“Beautiful Creatures” von Richard LaGravenese

© Concorde Filmverleih GmbH / Alice Englert in

© Concorde Filmverleih GmbH / Alice Englert in “Beautiful Creatures”

Seit geraumer Zeit toben die Kämpfe um die viel begehrte Nachfolge der Kinofilmreihen „Harry Potter“ und „Twilight“. Noch nichts vermochte an den zauberhaften Charme von Joanne K. Rowlings Hogwarts-Abenteuern heran zu kommen, noch an den triefenden Teenie-Schmalz mit dem Stephenie Meyer ihre Vampir/Werwolf/Mensch Ménage à trois ausstattete. Nun greifen im Schatten von „Die Tribute von Panem“ gleich zwei Verfilmungen dieses Erbe an, beide basierend auf Buchreihen für sogenannte junge Erwachsene. Im August dieses Jahres begibt sich Lily Collins („Spieglein, Spieglein“) in die „City of Bones“, der ersten Verfilmung der „Chroniken der Unterwelt“. Bei Erfolg an den Kinokassen ist eine Fortführung nur noch Formsache, bereits fünf Bücher der Reihe wurden veröffentlicht. In den Kinos hat jedoch jetzt erst einmal „Beautiful Creatures“ die Nase vorn. Und auch bei Kami Garcias und Margaret Stohls Romanvorlage, die jetzt von Regisseur Richard LaGravenese auf die Leinwand gebracht wurde, gilt das Erfolgsrezept: Wenn genug Geld hinein kommt, geht es weiter. Die „Caster Chronicles“ existieren als vierbändige Reihe: „Beautiful Darkness“, „Beautiful Chaos“ und „Beautiful Redemption“ komplettieren das Gesamtwerk.

Aber noch ist dieses nicht gänzlich auf der Leinwand gebannt. Dass Filmreihen auch vorzeitig beendet werden können, dafür gilt „Der goldene Kompass“ immer noch als Paradebeispiel. In „Beautiful Creatures“, nun also der Versuch die „Caster Chronicles“ voranzutreiben, übernimmt Alice Englert, jüngst mit „Ginger & Rosa“ in den Kinos vertreten, die Hauptrolle der magisch begabten Lena. Von ihr träumt der heimgesuchte Alden Ehrenreich in der Rolle von Ethan, der immer wieder versucht dieses ihm noch unbekannte Mädchen in seinen Träumen vor einer großen Gefahr zu erretten. Ebenso oft wie ihn dieser Traum ereilt, scheitert er auch bei besagter Rettungsaktion. Er zeigt sich jedoch höchst überrascht, als dieses Mädchen sich als Lena herausstellt, eine Schülerin die neu in seine Klasse kommt. Sie ist die Nichte des mürrisch verachteten Gutsbesitzers Macon Ravenwood (Jeremy Irons), um den die Kleinstadt einen sehr großen Bogen macht. Wie es klassische Geschichten wie „Romeo & Julia“ gebieten, verliebt sich Ethan in die Außenseiterin, ohne aber zu wissen, dass sie aus einer Familie von Castern und Hexen stammt, die mit übernatürlichen Kräften ausgestattet sind. An ihrem sechzehnten Geburtstag wird Lena berufen, dann entscheidet sich ob sie auf die helle oder dunkle Seite der Magie übertritt. Eine Entscheidung, die durch die aufkommende Liebe zu Ethan beeinflusst werden könnte.

Jeremy Irons mit Alice Englert und Alden Ehrenreich

Jeremy Irons mit Alice Englert und Alden Ehrenreich

Mit sechzehn Jahren in eine Richtung gedrängt zu werden, sich von der Leichtigkeit des vorherigen Lebens verabschieden müssen. Der von Jeremy Irons verkörperte Vormund Macon verliert seine Kontrolle über Lena, die sich immer mehr zu ihrem Geliebten hin orientiert. Später wird sie sowohl den Mann verlieren, der die väterliche Rolle in ihrem Leben einnahm, als auch die Mutter. Dadurch wird sie dazu gezwungen sich selbst dem Leben zu stellen. Das ist der jugendliche Wirbelwind, Blitz und Donner namens Adoleszenz, die hier mittels Holzhammer vermittelt wird. Dabei weiß zumindest Hauptdarstellerin Alice Englert zu erstrahlen. Die Tochter der Regisseurin Jane Campion gab jüngst in „Ginger & Rosa“ ihr schauspielerisches Spielfilmdebüt, darf nun bereits an der Seite von gestandenen Größen wie Jeremy Irons („Nachtzug nach Lissabon“) und Emma Thompson spielen, letztgenannte passenderweise mit besten Franchise-Erfahrungen als hellsehende Professorin Trelawney im „Harry Potter“-Filmuniversum.

