Beenden wir die Macht der Banken!

Von Thebabyshambler

(Foto: CC by by Targaryen)

von Florian Hauschild

Spätestens seit Mitte 2013 ist es für die Mainstreammedien nicht mehr möglich, das Phänomen Bitcoin als bloße Hacker-Spinnerei abzutun. Die Schließung des Online-Drogenumschlagplatzes “Silkroad” im Oktober diesen Jahres, auf der mit Bitcoin bezahlt wurde, führte ebenso zu einem seriöseren Image der Cryptowährung wie die Ankündigung von Ebay künftig womöglich Bitcoin als Bezahloption zuzulassen.

Doch was hat es auf sich mit diesem Pionierprojekt im Bereich der alternativen Geldsysteme? Worin liegen die größten Probleme dabei und welche Folgeprojekte verdienen schon jetzt Beachtung? Taucht man ein wenig in die Cryptoszene ein, trifft man auf eine beachtliche Ansammlung vernetzter Intelligenz. Die genuin anarchische Grundstruktur der Cryptoszene steht im direkten Widerspruch zur aktuellen Organisation unseres Geldwesens. Die generelle Offenheit bei Entwicklung, Veröffentlichung und Analyse von Bitcoin-Nachfolge-Projekten (, den so genannten “altcoins”,) führt zu schnellen Lerneffekten bei Neulingen und zu ständiger Reflexion der Szene bezüglich der Projekte und Projektteams.

Spekulationen, Mutmaßungen und Untersuchungen sind dabei an der Tagesordnung. Der Pessimist mag dies als negatives Zeichen werten, der Optimist weiß wie wichtig es ist, dass solcherlei Fragen öffentlich und auf Augenhöhe ausdiskutiert werden können. So bietet bereits die Organisationsstruktur der Cryptoszene enormes Innovationspotential.

Die Durchsicht der Mainstreammedien wirkt nach dem Blick auf die Szene wie eine Zeitreise. Dort wird tatsächlich noch darüber diskutiert ob Bitcoin sich durchsetzen kann oder ob es sich dabei doch nur um eine Spekulationsblase handelt während einige Kommunikationsebenen weiter unten – in den herrschafts- und zensurfreien Foren der Szene -  Quantensprünge im Bereich der Informatik und der theoretischen Mathematik erzielt werden. Frei organisiert, verewigt in Open-Source-Code, der entweder Anerkennung oder Ablehnung erfährt, manchmal auch beides, offen bereitgestellt zur Benutzung oder zur Weiterentwicklung.

Die Frage lautet weniger, ob sich Bitcoin durchsetzen wird, sondern welche der teils vielversprechenden Projekte dem Pionier den Rang ablaufen und als wirklich benutzbares und benutztes Zahlungsmittel den Sprung in die breite wirtschaftliche Realität finden.

Die Cryptoszene ist auf dem besten Weg, das Oligopol des Bankenkartells zu durchbrechen und damit eine hunderte Jahre währende Herrschaft über das Geld zu beenden.

Eine Herrschaft, die nicht nur unzählige Menschen, sondern in jüngster Zeit auch ganze Staaten in den Ruin getrieben hat, nachdem sich ihre Gesellschaften dazu nötigen ließen die aufgetürmten Schulden der Bankhäuser zu übernehmen. Es verwundert kaum, dass die Cryptocoin-Berichterstattung auf Story-Telling-Niveau dahindarbt, herrscht doch ohnehin kaum Bewusstsein über die Probleme und Fehlkonstruktionen im bestehenden Giralgeldsystem, in dem Geld als verzinste Schuld geschöpft wird. Ein Privileg, das noch dazu ausschließlich den Banken zusteht. Zur Vertiefung dieser Problemlagen sei folgender Artikel empfohlen: Geld und Geldschöpfung

Erst jüngst wurde die Thematik von den Massenmedien aufgegriffen, wie etwa hier in der FAZ im August diesen Jahres: Brauchen wir ein neues Geldsystem?

