Niemand streitet ernsthaft die Existenz krimineller Rocker ab, doch sollte man die Kirche im Dorf belassen. Sonst wirkt es einfach nur noch lächerlich.
Fakt ist, dass es nicht wenige eingeleitete Verfahren gegen Rocker gibt. Von diesen Verfahren wird eine nicht geringe Anzahl bereits im Vorfeld der Ermittlungen eingestellt. Und von denen, die zu Gerichtsverhandlungen führen, haben sich die Ankläger allzu oft lohnendere Ergebnisse erhofft. Es mangelte nur mindestens ebenso oft an gerichtstauglichen Beweisen, was dann zu Freisprüchen oder Abmilderungen der Anklagen und demzufolge auch zu milderen Strafen führt, falls überhaupt bestraft wird.
In unserem Fall aus Neumünster handelt es sich um einen solchen Fall. Das darüber überhaupt in der Zeitung berichtet wird, kann nicht nur am sog. Sommerloch liegen. Beim Lesen des an sich belanglosen Artikels sind mir aber zwei Dinge aufgefallen.
Zum einen hat es trotz eines vorhandenen Videobeweises und eines Tatzeugen noch nicht einmal zu einer Verurteilung wegen räuberischer Erpressung oder Raubes, sondern lediglich zu einer Verurteilung wegen Beihilfe zur Nötigung gereicht. Und davon war auch nur einer von vier mutmaßlichen Tätern betroffen.
Zum anderen entspricht das Monatseinkommen des Verurteilten, das sich nun einmal aus dem Urteil ableiten lässt, nicht den landläufigen Vorurteilen über die Höhe der Einkommen innerhalb der organisierten Kriminalität. Wobei die Betonung hier auf landläufige Vorurteile liegt.
Denn der Verurteilte verfügt über ein Nettomonatseinkommen von 900 Euro. Davon ist zumindest die Anklage und das Gericht ausgegangen. Als Armutsgrenze gilt in Deutschland jedoch ein Einkommen von 979 EUR monatlich. Von einem schwerreichen Bandido kann - höchst amtlich zumindest - keine Rede sein.