Englert schafft es den Film solange am Leben zu erhalten, wie sie nicht mit ihrem Kollegen Alden Ehrenreich die Szene teilen muss. Der 19jährigen Teenagerin kauft man das schüchterne Mauerblümchen ab, das sich von ihrem Umfeld abkapselt, mit ihrem Schicksal alleine klar kommen möchte. Auch der Wandel zur erwachsenen Frau, durch den Tod mancherlei Figuren, durch magische Entwicklungen, schlicht durch das eigene heranwachsen, wird von Englert angemessen durchgezogen. Dann aber ist da noch der fünf Jahre ältere Ehrenreich, der hier optisch einem 30jährigen gleicht und ein unliebsames Bild der Gemeinsamkeit mit Englert abgibt. Zudem scheinen die charakterlichen Unterschiede zu groß, als eine „Twilight“-ähnliche Romanze aufzubauen. Sie: Eine ruhige, in sich gekehrte Seele. Er: ein Dummschwätzer wie er im Buche steht. Das Drehbuch gibt Ehrenreich die unehrenvolle Aufgabe, die dämlichsten Witze zu erzählen, die unpassendsten Kommentare zu äußern, der uncharmanteste Liebhaber der jüngsten Teenie-Schmonzette zu sein.

Gerade hier merkt man den immensen Weltenunterschied im Spiel, betrachtet man die Jungdarsteller im Vergleich mit den alten Hasen: Irons hat, wie bereits in „Dungeons & Dragons“ oder „Eragon“ zu sehen, Spaß an der Fantasiegeschichte. Ihn kann auch qualitativ minderwertiges Material nichts mehr anhaben. Er kann sich diesen „Spaß“ durchaus erlauben ohne dabei Konsequenzen erwarten zu müssen. Gleiches gilt für die übrigen Mitglieder der Alt-Darstellerriege: Emma Thompson und Viola Davis, die böse Mutter und die Seherin und Wächterin, zugleich Bibliothekarin (im Buch in zwei unterschiedlichen Rollen dargestellt). Gerade Thompson als Sarafine, die Mutter die doch noch die Gewalt über ihre dahinziehende Tochter gewinnen möchte, spielt herrlich überzogen, kommt einer aus einem Comic entsprungenen Hexe gleich. Natürlich haben diese Namen ihren Weg nur in die Verfilmung gefunden um unterstützend für Qualität und Publicity zu sorgen. Denn das Zielpublikum wird sich natürlich wenig davon beeindrucken lassen, dass hier die Tochter von Jane Campion spielt, Regisseurin von „Das Piano“, jüngst auf der Berlinale mit ihrer Fernseh-Miniserie „Top of the Lake“ vertreten gewesen.

Die Zielgruppe muss das dazugehörige Buch vermutlich äußerst gut kennen um die filmischen Lücken zu füllen, denn es wirkt fast so, als haben die Filmemacher aus Unlust am Material, immer wieder mehrere Seiten übersprungen. „Beautiful Creatures“ wirkt stellenweise schnell erzählt, wie nicht aufeinander folgende Episoden. Die Liebschaft zwischen Ethan und Lena entwickelt sich binnen weniger Filmminuten zur Liebe eines Lebens, die „Caster“-Hintergründe werden in den Film geworfen ohne weiter erläutert zu werden. In dieser Kombination ein Vorgehen, welches nicht nur bewirkt, dem Film nicht sonderlich gut folgen zu können, sondern zugleich auch vielerlei Logiklöcher aufkommen lässt.

Alice Englert

Alice Englert

Immerhin trumpft man hier und da mit visuellen Schmankerl auf. In einem Kino sitzend, das sämtliche Filmtitel falsch bewirbt („Interception“ mit Leo DiCaprio), tauchen Ethan und Lena in aus der Kinoleinwand aufkommende Nebelschwaden ein, die den Saal in eine historische Landschaft verwandeln, in der die beiden Teenager den Ursprung für Lenas Schicksal erfahren. Im Showdown toben Wirbelstürme und Blitze durch das Bild, bringen doch noch einmal so etwas wie Spannung in den Film. Denn ein Spannungsbogen lässt sich bis zu diesem Endpunkt nicht erkennen. „Beautiful Creatures“ möchte den Zuschauern niemals verraten wo die Reise hinführen soll. Muss Lena nun gegen ihre Berufung vorgehen, ihre Liebe zu Ethan verteidigen oder sich vor der bösen Mutter schützen? Der Film vermischt diese Motive dermaßen, dass sie allesamt irrelevant wirken.

Damit verliert „Beautiful Creatures“ sowohl auf Magieebene gegen „Harry Potter“ als auch mit der Romantik gegen „Twilight“. Für die Zuschauer heißt das, doch noch einmal die DVDs oder Blu-Rays zu den besseren Alternativen einlegen. Für Hauptdarstellerin Alice Englert möchte man hoffen, dass der Film an den Kinokassen erfolglos bleibt, damit sie nicht noch mehrere Male in dieser Rolle zurückkehren muss, sondern sich besseren Dingen, wie eben „Ginger & Rosa“ widmen kann.

 


Beautiful Creatures_Hauptplakat

“Beautiful Creatures: Eine unsterbliche Liebe“


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