Ohne ein Bewusstsein über die Gerechtigkeits- und Stabilitätsdefizite im bestehenden Geldsystem ist eine Erkenntnis von der Notwendigkeit neuer, anderer, dezentraler Geldsysteme kaum zu erwarten. Mit dem Wissen darüber, mit welchen Mechanismen und Werkzeugen die Herrschaft des Geldes funktioniert, umso mehr.

Wie funktionieren Cryptowährungen?

Die Grundlagen von Bitcoin und Co. sind einfach im Internet zu recherchieren und sollen an dieser Stelle nicht vertieft werden. Jedoch fällt immer wieder auf, dass viele Unklarheiten und Missverständnisse kursieren. Eines der populärsten betrifft das so genannte “Mining”, die Geldschöpfung im Cryptogeld-System.

Anders als oft dargestellt ist Mining nur ein Bruchteil der Aufbauarbeit eines alternativen Bezahlsystems. Wer Mining betreibt stellt die Rechenkraft seines Computers zur Verfügung, um die digitalen Münzen zu errechnen. Diese können gegen Euro oder Dollar verkauft werden und zirkulieren fortan als Zahlungseinheit im Gesamtsystem. Der Verkaufserlös ist sozusagen eine Aufwandsentschädigung für die Erstproduzenten. Wichtig ist zu verstehen, dass dies nur die “Geburt” der Zahlungseinheit ist und ihr Sinn eigentlich erst dann beginnt, wenn sie als möglichst breit akzeptierte Bezahlform genutzt wird.

Im Fall Bitcoin ist aufgrund des Algorithmus hinter dem Konzept das Mining mittlerweile sehr aufwändig und ressourcenintensiv. Die Anschaffung teurer Geräte ist nötig um sich am Miningprozess überhaupt noch beteiligen zu können. Entsprechend teuer werden die Coins dann in Umlauf gebracht.

Problematisch ist zudem, dass die Verteilung der Bitcoins im Gesamtnetzwerk sehr ungleich ist. Dies liegt vor allem daran, dass so genannte “Early adopters” (Früheinsteiger) sehr leicht sehr große Bestände an Coins berechnen konnten, was viele neue Nutzer als ungerecht empfinden.

Gerechigkeitsphilosophisch kann man dieser Ansicht jedoch auch Argumente gegenüberstellen: Schließlich führte ja nur die frühe Beteiligung der Pioniere dazu, dass überhaupt ein derartiges System entstanden ist. Zudem steckt hinter einer Coin weit mehr als das Minen. Community-, Presse-, Aufklärungs- Entwicklungsarbeit wären hier nur einige Beispiele. Aufgaben zu denen sich die Szene in freien Arbeitsgruppen zusammenschließt.

Jedem sollte klar sein: Die Etablierung und Durchsetzung eines alternativen Geldsystems ist keine Kleinigkeit. Jahrelanger Einsatz ist hierfür von Nöten, und die Akzeptanz als Zahlungsmittel für den Handel – eine Schwelle an der Bitcoin nun steht – ist erst der letzte Schritt – nicht der erste. Auf diesem Weg ist zudem mit Schmierenkampagnen aller Art, mit Umdeutungen, Denunziationen und Kampagnen zu rechnen. Schließlich geht es hier auch um das Durchbrechen des Bankenmonopols. Wer sich für Cryptowährungen einsetzt, macht sich sicher nicht nur Freunde. Dennoch: Die Chancen dieser Technologie überwiegen bei Weitem gegenüber den Risiken und Nachteilen.

Aus ökonomischer Sicht ist die ungleiche Bitcoinverteilung jedoch durchaus ein Problem: Der Preis ist sehr instabil und volatil, weil nur ein Bruchteil der Coins wirklich auf dem Markt ist. Zudem sind Marktmanipulationen durch große Stakeholder jederzeit möglich. Insgesamt überwiegt die Nachfrage gegenüber dem Angebot, der daraus folgende Bitcoinpreis in Euro/Dollar führt dazu, dass sich die meisten Zahlungen im assoziativ unbequemen Nachkommastellenbereich abspielen, zB. 0.0013203 BTC.

