.

“Ich bin übrigens zu einem Supersonderpreis von nur 7.9992 Euro pro Jahr zu haben, 13. Monatgsgehalt und Urlaubsgeld exklusive, versteht sich”, versuche ich zu retten, was zu retten ist.
“Aber schauen Sie doch mal”, sagt Herr Carsten sanft, derweil er seine Fingerspitzen zusammenlegt und mich fast schon freundlich mustert. “Sie sind ja auch gar nicht, nun, qualifiziert für diese Arbeit! Sie haben #Ominöses,supertollesFach studiert, aber eben nicht #SchlauesFach,dasmanfürMarketingbraucht”
Ist mir schon klar: “Ist mir schon klar, Chef. Ich wusste nur nicht, dass Sie so ein konversatuiver Spießer sind!”
Carsten zuckt zusammen. Oha, da hab ich wohl `nen Nerv getroffen …
“Außerdem”, übernimmt der Personale, “haben Sie keine der unser Unternehmen betreffende Frage beantwortet! Wie zum Beispiel: Was wissen Sie über unsere Firma, die Branche, und unsere Produkte? Wie stellen Sie sicher, dass Sie (und ihre Mitarbeiter) stets mit aktuellen Daten arbeiten? Welche Marketingstrategie(n) benutzten Sie, um ein Produkt an den Kunden zu bringen?”
“Mooooment Mal”, fahre ich hoch, doch Anne kommt mir zuvor.
“Ehrlich gesagt ist das meine Schuld”, erklärt sie und zuppelt sich einen Strumpf zurecht, das sexy Hexchen. “Es verhält sich nämlich so, dass Frau Logan weder weiß, was wir für ein Unternehmen sind, noch, welche Produkte wir anbieten. Aus annenühitätstechnischen Gründen”
Ich nicke eifrig. So geht`s ja nicht hier!

“Liebe Frau Logan”, erklärt Herr Carsten glatt, “Ich fürchte, dass wir, nun, nicht besonders gut zusammenpassen und denke, Ihre Arbeit wäre in einem anderen Bereich fruchtbarer!”
“Sie schicken mich zurück an den Herd????”, entfährt es mir entsetzt.
Nun schaltet sich auch Anne ein. “Du hast sie ja noch gar nicht braingeteased!”
“Genau!”, sage ich empört und überlege, was das wohl sein mag. Ein schicker Drink vielleicht?
“Na gut”, seufzt El Cheffo und wirft Anne einen resignierenden Blick zu. “Also, Frau Logan: Wie viele weiterhin funktionstüchtige Alienchipimplantate könnte man in einemJohannes verstecken?”
Ich lächele ihm müde zu. “56”
“56?”, staunt der Personale.
Ich winke lässig ab. “Neulich erst beim Basti gelesen. Krieg ich jetzt den Job?”
“Nein”
“Oh”

Nun lasse ich das Köpfchen hängen, schultere mein Handtäschchen und schleiche hinaus.
Anne ruft mir nach, läuft mir nach, will mich am Arm packen, aber ich gehe einfach weiter.
Traurig bin ich, wieder nichts.

Keine Marketingleiterin, keine W*chsvorlage kein Model, keine Drogenkarriere, keine Schriftstellerin, keine Bergsteigerin, was soll nur aus mir werden, wo soll ich nur hin?

Hmpf.

Eure Molly, schluchzend.

PS: Spiegel der Erziehung???

Größtes: “Ich hab Hunger!”
Herr L.: “Möchtest Du eine Möhre?”
Größtes: “Jaaaaaa!”
Herr L. holt eine Möhre und ein Messer und fängt an, sie zu schälen.
Größtes (begeistert): “Jaaa, los, mach sie nackig!!!!”


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