Was kommt als nächstes? Womit werden wir wirklich bezahlen können?

Neben den bekannteren Bitcoin-Alternativen wie Litecoin und Peercoin (eine umfangreiche Liste von Projekten findet sich hier: Coinmarketcap) mischt neuerdings ein neuer “Star” die Szene auf. Die Rede ist von Quark.  Der Name Quark ist eine Hommage an die Teilchenphysik. Quark bedeutet nichts anderes als “Elementarteilchen”. Und genau hierum geht es bei diesem Projekt: Quark soll eine weit verbreitete, wirklich nutzbare Cryptomünze werden.

Quark macht vieles anders als andere Bitcoin-Nachfolger, die oft nur eine unwesentliche Veränderung des Sourcecodes darstellen.

Die Quark-Architektur verfügt über einen komplizierten mehrstufigen Algorithmus, der nicht nur für erhöhte Sicherheit sorgt, sondern es großen sogenannten ASIC-Minern (Spezialrechnern) unmöglich macht sich am Mining zu beteiligen. Am Mining können sich ausschließlich CPU, also Prozessoren von Standardcomputern, beteiligen. Das sogennannte Blockintervall liegt außerdem bei nur 30 Sekunden (im Vergleich zu 10 Minuten bei Bitcoin), was zu deutlich erhöhten Transaktionszeiten, derzeit in Echtzeit, führt.

In den ersten sechs Monaten seit Quarks Existenz wurden bereits fast alle Coins auf diese Art hergestellt, insgesamt 247 Millionen (zehn mal so viele wie es am Ende des Miningprozesses Bitcoins geben wird). In Zukunft werden pro Jahr 1 Millionen weitere Quark-Coins produziert, um eine stabile Inflationsrate von 0,5% sicherzustellen, um so die Währung wirklich als Tauschmedium und nicht als Spekulationsobjekt oder zur Hortung interessant zu machen.

Die mehrere tausend User starke Mining-Truppe ist nun dabei die Münzen zu verbreiten. Dies geschieht beispielsweise über Börsensysteme wie Cryptsy,  dem derzeitigen Standard für den Handel mit “altcoins”.

Die größere Anzahl der Early Adopter, im Vergleich zu Bitcoin führt nun zu einer dezentraleren Anfangsverteilung der “Münzen”. Käufer, die nun auf Quark setzen, vertrauen darauf, dass das Konzept tragfähig ist. Verkäufer sind skeptisch und trennen sich teils von sehr großen Beständen. Das derzeitige tägliche Marktvolumen liegt bei 1000 BTC, bzw. ca, 1 Mio. Dollar. Das Ergebnis ist ein Preis von derzeit rund 10 Cent pro Quark. Vor dem szeneninternen Urknall vorige Woche lag ein Quark bei rund 0,02 Cent. Die Community ist in heller Aufregung bezüglich der Bewertung dieses Phänomens.

Viel wird auch darüber diskutiert wie “gut” eine Coin sein kann, die fast schon fertig produziert ist bevor sie überhaupt wirkliche Bekanntheit erlangt. Dem kann entgegengestellt werden, dass bei anderen Projekten die “Eigenproduktion” ohnehin nicht für den normalen Endverbraucher möglich ist. Darüber hinaus war die nur sechs Monate andauernde Produktionsphase eine sehr ressouren- und stromsparende Angelegenheit im Vergleich zu anderen Projekten.

Ob Quark sich als alltägliches Zahlungsmittel durchsetzen oder ob auch dieses Projekt nur ein Schritt auf dem Weg hin zu wirklich benutzbaren alternativen Zahlungssystemen ist, ist längst nicht klar.

Sicher ist jedoch: Die etablierten Kräfte, die derzeit noch die Kontrolle über das Geld ausüben, verstehen gerade erst in diesem Moment womit sie es hier eigentlich zu tun haben.

Heiße Zeiten sind garantiert!

BTC me: 1F3XLmGCKL8JV3YsFoL1LHLNSvy4SPVwMc

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